Perioperatives Management - Implantation eines Cardioverter-Defibrillators

  1. Indikationen

    Die Implantation eines Cardioverters/Defibrillators (ICD = implantierbarer Cardioverter-Defibrillator) ermöglicht, lebensbedrohliche Arrhythmien wie Kammerflimmern und ventrikuläre Tachykardien zu detektieren und den drohenden „sudden cardiac death“ durch eine Elektrostimulation bzw. „Schockabgabe“ zu verhindern. Zielsetzung derICD-Therapie ist somit die Lebensverlängerung durch eine Verhinderung des plötzlichen Herztodes, sekundäre Ziele umfassen die Erhöhung der Lebensqualität sowie die Senkung des Mortalitätsrisikos.

    Bei der Indikationsstellung zur ICD-Implantation werden Primär- und Sekundärprävention unterschieden:

    Primärprävention
    Hierunter fallen Patienten mit einem entsprechenden Risikoprofil, bei denen bisher keine lebensbedrohlichen ventrikulären Rhythmusstörungen dokumentiert wurden.

    Sekundärprävention
    Patienten, die bereits einen Herzkreislaufstillstand, eine hämodynamische Beeinträchtigung oder eine Synkope aufgrund von ventrikulären Tachyarrhythmien überlebt haben.

    Zu den kardiologisch gestellten Indikationen gehören im Wesentlichen:

    • Überlebter plötzlicher „Herztod“ bei Kammerflimmern bzw. Z.n. Reanimation
    • Ventrikuläre Tachykardie
    • Synkope ohne dokumentierte ventrikuläre Tachyarrhythmie
    • Induktion einer ventrikulären Tachyarrhythmie mittels elektrophysiologischer Untersuchung
    • Ineffektive medikamentöse Therapie oder die medikamentöse Therapie wird wegen Nebenwirkungen nicht toleriert
    • Nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie bei KHK, Z.n. Myokardinfarkt und eingeschränkter linksventrikulärer Funktion, Auslösung von Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie, die medikamentös nicht unterdrückt werden kann

    Ausführliche Informationen zur Indikationsstellung finden Sie in den Pocket-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: Implantation von Defibrillatoren

  2. Kontraindikationen

    Ventrikuläre Tachyarrhythmien (VT) infolge reversibler Ursachen, z. B.:

    • Digitalisintoxikation
    • Elektrolyt-Entgleisungen
    • Hypoxie
    • Sepsis
    • akuter Myokardinfarkt
    • Stromschlag
    • Ertrinken

    sowie bei:

    • Patienten, die einen unipolaren Herzschrittmacher tragen
    • asymptomatischen anhaltenden VT mit guter medikamentöser Einstellbarkeit
    • schwerwiegenden, prognoselimitierenden Zusatzerkrankungen
    • Lebenserwartung < 6 Monate
  3. Präoperative Diagnostik

    Im Vordergrund steht die kardiologische Diagnostik, die zur Indikationsstellung führt.

    Aus chirurgischer Sicht erforderlich: aktuelles Röntgenbild des Thorax, Laboruntersuchungen mit kl. BB und Gerinnungswerten, ggf. Zusatzuntersuchungen je nach Grunderkrankung.

  4. Spezielle Vorbereitung

    Der PTT-Wert sollte nicht mehr als das 1,5fache der Norm und der Quickwert min. 50% (INR-Wert < 1,6) betragen. Thrombozytenaggregationshemmer sind 1 Woche präoperativ abzusetzen bei überlappender Gabe eines niedermolekularen Heparins („bridging“). Die postoperative Low-Dose-Heparinisierung bei gleichzeitiger ASS-Gabe ist zu vermeiden, da die simultane Hemmung der plasmatischen und zellulären Gerinnung das postoperative Blutungsrisiko erhöht. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: Unterbrechung antithrombotischer Behandlung (Bridging) bei kardialen Erkrankungen

    Außerdem:

    • präoperativ 6-stündige Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz (auch bei Implantation in Lokalanästhesie!)
    • perioperative Antibiose als „single-shot“ 1 Stunde vor dem Eingriff (z. B. Cephalosporin-Präparat)
  5. Aufklärung

    • Allergische Reaktionen bzw. Unverträglichkeitsreaktionen auf das Lokalanästhetikum
    • Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern und kardiopulmonaler Reanimation
    • Pneumothorax (bei Punktion der V. subclavia via Seldinger-Technik)
    • Armplexusschäden
    • Beschwerden Schultergelenk/Fremdkörpergefühl; längere Schonung führt zur Funktionseinschränkung des Armes
    • Armvenenthrombose
    • Thromboembolie
    • Druckschäden durch Lagerung auf OP-Tisch
    • Haut-, Weichteil-, Nervenschäden
    • Blutungen aus Gefäßen und bei Herzmuskelverletzung
    • Infektionen infolge Bluttransfusion
    • Wundinfektion
    • Infektion der Aggregattasche, Endokarditis, Sepsis (vollständige Entfernung des Implantats)
    • Elektrodendislokation, -bruch, Aggregatdislokation (Korrektur, Nachoperation)
    • Narben/Keloid
    • Hämatom

