Komplikationen - Leberresektion, linkslateral

  1. Prophylaxe und Management intraoperativer Komplikationen

    1.1a Blutung

    Arterielle Blutungen

    • können bei der Dissektion des Leberhilus auftreten, sind in der Regel gut beherrschbar
    • Wegen der Gefahr der Verletzung von Gallengangstrukturen und weiterer Gefäßverletzungen sollten Blutungen im Leberhilus nicht ungezielt durchstochen werden, stattdessen sukzessives Freipräparieren und gezielte Versorgung
    • Arterielle Gefäßlecks: direkte Naht mit Prolene® 5-0 oder 6-0
    • Bei der akzidentellen Durchtrennung einer Hauptarterie ist die Rekonstruktion obligat, Reanastomosierung, ggf. unter Verwendung eines V.-saphena-Interponats

    Venöse Blutungen

    • z.B. aus der Pfortader, sind wesentlich schwieriger beherrschbar: unter lokaler Kontrolle der Blutung sollte zunächst Überblick verschafft werden, dann stammnah ausgeklemmt und evtl. das Gefäß übernäht werden.

    Blutungen aus der Vena cava

    • sind u.U. schwer kontrollierbar
    • Bei retrohepatisch lokalisierten Blutungen, die sich bei der Mobilisation der Leber ereignen können, ist die Vena cava in aller Regel noch nicht ausreichend freigelegt, um sie tangential ausklemmen zu können; hier hilft nur noch ein Fassen und Einengen der Vena cava, am besten mit einer Pinzette; dann Freipräparieren der Läsion und Übernähung; in dieser Situation ist es hilfreich, wenn die Vena cava zuvor infrahepatisch angeschlungen wurde
    • Bei Blutungen aus der Vena cava in Höhe des Lebervenensterns ist eine Blutungskontrolle oft nur mittels manueller Kompression möglich
    • In schwierigen Situationen kann es erforderlich sein, die Vena cava unter- und oberhalb der Leber temporär zu okkludieren; hierzu kann evtl. die Eröffnung des Zwerchfells in Höhe des Cava-Durchtritts erforderlich sein
    • Achtung: es besteht die Gefahr eine Luftembolie!

    Blutungen aus der Resektionsfläche der Leber

    • Gezielte Umstechungen
    • Keine tiefen Massenumstechungen, sie führen zu Nekrosen des umgebenden Parenchyms und können Verletzungen benachbarter Gefäße, z.B. dünnwandiger Lebervenen, zur Folge haben
    • Bei diffusen Blutungen: Verschorfung z.B. mit einem Argonbeamer
    • Bei massiver diffuser Blutung aus der Resektionsfläche (meist infolge Gerinnungsstörungen) kann auch ein temporäres Packing mit Bauchtüchern notwendig werden

    Prophylaxe intraoperativer Blutungen

    • Adäquater Zugang mit ausreichender Exposition
    • Großzügige Mobilisation der Leber
    • Präliminäre Hilusligaturen bei anatomischen Lobektomien
    • Intraoperative Sonographie mit Darstellung der vaskulären Strukturen im Resektionsbereich
    • Kontrollierte Parenchymdissektion
    • Vermeidung einer Überfüllung des venösen Systems (niedriger ZVD)
    • Sorgfältige Versorgung der Resektionsfläche

    1.1.b Kompromittierung der arteriellen Blutversorgung

    • Grundsätzlich ist bei der Präparation des Hilus Vorsicht angezeigt um nicht versehentlich die falsche Arterie zu verletzen oder zu unterbinden. Dies würde eine erhebliche Komplikation bedeuten.

    1.2 Gallelecks

    • Bei noch vorhandener Gallenblase: Okklusion des Ductus choledochus und manuelle Kompression der Gallenblase unter gleichzeitiger Inspektion der Resektionsfläche der Leber; ggf. gezielte Umstechung
    • Bei bereits entfernter Gallenblase: Durchführung einer Methylenblau- oder Lipovenösprobe über den Zystikusstumpf. Es wird Lipovenös oder Methylenblau in das Gallengangssystem unter Druck eingefüllt, sodass sich Gallenlecks durch den Austritt weißer Fettemulsion oder der Blaulösung gut darstellen lassen.

    1.3 Luftembolie

    • Luftembolien (bei laparoskopischen Eingriffen: CO2-Embolien) können bei unbeabsichtigter oder unbemerkter Eröffnung von kleinen Lebervenen entstehen, was sich durch plötzliche Tachykardie, Hypotonie, arterielle Hypoxämie, Arrhythmien und einer Zunahme des ZVD bemerkbar macht. Die Embolien werden durch niedrige oder sogar negative ZVDs begünstigt.
    • Vermeiden weiteren Eindringens von Luft durch Detektierung, Abklemmen bzw. Übernähung der Eintrittsstelle, sofortige PEEP-Beatmung

    1.4 Pneumothorax

    • Kann bei zwerchfellnahen bzw. infiltrierenden Tumoren auftreten → intraoperative Thoraxdrainage

