Evidenz - Hämorrhoidopexie mit Stapler-Technik

  1. Zusammenfassung der Literatur

    Die operative Behandlung von Hämorrhoiden mit einem Zirkular-Stapler (Stapler-Hämorrhoidopexie, CS) geht auf  Koblandin und Shalkov (Chirurgen, Kasachstan) zurück, die erstmals 1981 davon berichteten [1]. Longo aus Palermo übernahm diese Methode 1992 und hat dazu beigetragen, dass sie weit verbreitete Anwendung fand, u.a. 1998 in Deutschland.  Longo publizierte keine eigenen Arbeiten zu diesem Thema, seine Beiträge beschränkten sich lediglich auf Leserbriefe [2, 3]. 

    Zu Beginn wurde der Effekt der CS-Technik  durch die zirkuläre Unterbrechung des arteriellen Zuflusses zum Hämorrhoidalplexus erklärt [4, 5, 6]. Untersuchungen von Kolbert und Aigner wiesen allerdings nach, dass der Effekt einer Hämorrhoiden-Stapleroperation eher auf einem verbesserten venösen Abfluss des Hämorrhoidalplexus durch die Resektion der Mukosa-Manschette beruht als auf einer Unterbrechung des arteriellen Zuflusses [7, 8].

    Seit dem Jahr 1998/99 nahmen die Publikationen von Fallserien über die CS-Methode beim Hämorrhoidalleiden sprunghaft zu. Aufgrund der heterogenen Patientenpopulation mit unterschiedlichen Stadien des Hämorrhoidalleidens lag die Rezidivrate in diesen Studien zwischen 0 und 58 % [9]. Je höher das Stadium, desto größer schien das Risiko einer Rezidiv- oder Re-Operation zu sein [9, 10, 11]. Die Komplikationsrate variierte ebenfalls stark und reicht von 0 bis 63 %, wobei Angaben zu Kontinenzstörungen überwiegend fehlten  [12, 13].

    Indikationen

    Die Hämorrhoidopexie mittels CS-Technik ist indiziert bei reponiblen zirkulären Hämorrhoiden 3. Grades. Bei Hämorrhoiden 4. Grades handelt es sich um einen fixierten, nicht reponiblen Prolaps, weshalb es postoperativ  zu einer Traktionsspannung der Staplernaht kommt, die zur Dehiszenz und somit zu einem erneuten Prolaps führt.

    Sowohl in nicht-vergleichenden als auch randomisierten Studien wurden Hämorrhoiden 4. Grades eingeschlossen, was sich in Metaanalysen bemerkbar machte. Die Rezidivrate nach CS ist im Vergleich zur Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan signifikant höher, insbesondere bei Hämorrhoiden 3. und 4. Grades. Andere Autoren berichten über eine höhere Rezidivrate bei Hämorrhoiden 4. Grades im Vergleich zu Hämorrhoiden 3. Grades. Zacharakis beschreibt eine Rezidivrate von 59 % und eine Re-Operationsrate von 43 % nach CS [9, 11, 14]. Daher ist der reponible zirkuläre Prolaps die ideale Indikation für das CS-Verfahren.

    In Ausnahmefällen (zirkulärer Befund, frustrane konservative Therapie) ist es auch möglich, Hämorrhoiden 2. Grades mittels CS-Verfahren zu operieren. In Fällen von ausgedehntem Hämorrhoidalprolaps führen einige italienische Autoren das CS-Verfahren mit zwei Klammernahtgeräten durch [15 - 18]. Dafür wurden sogenannte "High-Volume"-Klammernahtgeräte entwickelt, die ein größeres Resektat im Gehäuse aufnehmen können.

    Die evidenzbasierten Empfehlungen der deutschen S3-Leitline zur Behandlung des Hämorrhoidalleidens lauten daher:

    • Das Stapler-Verfahren soll als ein Verfahren beim zirkulären drittgradigen Hämorrhoidalprolaps angeboten werden [19 - 22].
    • Bei Hämorrhoiden 4. Grades sollte das Stapler-Verfahren nicht angewendet werden, da die Rezidivrate im Vergleich zu den konventionellen Operationstechniken höher ist [9, 11, 14, 23 - 31].   

