Perioperatives Management - Ileostoma-Rückverlagerung

  1. Indikationen

    Allgemeiner Hinweis

    Es gibt verschiedene Stomaformen, die aus unterschiedlichen Intentionen heraus angelegt werden.

    Grundsätzlich unterscheidet man nach dem verwendeten Darmabschnitt:

    • Kolostoma (Aszendo-, Transverso-, Deszendo-, Sigmoidostoma)
    • Dünndarmstoma (Ileo-, Jejunostoma)

    und nach der Stomaform:

    • Endständig
    • Doppelläufig
    • Sonderform: Split-Stoma

    Im vorliegenden Beitrag handelt es sich um die Rückverlagerung eines doppelläufigen Ileostoma. Analog dazu ist bei einem doppelläufigen Kolostoma zu verfahren.

    Bei endständigen Stomata (und auch Split-Stomata) spricht man von einer ‘Kontinuitätswiederherstellung’, da hier i.d.R. eine Laparotomie (Laparoskopie) zur Anastomosierung der Darmenden vonnöten ist.

    Die im Weiteren gemachten Angaben zu Indikation etc. beziehen sich allgemein auf die Behandlung von Stomata und nicht per se auf die Rückverlagerung von Ileostomata.

    Die Indikationen werden ausschließlich individuell gestellt:

    • Je nach Alter, Allgemeinzustand und Outcome des Patienten bezüglich seiner Grunderkrankung kann die gewählte Stomaform frühestens nach abgeschlossener Heilung der Grunderkrankung zurückverlagert werden!
    • Die höchste Rückverlagerungsrate (mit etwa 90 %) haben die Stomata, die aus Gründen einer Anastomosen-Protektion angelegt wurden. Dagegen werden z.B. Stomata, die im Rahmen von anorektalen Fistelbildungen bei Morbus Crohn angelegt wurden, in weniger als der Hälfte der Fälle zurückverlagert!

    Stomaformen:

    • Endständig (nur zuführender Schenkel ausgeleitet)
    • Doppelläufig (oraler und aboraler Schenkel im Stoma)
    • Darmabschnitt für die verwendete Stomaform: Jejunum, Ileum, Kolon

    Zeitpunkt der Stomarückverlagerung

    • Für den optimalen Zeitpunkt existiert bislang keine eindeutige Empfehlung.
    • Ein frühzeitiger Verschluss eines doppelläufigen protektiven Ileostomas 10 bis 14 Tage nach Anlage ist nach schneller Erholung von der Primäroperation prinzipiell möglich mit positiven Auswirkungen auf Lebensqualität und möglichen Stomakomplikationen. Durch physiologische entzündliche Verklebungen zwischen Darm und Bauchdecke sowie zwischen den Darmschlingen untereinander ist die Rückverlagerung zu diesem frühen Zeitpunkt aber deutlich erschwert. Erfahrungsgemäß bilden sich diese Verklebungen innerhalb von 6-10 Wochen zurück, wodurch die Rückverlagerung meist 10-12 Wochen nach Anlage erfolgt.
    • Ein Kolostoma nach Diskontinuitätsresektion sollte frühestens 6 Monate nach der Primäroperation aufgelöst werden, nach einer schweren Peritonitis empfiehlt sich sogar 9 bis 12 Monate zuzuwarten, um eine ausreichende Erholung des Patienten zu gewährleisten und das Ausmaß an potentiellen Verwachsungen zu reduzieren.
  2. Kontraindikationen

    • Akuter Schub eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa
    • Lokalrezidiv der Grunderkrankung
    • Zu erwartende Inkontinenz
  3. Präoperative Diagnostik

    • Re-Staging (Abdomen- und Thorax-CT) bei neoplastischen Erkrankungen
    • Rektoskopie und klinische Beurteilung (digital) der Anastomose nach low-anterior-Rektumresektion
    • Beurteilung des Sphinkterapparates
    • Abdomen-CT mit rektaler Füllung von Kontrastmittel zur Beurteilung der Anastomose ggf. auch Kontrastmittelfüllung des abführenden Schenkels alternativ endoskopische Kontrolle (Koloskopie).
    • Labor mit Gerinnung
  4. Spezielle Vorbereitung

    Für die Rückverlagerung und Kontinuitätswiederherstellung sind i.d.R. keine speziellen Vorbereitungen nötig. Jedoch kann zur Vermeidung einer Stuhlkontamination, insbesondere beim Kolostoma, ein Einlauf ins Stoma unmittelbar präoperativ (1h) sinnvoll sein. Eine Darmlavage ist nicht erforderlich. Eine perioperative Antibiotikaprophylaxe zur Verringerung von Wundinfekten ist sinnvoll.

