Perioperatives Management - Ileostoma-Anlage

  1. Indikationen

    Indikationen

    Stomata werden häufig im Rahmen abdomineller Operationen angelegt, sei es in der Notfallsituation oder bei elektiven Eingriffen.

    Die Indikation zur und die Art der Stomaanlage hängen von der zugrundeliegenden Erkrankung und der allgemeinen Situation ab.

    • Neoplastische Erkrankungen → Prävention eines Ileus bei neoadjuvanter Behandlung oder Inoperabilität
    • Zum Schutz von Risiko-Anastomosen (protektives Ileostoma) oder aufgrund der Entfernung der Sphinkteren nach radikal onkologischen Darmresektionen
    • Anastomoseninsuffizienz
    • Notfallsituationen wie nach abdominellem Trauma, intestinale Ischämie, Ileus oder Darmperforation
    • Protektive Anlage vor z.B. ausgedehnten proktologischen Eingriffen (Fistelchirurgie)
    • Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
    • Funktionellen Erkrankungen z.B. hochgradige Stuhlinkontinenz, Entleerungsstörung
    • Kongenitale, intestinale Anomalien (Fehlbildungen) 

    Im dargestellten Beispiel handelt es sich um eine Ileostomaanlage im Rahmen einer offenen Rektumcarcinom-Operation.

    Stomaarten:

    • Temporäre versus permanente Stomata, ggf. Beachtung der Notwendigkeit einer kompletten Ausschaltung der Stuhlpassage, um den nachfolgenden Darmabschnitt trocken zu legen.
    • Endständige (Split-Stomata, wobei die Darmenden nach Resektion entfernt voneinander jeweils als endständige Stomata getrennt ausgeleitet werden) versus doppelläufige Stomata (Resektionsstomata wobei die Darmenden nach Resektion hinterwandseitig vernäht und dann zusammen ausgeleitet werden).
    • Modifiziertes Splitstoma wobei der abführende Schenkel eines doppelläufigen Stomas auf Bauchdeckenhöhe blind verschlossen wird. Dies vereinigt die Vorteile einer kompletten Ausschaltung der Stuhlpassage mit denen einer einfachen Rückverlagerung ohne Re-Laparoskopie oder –tomie.
    • Hartmann-Situation mit Rektumblindverschluss und endständigem Kolostoma. Hier ist in jedem Fall eine Re-Laparoskopie oder –tomie erforderlich (Wiederanschluss OP Hartmann II)

    Ein endständiges Stoma wird üblicherweise angelegt, wenn zumindest auf längere Sicht eine Rückverlegung nicht geplant oder möglich ist.

    Wenn das Stoma nur vorübergehend angelegt werden soll, wird zumeist ein doppelläufiges Loop-Stoma angelegt. Ein Dünndarmstoma wird in der Regel im terminalen Ileum oder, wenn das nicht möglich ist, im weitesten aboral gelegenen Dünndarmabschnitt angelegt.

    Optimal ist die transrektale Anlage im Unterbauch oberhalb der Linea arcuata. Durch das hier vorhandene bessere muskuläre und fasziale Widerlager soll einer parastomalen Hernie oder einem Prolaps vorgebeugt werden.

    Aufgrund der anatomischen Nähe bietet sich für das Transversostoma die Anlage im Oberbauch und für das Ileo- und Sigmoidostoma die Anlage im Unterbauch an.

    Sondersituation protektives Stoma bei kolorektalem Karzinom:

    Bei der tiefen anterioren Rektumresektion mit TME ist in der Regel ein protektives Stoma indiziert, wobei eine Ileostoma gegenüber einem Kolostoma tendenziell zu bevorzugen ist. Ein Ileostoma ist einfacher und komplikationsärmer zurückzuverlagern. Es treten weniger häufig parastomale Hernien und Stromaprolapse auf. Allerdings tritt beim Kolostoma wesentlich seltener ein Flüssigkeitverlustsyndrom auf auch die Obstruktionsproblematik nach Rückverlagerung ist seltener.

  2. Kontraindikationen

    Ethische Gründe

  3. Präoperative Diagnostik

    • Anamnese
    • Klinische Untersuchung
    • Labor
    • Fakultativ: Sonografie (untersucherabhängig)

    Bildmaterial meist aufgrund der Grunderkrankungen (Indikation) vorliegend, z.B. CT oder Kontrastmittel-Röntgenbild (Magen-Darm-Passage), MRT, Rektoskopie, Histologie. Daher ist meist keine zusätzliche präoperative Diagnostik erforderlich.

  4. Spezielle Vorbereitung

    Vorbereitende Maßnahmen:

    • Nüchternheit je nach Indikation: Bei geplanten Eingriffen 6 Stunden Nahrungskarenz und 2 Stunden Karenz für klare Flüssigkeiten.
    • Ggf. abführende Maßnahmen zur Darmreinigung (z.B. bei Rektum-Operation mit geplantem Stoma)
    • Anzeichnen des Ileostomas: Stomamarkierung

    Idealerweise sollte die Anzeichnung sowie die spätere Anleitung zur Stomaversorgung durch eigens ausgebildete Stomatherapeuten oder von einem erfahrenen Chirurgen erfolgen.

    1. Probemarkierung am liegenden oder bereits sitzenden Patienten im Bereich des rechten M. rectus abdominis (Nabelhöhe) in einem 10 × 10 cm großen Hautareal, möglichst ohne Falten, Narben oder Knochenvorsprünge.
    2. Überprüfung der vorgesehenen Position in Bewegung (Stehen, Bücken).
    3. Die gewählte Stelle sollte für den Patienten leicht einsehbar und zugänglich sowie mit dem Sitz der Hose bzw. des Gürtels gut vereinbar sein.
    4. Bestimmung einer Ersatzmarkierung empfehlenswert, falls intraoperative Komplikationen auftreten.
    5. Abkleben der Markierung mit einem hautschonenden Pflaster.

