Evidenz - Adrenalektomie rechts, offen

  1. Zusammenfassung der Literatur

    Die Technik der minimal invasiven Nebennierenchirurgie (transabdominell oder retroperitoneoskopisch) ist die bei benignen Nebennierentumoren üblicher Weise angewendete Vorgehensweise.

    Faktoren, die auf ein bösartiges Tumorwachstum hindeuten, müssen frühzeitig erkannt und berücksichtigt werden, da für diese malignen Tumore weiterhin das offene Vorgehen der minimal invasiven Operation vorzuziehen ist.

    Synchrone oder metachrone Metastasen von Bronchialkarzinomen, malignen Melanomen oder Nierenzellkarzinomen werden nach kurativer Resektion des Primärtumors bevorzugt konventionell operiert, wenn keine weiteren Metastasen nachweisbar sind.

    Infiltratives und organüberschreitendes Tumorwachstum sind Ausschlusskriterien für das minimal invasive Vorgehen, entsprechend wird die endoskopische Resektion von Nebennierenmetastasen von den meisten Autoren abgelehnt. Es gibt bisher nur wenige Erfahrungsberichte. Ohne Vorliegen von Metastasen ist eine sichere Einschätzung der Dignität präoperativ und sogar histopathologisch selten eindeutig möglich.

    Das Malignitätsrisiko wird für die Tumore kleiner als 4 cm mit ca. 2% geschätzt. Bei einer Tumorgröße über 6 cm beträgt es dagegen etwa 25%.

    Die endoskopische Exstirpation von Nebennierentumoren über 6 cm ist derzeit Gegenstand kontroverser Diskussionen. Kleinere Studien zeigten eine erhöhte Rate an Lokalrezidiven und Kapselverletzungen bei Patienten mit Tumoren von über 6 cm Größe, die sich einer laparoskopischen Adrenalektomie unterzogen. Zwei etwas größere Studien kommen zum Schluss, dass die Tumorgröße an sich keine Kontraindikation zum endoskopischen Vorgehen darstellt.
    Naja et al konnten in ihrer Studie zwar eine verlängerte Operationszeit (210 min versus 175 min) und Blutverlust (ca. 200 versus 30 ml) bei Patienten mit Tumoren von über 6 cm Größe nachweisen, kamen jedoch zum Schluss, dass die laparoskopische Adrenalektomie auch bei großen Tumoren sicher durchführbar ist.
    Zorro et al konnten in einer retrospektiven Analyse von 178 laparoskopischen Adrenalektomien keinen Unterschied bezüglich der Operationszeit, Blutverlust und Komplikationsrate bei Tumorgrößen von 5-11 cm im Gegensatz zu Tumorgrößen kleiner als 5 cm finden.

    Die Autoren betonten dabei, dass das Vorliegen eines invasiven Wachstums und nicht die Tumorgröße das entscheidende Kriterium in der Wahl des Operationsverfahrens sein sollte. Leider analysierten die Autoren beider Studien die onkologischen Ergebnisse nicht.
    Entscheidend für ein gutes Outcome des Patienten ist jedoch nicht die Beachtung aller onkologischen Radikalitätskriterien, sondern die Vermeidung einer Tumorkapselverletzung und Tumorzelldissemination.

    Das Phäochromozytom

    Die jahrelang angenommene Malignitätsrate der Phäochromozytome von etwa 10% ist heute revidiert worden, und wird derzeit eher auf 5% geschätzt. Die frühzeitige Erkennung eines malignen Prozesses oder synchroner hereditärer Tumore sind Ziel verschiedener bildgebender Verfahren wie CT, MRT, 123J-MIBG-PET oder 18F-DOPA-PET.
    Bisher wurden Phäochromozytome als „10%-Tumore“ bezeichnet, da 10% bilateral auftreten, 10% ein malignes Wachstum aufweisen, 10% auf einen hereditären Ursprung zurückzuführen und bei Missachtung der geltenden Nomenklatur 10% extraadrenal lokalisiert sind. Diese Faustregel ist in sich nicht kohärent, da bei bilateralem Phäochromozytom eine genetische Prädisposition angenommen werden muss. Nicht alle familiären Fälle gehen aber mit synchron auftretenden bilateralen Phäochromozytomen einher und somit muss die Anzahl der tatsächlich hereditären Fälle mehr als 10% betragen.

    Hormonproduktion

    Vergleichende Messungen perioperativ freigesetzter Katecholaminmengen bei offenen und laparoskopischen Vorgehensweisen wiesen eine geringere intra- und postoperative Belastung der Patienten durch die laparoskopische Chirurgie gegenüber der konventionellen offenen Verfahrensweise auch für Phäochromozytom-Patienten nach.
    Spätere Untersuchungen anderer Autoren bestätigten diese Daten und zeigten, dass die intraoperative CO2-Insufflation und die laparoskopische Tumorpräparation im Vergleich zur offenen Verfahrensweise keine vermehrte Katecholaminfreisetzung hervorruft und keine vermehrte Kreislaufbelastung der Patienten zur Folge hat.
    Es ist dennoch ratsam erst nach ausreichender Erfahrung mit der laparoskopischen Entfernung von hormoninaktiven Nebennierentumoren und Tumoren mit Aldosteron- oder Cortisolproduktion die laparoskopische Adrenalektomie auch bei Patienten mit Phäochromozytomen vorzunehmen.
    Wesentliche Voraussetzung für eine risikoarme Operation bei Phäochromozytom-Entfernung ist die adäquate präoperative Alphablockade mit Phenoxybenzamin welche üblicherweise auf 3-5mg/kg Körpergewicht am Tag langsam gesteigert werden sollte. Einen Sonderfall stellen ausschließlich dopaminsezernierende Paragangliome dar.