    Postoperative Schmerzen

    In  vergleichenden Studien wurde festgestellt, dass die CS-Technik geringere postoperative Schmerzen verursacht als die Milligan-Morgan- und Ferguson-Techniken. In einer randomisierten Studie mit 95 Patienten berichtete Basdanis von signifikant weniger Schmerzen  nach der Hämorrhoidektomie mittels Ligasure (LS) im Vergleich zur CS-Technik [32]. In der Untersuchung von Kraemer wurde kein Unterschied zwischen LS und CS in Bezug auf postoperative Schmerzen festgestellt wie auch in zwei Metaanalysen [33, 34, 35].

    Die Ergebnisse bezüglich der postoperativen Schmerzen im Vergleich zur CS- und Harmonic Scalpel (HS)-Technik sind nicht eindeutig. In zwei randomisierten Studien war der postoperative Schmerz nach CS signifikant geringer im Vergleich zu HS, während bei Leventoglu kein Unterschied bezüglich der Schmerzen festgestellt werden konnte [36, 37]. Zwei Studien berichteten über den Unterschied zwischen Hämorrhoiden-Arterien-Ligatur (HAL),  Recto anal repair (RAR) und CS. In einer Studie waren die Schmerzen nach HAL und RAR nicht signifikant geringer als nach CS, während dieser Unterschied in der zweiten Studie signifikant war [38, 39]. Die Netzwerkanalyse von Simillis ergab, dass es keine Unterschiede bei den postoperativen Schmerzen zwischen CS und LS, HS, HAL und RAR gab [40]. Den einzigen Unterschied gab es zwischen CS und MM/FG (weniger Schmerzen nach CS).

    Harnverhalt

    Eine der häufigsten Komplikationen nach Hämorrhoiden-Operationen ist der Harnverhalt. In drei Reviews wurde festgestellt, dass die MM/FG-Methoden eine geringere, nicht signifikante Harnverhaltrate im Vergleich zu CS zeigte [36, 40 - 44]. Nur in einer Studie wurde im Vergleich zu MM signifikant höhere Harnverhaltrate nach CS festgestellt [44]. Der Vergleich von LS und HS mit CS ergab keinen Unterschied hinsichtlich der Häufigkeit von postoperativen Harnverhalten [36, 37].    Auch bei der Netzwerkanalyse von Similli zwischen CS und MM/FG/LS/HS/HAL/RAR wurde kein Unterschied bezüglich Harnverhalt festgestellt [40].

    Blutungen

    In mehreren Reviews  wurde eine geringere, nicht signifikante Anzahl an postoperativen Blutungen im Vergleich von CS mit MM und FG festgestellt [40, 41, 45, 46]. Der  Vergleich zu LS zeigte in zwei Metaanalysen keinen Unterschied in der Blutungsrate [34, 35]. Dies gilt auch für den Vergleich mit HS in zwei randomisierten Studien [36, 37]. In der Untersuchung von Verre gab es im Gegensatz zu HAL und RAR nur bei Patienten nach CS postoperative Blutungen, die allerdings nicht signifikant waren [39]. Die Netzwerkanalyse von Simillis konnte keinen Unterschied zwischen CS und MM in Bezug auf postoperative Blutungen nachweisen. Im Gegensatz zu HAL/RAR zeigte die CS hier jedoch eine höhere Blutungsrate [40].

    Re-Operationen

    Drei Studien  zeigten eine signifikant höhere Re-Operationsrate nach CS im Vergleich zu MM und FG [29, 47, 48]. In 4 weiteren Studien war dies jedoch nicht signifikant [21, 30, 49, 50].  In den Metaanalysen von Tjandra et al wurde ebenfalls kein signifikanter Unterschied in der Re-Operationsrate zwischen CS und MM und FG festgestellt [40, 51, 52, 53]. Laut Laughlan war die Re-Operationsrate nach CS im Vergleich zu MM signifikant höher, während die Re-Eingriffe nach FG nur geringfügig erhöht war [46]. Im Vergleich zu HAL und RAR fand Beliard -nicht signifikant- weniger Re-Eingriffe nach HAL und RAR im Vergleich zu CS, während Simillis keinen signifikanten Unterschied im Vergleich zu CS, LS, MM und FG feststellte [38, 40]. Die Re-Operationen nach CS wurden bei Brusciano aufgrund von anhaltenden Schmerzen, Blutungen und verbliebenen Klammern [Irritation, Blutungen) notwendig [54]. Bei Sileri mussten 16 Patienten aufgrund von Rezidiv, Dranginkontinenz, häufigen Stuhlgängen, starken anhaltenden Schmerzen, kolikartigen Bauchschmerzen, Fissur und Stenose erneut operiert werden [55].