  5. Aufklärung

    Eine Aufklärung sollte folgende Punkte beinhalten:

    • Allgemeine Operationsrisiken (Blutung, Nachblutung, Thromboserisiko, Embolierisiko etc.)
    • Wundheilungsstörungen (häufig)
    • Darmverletzung intraoperativ
    • Anastomoseninsuffizienz
    • Postoperative Stenosierung (zu enge Re-Anastomosierung)
    • Postoperativer Ileus (Paralyse, mechanisch (s.o.))
    • Stuhlunregelmäßigkeiten
    • Ggf. Revisionseingriff
    • Fistelbildung (kutane Stuhlfistel)
    • Narbenbruch
    • Inkontinenz
    • Ureterläsion (bei Deszendostoma)
    • Adhäsionen
  6. Anästhesie

    Der Eingriff wird in Intubationsnarkose durchgeführt.

  7. Lagerung

    Lagerung

    Bei Rückverlagerung eine doppellläufigen Stoma ist eine Rückenlagerung mit Auslagerung des linken Armes bei Stomalage rechts und Auslagerung des rechten Armes bei Stomalage links angezeigt.

    Bei Kontinuitätswiederherstellung ohne Anastomosierung im kleinen Becken ist die Rückenlage mit Auslagerung des linken Armes sinnvoll.

    Bei Anlage einer Deszendo-Rektostomie erfolgt die Lagerung in Steinschnittlage mit Auslagerung des linken Armes.

    Bei laparoskopischem Vorgehen erfolgt die Lagerung wie bei der laparoskopischen Sigmaresektion:

    • Steinschnittlagerung
    • Anlagerung des rechten Armes
    • Schulterstützen
  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Einfache Rückverlagerung eines doppelläufigen Stomas:

    • Operateur: auf der Seite des Stomas
    • Assistent: gegenüber
    • Instrumentierende-r: auf der Seite des Assistenten in Kniehöhe des Patienten

    Kontinuitätswiederherstellung in Steinschnittlage mittels Laparotomie:

    • Operateur: rechts, ggf. Wechsel auf die Seite des Stomas zum Auslösen des Stomas
    • Assistent: gegenüber oder zwischen den Beinen
    • 2. Assistent (fakultativ): zwischen den Beinen
    • Instrumentierende-r: auf der Seite des Operateurs in Kniehöhe des Patienten

    Kontinuitätswiederherstellung mittels Laparoskopie:

    • Operateur, Assistent und Instrumentierende-r i.d.R. rechts, ggf. Wechsel des Operateurs zum Auslösen des Stomas auf die Gegenseite.
    • Bei Deszendorektostomie mittels CEA-Stapler ein Assistent (oder Operateur) zwischen die Beine.
  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    Bei Rückverlagerung eines doppelläufigen Ileostoma oder Kolostoma: 

    • Keine speziellen Haltesysteme oder Instrumentarien nötig.

    Bei Kontinuitätswiederherstellung mittels Laparotomie:

    • Bauchdeckenretraktor und für die Deszendorektostomie CEA-Stapler zur transanalen Anastomose.

    Bei Kontinuitätswiederherstellung mittels Laparoskopie:

    • Laparoskopieturm, Kamera, Trokare, CEA-Stapler für die Deszendorektostomie.
  10. Postoperative Behandlung

    Postoperative Analgesie: Adäquate Schmerztherapie (Metamizol und bei Bedarf  schwach wirksames Opioid z.B. Tilidin oder Tramadol). Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management). Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Medizinische Nachbehandlung: Laborkontrolle am 3. und 5. postoperativen Tag.

    Thromboseprophylaxe: z.B. Clexane 0,4 ml s.c. 1xtgl.. Bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des mittleren Thrombembolierisikos (operativer Eingriff > 30min Dauer) neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer ggf. in gewichts- oder dispositionsrisikoadaptierter Dosierung bis zum Erreichen der vollen Mobilisation verabreicht werden.
    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: sofort

    Krankengymnastik: Nicht zwingend notwendig bei sofortiger Mobilisation und problemlosen Heilungsverlauf bzw. Krankenhausaufenthalt.

    Kostaufbau: 3 Tage Tee-Suppe-Joghurt-Fresubin, danach feste Kost.

    Stuhlregulierung: bei Bedarf (z.B. Laxans-Tropfen)

    Arbeitsunfähigkeit: Je nach intraoperativem Befund ca. 2-3 Wochen.