    Der Sitz des Stomas beeinflusst die Handhabung und Pflege und somit die Lebensqualität des Patienten maßgeblich!

    • Single-Shot-Antibiose
  5. Aufklärung

    Mit dem Patienten sollten die Indikation, die Durchführung der Stomaanlage (permanent oder passager – konventionelle oder laparoskopische Anlage), die weitere Versorgung des Stomas im Krankenhaus und später daheim sowie psycho-soziale Faktoren besprochen werden. (Wie lebe ich mit einem künstlichen Ausgang? Was muss ich in Zukunft beachten? Ernährungsberatung.)

    Allgemeine Komplikationen bei (laparoskopischen) Operationen:

    • Allgemeine Operationsrisiken (Blutung, Nachblutung, Thrombose, Embolie, HIT)
    • Ggf. Konversion zur offenen Technik bei Komplikationen
    • Postlaparoskopisches Schulterschmerzsyndrom
    • Wundheilungsstörung
    • Postoperativer Ileus
    • Verwachsungen

    Spezielle Komplikationen:

    Stomakomplikationen sind nicht selten und beruhen auch auf technischen Unzulänglichkeiten wie Durchblutungsstörungen, fehlender Spannungsfreiheit oder zu engem Stomakanal und falscher Positionierung. Aber auch bei regelrechter Anlage sind nicht alle Komplikationen zwingend vermeidbar:

    • Parastomale Hernie
    • Stomaprolaps
    • Stomastenose
    • Stomafistel
    • Retraktion (Einziehung unter Hautniveau)
    • Peristomale Entzündung
    • Stomaausriss
  6. Anästhesie

  7. Lagerung

    Lagerung
    • Rückenlagerung oder
    • Steinschnittlagerung – je nach Indikation
    • beide Arme auslagern oder
    • rechter Arm angelagert (offen),
    • linker Arm angelagert (laparoskopisch)
  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Laparoskopische Anlage:

    • Empfehlenswert ist die Stellung des Operateurs zunächst links; meist erfolgt bei Einnähen des Stomas ein Übertritt des Operateurs nach rechts.
    • Assistent steht und bleibt links.
    • OP – Pflegekraft links

    Offene Anlage:

    • Operateur rechts
    • Assistent links
    • OP – Pflegekraft links
  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    Für laparoskopische Ileostoma-Anlagen:

    • Laparoskopieturm
    • Kamera (mit entsprechender steriler Ummantelung)
    • Findet die Anlage eines Ileostomas (wie im Film) im Rahmen eines größeren Eingriffe statt, so reichen in der Regel die Trokare der „Hauptoperation“ aus (z.B. im Rahmen eines Rektumeingriffs).
    • Bei Anlage eines Ileostomas als Haupteingriff reichen normalerweise 3 Trokare aus (z.B. 1x 10 mm und 2x 5 mm).

    Für konventionelle Anlagen:

    • Gummizügel zum Anschlingen des Ileum-Loops
  10. Postoperative Behandlung

    Postoperative Analgesie:
    Nicht-steroidale Antirheumatika sind in der Regel ausreichend, ggf. kann eine Steigerung mit opioidhaltigen Analgetika erfolgen.
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Medizinische Nachbehandlung:

    Bei Verunreinigung des OP-Situs (bei größeren Eingriffen) durch Stuhl ist nach lokaler Spülung eine Fortführung der Antibiose (für 2-3 d je nach Laborwerten) empfehlenswert.

    Professionelle postoperative Anleitung und poststationär suffizient organisierte Nachsorge sind Voraussetzungen für eine gute Lebensqualität.

    Eine dauerhafte Nachsorge sowohl pflegerisch als auch medizinisch sollte für jeden Stomaträger gewährleistet sein. Durch Kontakt zu Selbsthilfegruppen (z.B. ILCO: Selbsthilfeverband von Menschen mit einem Stoma, der Name ILCO wird durch die Anfangsbuchstaben von Ileum (Dünndarm) und Colon (Dickdarm) gebildet) kann den Patienten die Angst vor einem Leben mit Stoma aus Betroffenensicht genommen werden.

    Thromboseprophylaxe:
    Bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des mittleren – hohen Thrombembolierisikos neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer, ggf. in gewichts- oder dispositionsrisikoadaptierter Dosierung bis zum Erreichen der vollen Mobilisation verabreicht werden.
Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: sofort

    Krankengymnastik: Atemtherapie (bei größerem Grundeingriff)

    Kostaufbau: sofort

    Stuhlregulierung: Gegebenenfalls

    Arbeitsunfähigkeit: Individuell angepasst – entsprechend der Operationsindikation. Arbeiten mit stärkerer körperlicher Belastung sind wegen der Prolaps- und Herniengefahr generell ungeeignet.

    Stomapflege: Erlernen der Entleerungs-/Säuberungstechniken. Einlernen von Lebenspartnern. Sicherstellung einer guten Stomaversorgung daheim, z.B. durch mobile Pflegedienste. Unterstützung durch Patientenorganisationen (z.B. ILCO).

    Ernährung: Keine salzarme Ernährung, ausreichende Trinkmenge von 2-3 l täglich, eine Urinausscheidung von 1000 ml/24h sollte nicht unterschritten werden. Eindickende Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis, Bananen. Meidung von faserhaltigen Lebensmitteln, um einer Stomablockade vorzubeugen.