    Strikturen/Stenosen

    Infolge der zirkulären Muskosa-Resektion und -Anastomosierung durch die CS-Technik können sich zirkuläre Stenosen und Strikturen entwickeln  [56 -68]. Bei einer digital-rektalen Untersuchung konnten die meisten Stenosen oder Strikturen relativ einfach erweitert werden, in seltenen Fällen ist auch eine Revision in Narkose erforderlich.

    Rezidiv

    Der Begriff Rezidiv wird in Studien unterschiedlich definiert, u.a. erneuter Prolaps, erneute Beschwerden und erneute Operationen. In den meisten Studien der CS-Gruppe waren die Rezidivraten in der CS-Gruppe höher als bei MM und FG [6, 21, 24, 29, 30, 48, 70 - 82].  Die Rezidivrate nach CS war in einigen Studien nicht signifikant niedriger als nach MM und FG [68, 83 - 88]. Dagegen wird in den diversen Reviews und Metaanalysen eine deutlich höhere Rezidivrate nach CS im Vergleich zu MM und FG angegeben [46, 52, 53, 89 - 95]. Allerdings wurden die Stadien 2, 3 und 4 in fast allen Metaanalysen mit einbezogen. In der Studie von Beliard gab es -nicht signifikant- weniger Rezidivraten nach CS im Vergleich zu HAL/RAR [38]. In der Netzwerkanalyse von Simillis wird im Vergleich zu MM, FG und LS eine signifikant höhere Rezidivrate nach CS angegeben [40].

    Inkontinenz

    Nach CS kann es in einigen Fällen zu einer Dranginkontinenz kommen, die häufig zeitlich begrenzt ist. Es wurde in einigen Studien festgestellt, dass in diesen Fällen glatte Muskulatur im Resektat nachweisbar war. In einer vergleichenden Studie  wurden endosonographisch kleinere Schäden im Sphinkterbereich (fragmentierter M. sphincter ani int.) festgestellt, wenn mit dem im Stapler-Set vorhandenen 37 mm-Anoskop gearbeitet wurde [96].  In der Untersuchung von Schmidt war das Risiko für Dranginkontinenz bei Frauen doppelt so hoch, wenn Muskelgewebe im Resektat nachgewiesen wurde, während es bei Männern nicht erhöht war [97]. In Bezug auf Kontinenzwerte und Manometriewerte prä- und postoperativ fanden sich in Studien keine signifikanten Unterschiede zwischen CS und MM [67, 98].

    Hasse fand signifikante höhere Inkontinenzscores nach CS verglichen mit Parks (PA), obwohl signifikant höhere Ruhe- und Willkürdrucke in der CS-Gruppe gemessen wurden [73]. Wilson stellte durch manometrische Untersuchungen fest, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen CS und MM bestanden [44]. Zwei Reviews  berichteten von einer nicht signifikanten niedrigeren Stapler-Inkontinenzrate, während ein Review von einer nicht signifikanten höheren Inkontinenzrate berichtete [46, 91, 99]. Zwei Metaanalysen ergaben keinen Unterschied in Bezug auf die Kontinenzfunktion im Vergleich von CS und LS [92, 93]. Auch im Vergleich CS und HS sowie CS und HAL/RAR ergaben sich keine Unterschiede [36, 37, 38]. In der Netzwerkanalyse von Similis wurden zwischen den verschiedenen Methoden (CS, MM/FG/LS/HS und HAL/RAR) ebenfalls keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Kontinenzprobleme festgestellt [40].

    Die deutsche S3-Leitlinie gibt zu den Komplikationen nach CS folgendes evidenzbasiertes Statement ab [40, 46, 53, 91, 92, 93].                  

    • Im Vergleich zu den konventionellen Operationen sind die Komplikationsraten für Harnverhalte, Nachblutungen und Revisionseingriffe sowie postoperative Inkontinenz bei der CS-Technik nicht höher.
    • Der Schmerz ist nur in der postoperativen Frühphase nach CS geringer im Vergleich zu den konventionellen Verfahren.
    • Die Rezidivrate ist nach CS im Vergleich zu den konventionellen Eingriffen höher.
  2. Aktuell laufende Studien zu diesem Thema

    z. Zt. keine

  3. Literatur zu diesem Thema

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Reviews

Zhang G, Liang R, Wang J, Ke M, Chen Z, Huang J, Shi R. Network meta-analysis of  randomized contro

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