Perioperatives Management - Fadendrainage bei hochtranssphinktärer Analfistel

  1. Indikationen

    • intermediäre transsphinktäre Fisteln
    • hohe transsphinktäre Fisteln
    • suprasphinktäre Fisteln
    • akute Abszesse mit vorhandener Fistel, die nicht primär gespalten werden kann

    Ätiologie der kryptoglandulären Analfisteln

    Die kryptoglanduläre Hypothese nach Parks gilt als allgemein akzeptierte Erklärung für die Entstehung perianaler Abszesse und Fisteln. Demnach resultiert zunächst ein perianaler Abszess aus der Obstruktion einer Proktodäaldrüse bzw. ihres Drüsengangs mit nachfolgender Infektion. Die Fistel stellt dabei den Abszessdrainagekanal dar, der infolge einer chronischen Entzündung und Epithelialisierung entsteht. Die innere Öffnung aller kryptoglandulären Analfisteln befindet sich –entsprechend der Proktodäaldrüsenmündung− in einer Analkrypte an der Linea dentata, wohingegen die äußere Fistelöffnung in der perianalen Haut liegt.

    Die Klassifikation kryptoglandulärer Analfisteln basiert auf ihrem Verlauf in Relation zum analen Sphinkterapparat. Man unterscheidet

    ·       Subanodermale/subkutane Analfistel

    ·       Intersphinktäre Analfistel

    ·       Transsphinktäre Analfistel

    Bemerklung: Bei der transsphinktären Analfistel durchdringt der Fistelgang den Sphincter ani externus und tritt in die Fossa ischioanalis ein. Je nachdem, ob der Sphincter ani externus im kranialen oder kaudalen Anteil vom Fistelgang durchbohrt wird, spricht man von einer „hohen“ bzw. „tiefen“ transsphinktären Analfistel. Die hoch-transsphinktäre Fistel ist nicht eindeutig definiert. Gewöhnlich spricht man von einer hohen transsphinktären Anafistel bei >30% betroffenem Sphincter ani externus, d. h. die Fistel durchzieht den Muskel in seinen oberen zwei Dritteln.

  2. Kontraindikationen

    • Inoperabilität des Patienten

    Hinweis: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen stellen bei dieser Operationsmethode keine Kontraindikation dar.

  3. Präoperative Diagnostik

    • Die notwendige Diagnostik richtet sich nach dem ursächlichen Problem und der Dringlichkeit der akuten Entzündung. In der Regel sind keine spezifischen Untersuchungsmethoden erforderlich. In speziellen Fällen kann eine Endosonographie, CT oder MRT hilfreich sein.

    Die Anamnese sollte folgende Aspekte beinhalten: Dauer der Beschwerden, Verlauf (akut oder chronisch rezidivierend), Hinweise auf eine CED (z. B. Diarrhö, peranale Blutung oder abdominelle Schmerzen), Voroperationen auch ggf. vor Jahrzehnten, Entbindungen und mögliche Geburtsverletzungen, vorbestehende Kontinenzeinschränkungen.

    Symptomatik

    Das perianale Fistelleiden äußern sich typischerweise durch Schmerzen, perianales Nässen bzw. Sekretabgang.

    Proktologische Untersuchung

    Bei der Inspektion der Analregion gibt die Entfernung der äußeren Fistelöffnung von der Linea anocutanea einen Hinweis auf den Fistelverlauf – je weiter weg die äußere Fistelöffnung dargestellt werden kann, desto wahrscheinlicher ist ein hoher Fistelverlauf. 

    Teilweise kann der Fistelverlauf als narbiger Strang getastet werden. Zur Darstellung der inneren Fistelöffnung kann eine Proktoskopie durchgeführt werden. Die Orientierung an der Goodsall-Regel erleichtert dabei die Suche nach der inneren Fistelöffnung.

    Goodsall-Regel: Liegt die äußere Analfistelöffnung in der dorsalen perianalen Zirkumferenz, verläuft der Fistelgang meist bogenförmig mit einer inneren Öffnung bei 6-Uhr- Steinschnittlage (SSL). Analfisteln mit äußerer Öffnung in der ventralen perianalen Zirkumferenz verlaufen hingegen meist geradlinig in Richtung Linea dentata.

    Endosonographie

    Die endoanale Sonographie stellt bei entsprechender Verfügbarkeit eine wenig invasive und kostengünstige Methode zur Diagnostik perianaler Fisteln und Abszesse dar, erfordert jedoch entsprechende Erfahrung in der Befundinterpretation.

    Magnetresonanztomographie

    Die MRT(Magnetresonanztomographie)-Untersuchung ist v. a. bei komplexen Fisteln, bei CED oder Rezidiv indiziert.

    Computertomographie

    Bei fehlender Verfügbarkeit von Endosonographie und MRT und hochgradigem Verdacht auf einen Abszess kann eine CT(Computertomographie)-Untersuchung zum Ausschluss bzw. Nachweis eines supralevatorischen Abszesses genutzt werden.

  4. Spezielle Vorbereitung

    • Präoperatives Abführen am Abend vor der Operation mit Klysma oder Zäpfchen 
  5. Aufklärung

    Allgemein:

    • Blutung
    • Thrombose
    • Embolie etc.

    Speziell:

    • Anhaltende Sekretion
    • Langwierige Heilung
    • Re-Abszess
    • i.d.R. weitere Operationen notwendig
  6. Anästhesie

    Je nach Allgemeinzustand des Patienten:

  7. Lagerung

    Lagerung
    • Steinschnittlage
  8. OP-Setup

    OP-Setup
    • Der Operateur sitzt vor dem in Steinschnittlage gelagerten Patienten, der 1. Assistent links daneben. Die instrumentierende OP-Pflegekraft steht oder sitzt seitlich rechts neben dem Operateur.
  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Verschiedene Sonden (zur Sondierung der Fistel)
    • ggf. Toluidin- oder Methylenblau bei unklarem Fistelverlauf
  10. Postoperative Behandlung

    postoperative Analgesie:
    Nicht-steroidale Antirheumatika sind in der Regel ausreichend, ggf. kann eine Steigerung mit opioidhaltigen Analgetika erfolgen.
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    medizinische Nachbehandlung:
    Lockeres Einlegen einer Kompresse oder Tamponade am Ende der Operation in die externe Wunde, diese wird am ersten postoperativen Tag gezogen. Besonders ist nach dem Stuhlgang auf Ausduschen oder Sitzbäder zu achten, um das Wundgebiet einigermaßen sauber zu halten.

    Thromboseprophylaxe:
    Bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des mittleren Thrombembolierisikos (operativer Eingriff > 30min Dauer) neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer ggf. in gewichts – oder dispositionsrisikoadaptierter Dosierung bis zum Erreichen der vollen Mobilisation verabreicht werden.
    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: Sofort ggf. körperliche Schonung

    Krankengymnastik: Nicht nötig

    Kostaufbau: sofort

    Stuhlregulierung: Stuhl weich halten, um unnötiges Pressen zu vermeiden. Am besten durch regelmäßige Gabe von ausreichend Ballaststoffen (z.B. Flohsamenschalen). Eher Zurückhaltung mit 20ml Lactulose, ggf. Movicol, da dies oft ungeplant zu breiigem Stuhl oder Diarrhoe führen kann.

    Arbeitsunfähigkeit: abhängig von der Größe der Wunde: Krankenhausaufenthalt: 2-5 Tage, in einzelnen Fällen auch ambulante Op möglich, Arbeitsunfähigkeit: 2-6 Wochen