Perioperatives Management - Hemikolektomie rechts

  1. Indikationen

    • Karzinome des Zökums und des Kolon ascendens
    • Neuroendokriner Tumor (NET) der Appendix, sofern eine Appendektomie onkologisch nicht ausreichend ist.

    Mit dem Ziel einer Vereinheitlichung und Optimierung der chirurgischen Behandlung des Kolonkarzinoms wurde 2009 unter dem Begriff der kompletten mesokolischen Exzision (CME) ein Behandlungsprinzip beschrieben, das den onkologischen Erfordernissen der chirurgischen Karzinombehandlung in allen Abschnitten des Kolons gerecht werden soll.   

    Dieses Konzept fußt auf dem strikten Erhalt der Integrität der mesokolischen Faszie auf beiden Seiten durch Präparation im embryonal vorgegebenen spaltförmigen Raum zwischen viszeraler und parietaler Faszie. Durch den Erhalt beider Faszienblätter bleibt das Mesokolon intakt mit Vermeidung einer Tumorzelldissemination analog einem intakten Mesorektum bei der TME.

    Durch die zentrale Gefäßabsetzung am Gefäßursprung („high tie“), bei der Hemikolektomie rechts aus der A. mesenterica superior, erfolgt die komplette Exzision des regionalen Lymphabflussgebietes. Durch diese Technik wird eine maximale Lymphknotenausbeute erreicht und damit soll die wesentliche Ursache von Lokalrezidiven vermieden werden.

    Bei der konventionellen Resektion werden die tumorversorgenden arteriellen Stammgefäße nicht notwendigerweise zentral abgesetzt („low tie“), weshalb eine komplette Dissektion der Hauptlymphknoten nicht gesichert ist.

    Die aktuellen S3-Leitlinie fordert eine LK-Ausbeute von mindestens 12 LK, wobei anzumerken ist, dass die Anzahl der vorhanden Lymphknoten im Bereich des rechten Hemikolons interindividuell sehr variabel und auch altersabhängig ist.

    Sowohl die höhere Anzahl an resezierten LK als auch die CME selbst tragen wohl zu den verbesserten Überlebensraten laut aktueller Evidenz bei.

    Lymphabfluss des Kolons

    Das regionäre Lymphabflussgebiet des Kolons besteht aus vier Lymphknotengruppen. Epi- und parakolische LK werden zu den perikolischen LK zusammengefasst, dabei verlaufen die epikolischen LK direkt an der Darmwand, die parakolischen LK entlang der Marginalarterien. Die intermediären LK liegen entlang der jeweiligen arteriellen Stammgefäße. Die Haupt-LK umgeben die Stammgefäße nahe ihres Ursprungs aus der A.mesenterica superior bzw. A. mesenterica inferior beim linksseitigen Kolon.

    Da die lymphogene Metastasierung des kolorektalen Karzinoms festen Regeln folgt, bestimmen die versorgenden  Arterien mit den hier potenziell befallenen Lymphknoten das Resektionsausmaß und nicht der Primärtumor.

    Ein angemessener Sicherheitsabstand resultiert letztendlich aus der jeweiligen arteriellen Versorgung des vom Tumor betroffenen Abschnittes, wobei es zahlreiche Gefäßvarianten gibt. Alle innerhalb eines Abstandes von 10 cm  zu beiden Seiten des Tumors zentralwärts ziehenden Arterien sowie der von dieser arteriellen Versorgung betroffene Dickdarm  werden reseziert. Das gilt auch für das terminale Ileum.

  2. Kontraindikationen

    • Adenokarzinom der rechten Kolonflexur (erweiterte Hemikolektomie rechts)
    • Familiäre adenomatöse Polyposis (restaurative Prokto-Kolektomie mit ileoanaler Pouchanastomose)
    • Karzinome auf dem Boden einer Colitis ulcerosa (restaurative Prokto-Kolektomie mit ileoanaler Pouchanastomose)
    • Primärtumor, der bei nichtresektabler Metastasierung keine Symptomatik verursacht. Hier wird die Aufnahme einer Systemtherapie empfohlen.
  3. Päoperative Diagnostik

    • Klinische Symptome: Veränderung des Stuhlgangs, Anämie, Bauchschmerzen
    • Komplette Koloskopie mit Probeentnahmen zur histologischen Sicherung. Bemerkung: Sofern eine Koloskopie aufgrund einer nicht passierbaren Stenose präoperativ nicht möglich ist, sollte diese 3-6 Monate postoperativ nachgeholt werden.
    • Labor: BB, CRP, Gerinnung, Kreatinin, Elektrolyte, Blutgruppe, Antikörpersuchtest, CEA
    • Abdomensonographie
    • CT-Thorax/Abdomen
    • Ggf. MRT-Leber, KM-Sonographie-Leber 
  4. Spezielle Vorbereitung

    Umgang mit Antikoagulantien:

    • Die perioperative Therapie mit Aspirin kann weitergeführt werden. Clopidogrel (ADP-Inhibitor) sollte mindestens 5 Tage vorher pausiert werden.
    • Vitamin K- Antagonisten sollten 7 Tage, NOAK (neue orale Antikoagulanzien) mindestens 3 Tage präoperativ pausiert werden, Überbrückung mit kurzwirksamen Heparinen.