    1.5 Durchtrennung des D. choledochus

    • Nach akzidenteller Durchtrennung des D. choledochus kann bei guter Durchblutung der beiden Strümpfe eine direkte Anastomose erfolgen, ggf. Einlage einer T-Drainage
    • Bei unsicheren Durchblutungsverhältnissen ist die Anlage einer Hepatikojejunostomie indiziert

    1.6 Hohlorganverletzungen

    • Bei voroperierten Patienten, insbesondere nach Cholezystektomie oder stattgehabten Eingriffen am Magen, muss adhäsiolysiert werden. Dabei können Hohlorgane verletzt werden.
  2. Prophylaxe und Management postoperativer Komplikationen

    2.1 Nachblutungen

    Nachblutungen bei Lebereingriffen können durch eine unzureichende intraoperative Blutstillung bedingt sein, sind in nicht wenigen Fällen allerdings auf Störungen des Gerinnungs- und Fibrinolysesytems zurückzuführen, was bei der Indikationsstellung zur operativen Revision bedacht werden muss. Bei weitgehend unauffälligem Gerinnungsstatus und Hb-wirksamer Blutung: Unmittelbare Relaparotomie!

    Perihepatisches Hämatom

    • je nach Ausmaß sonographie- oder CT- gesteuerte Drainage, ggf. Relaparatomie
    • Entwicklung subphrenischer oder subhepatischer Abszesse möglich

    Subkapsuläres Hämatom

    • Kleine Hämatome werden in aller Regel resorbiert; größere können u.U. rupturieren
    • Im Fall einer Relaparotomie Versorgung des Parenchyms im flächenhaften Hämatombereich mit Argonbeamer

    Zentrales Leberhämatom

    • Zentral gelegene arterielle Blutungen innerhalb des Leberparenchyms können zur Ausbildung von Pseudoaneurysmen führen, die durch Druck und Nekrosenbildung in der unmittelbaren Umgebung sekundär rupturieren können, dann ggf. zügige Relaparotomie
    • Diagnostik mit Sonographie und CT, ggf. selektive arterielle Embolisation

    2.2 Gallefistel

    • Stabiler Patient ohne Peritonitis-Zeichen: Zieldrainage belassen, Fördermenge kontrollieren, nicht selten spontanes Sistieren
    • Bei Fördermengen > 100 ml pro Tag gezielte Diagnostik, ERCP mit Stenteinlage anstreben

    2.3 Pleuraerguss

    • Sympathische Pleuraergüsse treten gelegentlich nach der Hemihepatektomie rechts auf, links eher selten
    • Je nach Ausdehnung Drainage

    2.4 Pneumonie

    • Postoperative pulmonale Infekte sind nicht selten, insbesondere wenn postoperative Atemübungen nicht mit der gebotenen Konsequenz durchgeführt werden
    • Die permanente Sauerstoffgabe über Nasensonden oder Masken ist nicht immer hilfreich, da sie zu flacher Atmung verleitet
    • Prophylaxe: zügige postoperative Mobilisation, Bird-Beatmung, Triflow, CPAP-Masken, Kranken-/Atemgymnastik

    2.5 Sekundäre Hohlorganperforation

    • Sofortige Relaparotomie

    2.6 Leberversagen

    Das postoperative Leberversagen ist eher selten, stellt aber die wichtigste Ursache für die perioperative Mortalität nach Leberresektion dar. Da die therapeutischen Möglichkeiten bei einer postoperativen (Rest)Leberinsuffizienz sehr begrenzt sind, kommt der präoperativen Risikoevaluation entscheidende Bedeutung zu.
    Die präoperative Risikoevaluation erlaubt eine sorgfältige Selektion der für eine Leberresektion infrage kommenden Patienten.
    Eine Segment 2/3-Resektion sollte bei einer gesunden Leber kein Problem darstellen, lediglich bei einer Leberzirrhose und einem relativ großen links-lateralen Leberlappen kann ein postoperatives Leberversagen auftreten.
    Tritt dennoch ein fulminantes Leberversagen ein, ist außer durch eine Transplantation keine Rettung möglich.

    Für die Operationsplanung ist die Kalkulation der funktionellen Leberreserve nach der Resektion (Partial Hepatic Resection Rate, PHRR) mit der folgenden Formel überschlagmäßig möglich:

    PHRR = (Reseziertes Lebervolumen-Tumorvolumen) / (Gesamtlebervolumen-Tumorvolumen)

    Das nach einer Resektion verbleibende Restlebervolumen kann mittlerweile durch eine zweidimensionale Computer (2-D-CT) oder auch Magnetresonanztomoographie (2-D-MRT) berechnet werden. Allerdings lässt sich dadurch nicht exakt beurteilen, inwieweit das verbleibende Gewebe auch ausreichend vaskularisiert ist. Hilfreich sind Software-Systeme, mit denen sämtliche intrahepatischen Gefäß- und Gallengangsstrukturen dreidimensional rekonstruiert sowie das ihnen zugehörige Parenchym visualisiert und quantifiziert werden können. Somit können Resektionen unter Berücksichtigung der individuellen Leberanatomie virtuell durchgespielt werden.