    Bei Patienten mit einem Conn-Syndrom ist eine präoperative Behandlung mit dem Aldosteronantagonisten Spironolacton sinnvoll. Diese Vorbehandlung ist insbesondere beim Bestehen einer ausgeprägten Hypokaliämie zur Vermeidung eines starken unmittelbaren postoperativen Anstiegs des Kaliumspiegels sehr hilfreich. Bei einem primären Hyperaldosteronismus werden die Patienten mit einer Spironolactondosierung von 200-300 mg pro Tag über einen Zeitraum von ca. 6 Wochen präoperativ vorbehandelt, wobei eine weitere Dosierungserhöhung blutdruckabhängig bis 400 mg hier möglich ist.

    Bei Patienten mit einem Cushing-Syndrom ist in der Regel, bis auf die Therapie von krankheitsspezifischen metabolischen Entgleisungen, keine antihormonelle Therapie indiziert.
    Perioperative Hormonsubstitution bei allen unilateralen Resektionen, die im Rahmen der Grunderkrankung zu einer Suppression der kontralateralen Nebenniere geführt haben, sowie bei bilateralen Adrenalektomie, muss eine intra- und postoperative Substitution mit Hydrocortison durchgeführt werden. Beim Kostaufbau wird auf Cortisol und Fluorcortisol umgestellt.

    Anatomische Besonderheiten

    Die rechtsseitige Adrenalektomie gilt als technisch schwieriger als die Resektion links. Ursache hierfür ist der kurze weitdorsale und anatomisch schlecht zugängliche Verlauf der rechten Vena suprarenalis. Kommt es hier V.cava nah zu einer Blutung, wird die Situation schnell unübersichtlich.
    Mit anatomischen Varianten (Doppelung, Kreuzung, mit/oder Einmündung zusammen mit akzessorischen posterioren Lebervenen, Abgang im Winkel Vena cava rechte Nierenvene) ist in 20/30% der Fälle zu rechnen. Demgegenüber ist der Verlauf der linken Vena suprarenalis, die in die linke Nierenvene mündet, deutlich einfacher darzustellen, anatomische Varianten sind hier sehr selten. Meist mündet von kranial eine kleinere Zwerchfellvene (Vena phrenica inferior auf dem linken Zwerchfellschenkel verlaufend) in die Nebennierenvene ein, die als Leitstruktur dienen kann.

  2. Aktuell laufende Studien zu diesem Thema

  3. Literatur zu diesem Thema

    Shahait A, Saleh K, Weaver D, Mostafa G. Two Decades' Outcomes and Trends of Adrenalectomy for Benign Pathologies in Veterans. Surg Laparosc Endosc Percutan Tech. 2022 Sep 2

    Zhang L, Chen D, Pang Y, Guan X, Xu X, Wang C, Xiao Q, Liu L. Surgical treatment  of large pheochromocytoma (>6 cm): A 10-year single-center experience. Asian J Urol. 2022 Jul;9(3):294-300.

    Uttinger KL, Riedmeier M, Reibetanz J, Meyer T, Germer CT, Fassnacht M, Wiegering A, Wiegering V. Adrenalectomies in children and adolescents in Germany – a diagnose related groups based analysis from 2009-2017. Front Endocrinol (Lausanne). 2022 Jul 27;13:914449.

    Holzer K, Bartsch DK. [Are there still indications for open adrenalectomy?] Chirurgie (Heidelb). 2022 Sep;93(9):856-860.

    Selvaraj N, Pooleri GK, Addla SK, Raghavan D, Govindaswamy TG, Balakrishnan AK, Sivaraman A, Jain N, Kandasamy SG, Ragavan N. Robot assisted laparoscopic adrenalectomy: Should this be the new standard? Urologia. 2022 Aug;89(3):430-436.

    Hou Q, Zhang B, Luo Y, Wang P, Yang S, Shang P. Predictive Factors for Conversion from Laparoscopic Adrenalectomy to Open Surgery: A 9-Year Review of 911 Cases. J  Laparoendosc Adv Surg Tech A. 2022 May 26.

    Buller DM, Hennessey AM, Ristau BT. Open versus minimally invasive surgery for suspected adrenocortical carcinoma. Transl Androl Urol. 2021 May;10(5):2246-2263.

    Al-Jalabneh T, Al-Shawabkeh O, Al-Gwairy I, Abu-Zeitoun O, Al-Njadat I, Al-Soudi M, Zarour A. Laparoscopic Versus Open Adrenalectomy: a Retrospective Comparative  Study. Med Arch. 2021 Feb;75(1):41-44.

    Taylor CJ, Monnet E. A comparison of outcomes between laparoscopic and open adrenalectomies in dogs. Vet Surg. 2021 Jul;50 Suppl 1:O99-O107. 

Reviews

Gan L, Meng C, Li K, Lei Peng, Li J, Wu J, Li Y. Safety and effectiveness of minimally invasive adr

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