    Bei Karzinomen mit einem erhöhten Rezidivrisiko zeichnet sich eine Empfehlung zur neoadjuvanten systemischen Therapie ab.

    Im Falle von Fernmetastasen entscheidet ein interdisziplinäres Tumorboard über die weitere Therapie. 

    Präoperative Darmvorbereitung: Die derzeitige Datenlage spricht für eine anterograde Darmspülung mit Zugabe von topischen Antibiotika.

    Perioperative Antibiotikaprophylaxe z.B. mit einem Cephalosporin der zweiten oder dritten Generation kombiniert mit Metronidazol (Anaerobier wirksam)

    Bei Verdacht auf eine Infiltration des Harnleiters durch den Tumor oder Beteiligung durch die peritumorale Entzündungsreaktion Anlage einer rechtsseitigen Harnleiterschiene!

  5. Aufklärung

    Allgemeine Risiken:

    • Blutung
    • Nachblutung
    • Thrombose
    • Embolie
    • Wundinfekt
    • Abszess
    • Pneumonie
    • kardiale Komplikationen
    • Harnwegsinfek
    • Schlaganfall

    Spezielle Risiken:

    • Verletzung des rechten Harnleiters
    • Verletzung des Duodenums
    • postoperative Anastomoseninsuffizienz
    • Milzverletzung
    • Pankreasverletzung
    • Darmverletzung
    • Postoperative Passagestörung
    • Platzbauch
    • Narben- und Trokarhernie
    • Anastomosenstenose
  6. Anästhesie

  7. Lagerung

    Lagerung
    • Rückenlagerung
    • rechter Arm angelagert
    • linker Arm ausgelagert
  8. OP – Setup

    OP – Setup
    • Operateur rechts vom Patienten
    • 1. Assistent links vom Patienten
    • 2. Assistent rechts, kopfwärts vom Operateur
    • instrumentierende OP-Pflegekraft links, fußwärts vom 1. Assistenten
    • ggf. 3. Assistent links, kopfwärts vom 1. Assistenten
  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    Die Laparatomie erfolgt mit dem Skalpell, die weitere Durchtrennung der Bauchdecke mit einer monopolaren Diathermie. Das Abdomen wird mit einem Retaktor-System offen gehalten (Ring und Walven). Zusätzlich werden beide Rippenbögen mit Hakensystemen nach kranial/ventral hochgezogen. Die Präparation wird mit monopolarer Diathermie und Schere durchgeführt, Gefäßdurchtrennungen zwischen Ligaturen mit resorbierbaren Nähten der Stärke 3/0 geflochten. Darmanastomisierung End-zu-End ebenfalls mit resorbierbarem Nahtmaterial 3/0, entweder fortlaufend extramukös oder in Einzelknopfnahttechnik.

  10. Postoperative Behandlung

    Postoperative Analgesie:
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Medizinische Nachbehandlung:
    Frühzeitiges Entfernen der intraoperativ eingebrachten Drainagen. Regelmäßige Wundkontrollen, falls nicht resorbierbar – Entfernung des Hautnahtmaterials um den 12. postoperativen Tag. 

    Bei rezidivierendem Erbrechen Einlage einer Magensonde zur Entlastung des Magen-Darm-Traktes und zur Aspirationsprophylaxe.

    7 Tage nach inadäquater Nahrungsaufnahme sollte eine parenterale kalorische Versorgung mit 25-30 kcal/kg KG (Protein:Fett:Kohlenhydrate – 20:30:50) begonnen werden.

    NachsorgeIm Stadium II und III sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen indiziert. In UICC Stadium I sind als Nachsorge Koloskopien zur Erkennung von Zweittumoren ausreichend.
    Thromboseprophylaxe:
    Bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des hohen Thrombembolierisikos neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer ggf. in dem Dispositionsrisiko adaptierter Dosierung für mindestens 2, ggf. auch bis zu 6 Wochen verabreicht werden. Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle). Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation:
    Sofortige Mobilisation wird angestrebt, noch am Abend des Operationstages, spätestens am Morgen des Folgetages.

    Krankengymnastik:
    Keine spezifische Krankengymnastik erforderlich, ggf. Unterstützung bei z.B. pulmonal vorgeschädigten Patienten.

    Kostaufbau:
    Ab dem Abend des Operationstages Tee möglich, frühzeitiges Entfernen einer evtl. eingelegten Magensonde wird angestrebt. Ab dem 2. postoperativen Tag schrittweise oraler Kostaufbau mit zunächst Tee sowie Zwieback, danach Joghurt und Breikost.

    Stuhlregulierung:
    Ab dem 3.-4. postoperativen Tag, wenn bis dahin noch kein spontaner Stuhlgang erfolgt ist. Hier Gabe eines oralen Laxans. Bei Darmparalyse 3×1 mg Neostigmin (langsam über ca. 2 h; CAVE off-lable-use) und 3 x 10 mg Metoclopramid jeweils als KI i.v..
    Arbeitsunfähigkeit:
    Individuell je nach OP- Indikation (Grunderkrankung) und ausgeübtem Beruf zwischen 3 und 6 Wochen bei fortgeschrittenen Tumoren nicht absehbar.