In Anastomoseninsuffizienz und Pankreasfistel liegt die Hauptursache der postoperativen Morbidität und Mortalität der Pankreaschirurgie durch die assoziierte Sepsis und Blutung.
Die Restpankreatitis, Arrosionsblutungen, Atonie und Magenentleerungsstörung sind häufig begleitende Phänomene der Anastomoseninsuffizienz. Besonders die Arrosionsblutung, bei der die viszerale Gefäßwand vom Pankreassaft angedaut wird, stellt ein lebensbedrohliches und hochakutes Krankheitsbild dar, das der umgehenden Intervention bedarf.
Insuffizienz der Pankreasanastomose (4-20 %)
Das Risiko ist abhängig von der Festigkeit der Pankreasresektionsfläche.
Bei Verdacht auf eine Insuffizienz der Pankreatiko-Jejunostomie (Pankreassekret über Drainagen, unklares Fieber, CRP-Anstieg, Leukozytose, begleitende Pankreatitis und Atonie) sollte umgehend ein CT des Abdomens mit i.v.-Kontrastmittel durchgeführt werden.
Bei lokaler Begrenzung, kleiner Leckage und mildem klinischem Verlauf kann ein konservativer Therapieversuch durchgeführt werden. Ein begleitender Abszess kann interventionell drainiert werden.
Bei ausgedehnterem Befund ist die Relaparotomie indiziert. Bei gut perfundiertem Restpankreas und günstigen lokalen Verhältnissen kann eine Übernähung der Insuffizienz durchgeführt werden, andernfalls sollte die Anastomose neu angelegt werden.
Eine Restpankreatektomie kommt zur Anwendung bei fortgeschrittener entzündlicher Umgebungsreaktion, bei schwerer Restpankreatitis mit Minderperfusion und/oder lokaler Nekrosebildung.
Pankreasfistel/postoperative Pankreatitis
Vor allem bei sehr weichem Pankreasparenchym (z.B. bei benignen, zystischen Neoplasien) ist das Risiko für die Ausbildung einer postoperativen Pankreatitis und/oder Fistel erhöht.
- Pankreasfistel (POPF = postoperative pancreatic fistula; Definition und Klassifikation nach ISGPF)
2005 wurde von der International Study Group for Pancreatic Fistula (ISGPF) eine Definition erarbeitet, die auf der Amylasekonzentration in der Drainageflüssigkeit basiert:
Eine postoperative Pankreasfistel besteht ab einer 3-fach erhöhten Amylasekonzentration in der Drainageflüssigkeit (im Vergleich zur Amylasekonzentration im Serum) ab dem 3. postoperativen Tag.
Die klinischen Auswirkungen der postoperativen Pankreasfistel werden in die Grade A – C eingeteilt.
Grad A:
- klinisch unauffälliger Patient, persistierende Fistelung über die Drainage, keine intraabdominelle Flüssigkeitsansammlung (CT).
- keine therapeutischen Konsequenzen
Grad B:
- klinisch stabiler Patient, peripankreatische Flüssigkeit (CT), die nicht vollständig über die liegende Drainage abtransportiert wird.
- Antibiose, orale Nahrungskarenz, Belassen der Drainage; ggf. invasive Intervention (sonografisch- oder CT-gestützte Drainage); stationäre Verweildauer meist verlängert.
Grad C:
- klinisch instabiler Patient (Sepsis)
- Intensivstation, interventionelle Drainage oder Re-Laparotomie; häufig Blutungskomplikationen; deutlich erhöhte Mortalität!
Drainagen-Management
- bei liegender Zieldrainage:
– Drainage belassen und für sichere Fixierung sorgen.
– Bei infizierter Pankreasfistel Abstrichentnahme und Antibiose, Initialtherapie gemäß Antibiogramm des intraoperativ entnommenen Gallengangs-Abstrichs, bei Vorliegen eines neuen Abstrichergebnisses ggf. Antibiose anpassen. - Bei bereits entfernter Zieldrainage:
– CT-gesteuerte Drainagen-Anlage oder transgastrale Drainage, Abstrichentnahme
Bei anhaltender Pankreasfistel Grad B/C empfiehlt sich eine CT-Angiographie zum Ausschluss eines Pseudoaneurysmas, das infolge einer entzündlichen Gefäßarrosion auf dem Boden einer Pankreasfistel entsteht. Bei Vorliegen eines Aneurysmas sollte über eine Angiografie eine radiologische Embolisation oder Einlage eines gecoverten Stents erfolgen. Ultima Ratio ist eine Re-Laparotomie.
Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Pankreasfisteln finden Sie hier: Pankreasfistel
Postoperative Blutung (PPH = postpancreatectomy hemorrhage; Definition und Klassifikation nach ISGPS) (2-10%)
Die Besonderheit einer postoperativen Blutung nach partieller Pankreasresektion im Vergleich zu Blutungen nach anderen chirurgischen Eingriffen besteht in den zahlreichen möglichen Varianten bezüglich Ursache, Zeitpunkt, Lokalisation und Schweregrad.
Die Ursache für frühe extraluminale Blutungen ist oft eine unzureichende intraoperative Hämostase. Späte extraluminale Blutungen hingegen entwickeln sich meist infolge einer Arrosion von Blutgefässen oder Pseudoaneurysmen. Als ein wichtiger Risikofaktor für späte Blutungen gilt die postoperative Pankreasfistel, ferner bestehen Assoziationen mit Galleleck, intraabdominellem Abzess und Sepsis.
- Blutungsbeginn
- früh = < 24 h postoperativ
- spät = > 24 h postoperativ
- Lokalisation
- Intraluminal (primär ins Darmlumen):
Stress-Ulcus, Anastomosenregion, anastomosierte Pankreasresektionsfläche, Pseudoaneurysma - Extraluminal/intrakavitär (primär in die freie Bauchhöhle):
Pankreasloge, Resektionsgebiet, Leber, Anastomosenregion, abgesetzte Gefäße, Pseudoaneurysma - Kombiniert:
Pseudoaneurysma → tryptische Arrosion der Gefäßwand durch Pankreassekret mit Ausbildung eines perivaskulären Hämatoms, das sich entweder nach intraabdominell entlasten (extraluminal) oder Anschluss an den GI-Trakt finden kann, z.B. über eine insuffiziente Anastomose (intraluminal).
- Schweregrad
- Leicht:
geringer bis mittlerer Blutverlust, Hb-Abfall < 3 g/dl, nur leichte Beeinträchtigung des Patienten → keine chirurgische Intervention erforderlich, Endoskopie und Volumen/EK-Substitution ausreichend (1-3 EK) - Schwer:
starker Blutverlust, HB-Abfall > 3 g/dl
starke Beeinträchtigung des Patienten (Tachykardie, Hypotension, Oligurie, Schock), Substitution → 3 EK erforderlich
invasive Maßnahmen indiziert: Angiografie mit Coiling oder Stenting, Re-Laparotomie
Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Spätblutung nach Pankreaseingriffen finden Sie hier: Spätblutung
Magenentleerungsstörung (8-15 %)
Magenentleerungsstörung unabhängig vom Operationstyp
→ Ausschluss intraabdomineller Verhalt/Anastomoseninsuffizenz → symptomatisch
- Belassen oder Neuanlage der Magensonde
- Prokinetika
- parenterale Ernährung
Insuffizienz der biliodigestiven Anastomose (2-6%)
- Stabiler Patient ohne Peritonitis-Zeichen: Zieldrainage belassen, Fördermenge kontrollieren, weitere Diagnostik per CT, ggf. MRCP.
- Revision mit ggf. Einlage einer T-Drainage und Übernähung. Neuanlage der Anastomose selten indiziert
Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Gallefisteln finden Sie hier: Gallefistel
Insuffizienz der Dünndarmanastomose
- Eine MDP oder ein CT mit wasserlöslichem Kontrastmittel kann die Leckage einer Dünndarmanastomose nicht sicher ausschließen!
- Entscheidend ist die klinische Einschätzung des Patienten: Schmerzen mit Zeichen einer lokalen oder generalisierten Peritonitis, Sepsis-Anzeichen mit Anstieg der Infektparameter im Labor
→ auch bei nicht eindeutiger Diagnostik zügige Indikationsstellung zur Re-Laparotomie!