    Das Aufklärungsgespräch sollte auch zum Anlass genommen werden, mit dem Patienten die Implantationsseite zu besprechen. Während bei der Herzschrittmacher-Implantation die Seitenwahl weitestgehend vom Patientenwunsch, den Vorlieben des Operateurs und in Einzelfällen auch von vorangegangenen Therapien abhängig ist, werden ICDs grundsätzlich links implantiert. Der Grund ist das bessere Defibrillationsfeld mit günstigerer Defibrillationsschwelle.

  6. Anästhesie

    • Analogsedierung in Kombination mit einer Lokalanästhesie bei überwiegender Spontanatmung und kurzer Maskenbeatmung nach Vertiefung der Anästhesie (z. B. mit Propofol) zur Elektroschock-Auslösung.
    • ITN ggf. bei Patientenwunsch oder bei mangelnder Compliance des Patienten

    Die Implantation eines Cardioverters bedarf der Defibrillations- und Intubationsbereitschaft!

  7. Lagerung

    Lagerung

    Rückenlagerung mit angelegten Armen

  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Der Operateur steht auf der Seite, auf der die Implantation vorgenommen wird (in der Regel links, s. Aufklärungsgespräch), neben ihm – fußwärts des Patienten – steht die instrumentierende Pflegekraft. Eine weitere Assistenz ist nicht zwingend erforderlich. Gegenüber dem Operateur befindet sich der Bildwandler. Der Operateur muss ungehinderte Sicht auf Röntgen- und EKG-Monitore haben.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Grundsieb mit Wundspreizer
    • bipolare Koagulation
    • Bildwandler mit Dokumentationsmöglichkeiten (Printer, Aufzeichnung)
    • EKG-Monitor mit akustischer Anzeige
    • Narkosemöglichkeiten
    • Notfallwagen, einsatzbereiter externer Defibrillator und medizinisches Personal, das in der kardiopulmonalen Reanimation ausgebildet ist, falls der Patient einer externen Wiederbelebung bedarf
    • sicherer venöser Zugang am Arm der Gegenseite
    • Seldinger-Besteck
    • Sauger bereitstellen
    • steril verpackte Messkabel für die intraoperative Prüfung der Sondenfunktion

    Die ICD-Implantation entspricht in vielen Schritten der Herzschrittmacher-Implantation. Patienten, die einen ICDbenötigen, weisen in aller Regel eine schwere kardiale Erkrankung auf, die auch höhere Ansprüche an die Erfahrung des Operateurs stellt. Sofern er nicht über ausreichende elektrophysiologische Kenntnisse verfügt, ist die Anwesenheit eines Internisten bzw. Kardiologen (sofern nicht Operateur) erforderlich, damit die interne Defibrillation mit akzeptablen Energiemengen gelingt.

  10. Postoperative Behandlung

    Postoperative Analgesie

    Folgen Sie hier den Links zu:

    Radiologische und kardiologische Nachkontrolle

    • unmittelbar postoperativ Röntgen Thorax-Aufnahme
    • noch vor der Entlassung Aggregatprogrammierung, Elektroden- und Batteriestatus etc. kontrollieren

    Thromboembolieprophylaxe

    • Antikoagulation nach kardiologischer Vorgabe (z. B. bei KHK-Patienten mit Stent oder ACVB)
    • die Wiederaufnahme einer Marcumarisierung sollte nicht vor dem 3.-5. postop. Tag erfolgen wg. der Gefahr eines Taschenhämatoms

    Mobilisation

    • Bettruhe für 6-8 Stunden postoperativ, ansonsten zügige Mobilisation
    • ausladende Armbewegungen sind wegen der Gefahr einer Elektrodenfrühdislokation und der Begünstigung von Hämatomen und Wundheilungsstörungen für 2-3 Wochen zu vermeiden

    Kostaufbau

    • bereits wenige Stunden postoperativ Vollkost möglich

    Stuhlregulierung

    • falls erforderlich ab dem 3. Tag postoperativ 1x Klysma
    • ggf. Lactulose-Sirup oder Macrogol p.o (z. B. Bifiteral® oder Movicol®)

    Krankengymnastik

    • Atemtherapie und Einzel-Physiotherapie bei Bedarf

    Arbeitsunfähigkeit

    • sehr individuell
    • auch abhängig von der kardiologischen Grunderkrankung

    Die Formulierung schriftlicher Standards für eine hygienische Nachsorge z. B. hinsichtlich Verbandswechsel u. Wundkontrollen ist wünschenswert, da die Patienten sich in aller Regel auf einer nichtchirurgischen Station befinden.