Komplikationen - Pyloruserhaltende Duodenohemipankreatektomie nach Traverso-Longmire mit T-Drainage (pp-Whipple)

  1. Prophylaxe und Management intraoperativer Komplikationen

    1.1 Verletzung von Organen

    • Magen: sehr selten Deserosierung möglich > Übernähung
    • Darm: selten Deserosierung möglich > Übernähung
    • Leber: selten Blutung oder Galleleck > Elektrokoagulation, Lebernaht

    1.2 Gefäßverletzungen

    • V. portae/V. mesenterica superior: bei Resektion möglich > Übernähung, Teilresektion und End-zu-End-Naht
    • A. hepatica communis, dextra, sinistra: bei starker Entzündung möglich > Patch, Teilresektion und End-zu-End-Naht
    • Verletzung des Mesocolon transversum mit Perfusionsstörung des Colon transversum: sehr selten > Resektion des ischämischen Darmsegments und End-zu-End-Anastomose

    Vermeidung intraoperativer Komplikationen durch sorgfältige Präparation!

  2. Prophylaxe und Management postoperativer Komplikationen

    2.1 Pankreasfisteln (POPF = postoperative pancreatic fistula; Definition und Klassifikation nach ISGPF)

    Bei einer Anastomoseninsuffizienz nach Pankreasresektion führt das in die freie Bauchhöhle austretende Pankreassekret bei nicht ausreichender Drainage zur Arrosion benachbarter Gefäße oder Anastomosen. Die Pankreasenzyme werden vom Pankreas zum Schutz vor einer Autodigestion als inaktive Vorstufen sezerniert, die erst durch die Enteropeptidase des Dünndarms (im Anastomosenbereich) in die aktive Form umgewandelt werden.

    Aufgrund unterschiedlichster Definitionen der Pankreasfistel wurde 2005 von der International Study Group für Pancreatic Fistula (ISGPF) eine Konsensusdefinition erarbeitet, die auf der Amylasekonzentration in der Drainageflüssigkeit basiert:

    Eine postoperative Pankreasfistel besteht ab einer 3-fach erhöhtenAmylasekonzentration in der Drainageflüssigkeit (im Vergleich zur Amylasekonzentration im Serum) ab dem 3. postoperativen Tag.

    Die klinischen Auswirkungen der postoperativen Pankreasfistel werden in die Grade A – C eingeteilt.

    Grad A:

    • klinisch unauffälliger Patient, persistierende Fistelung über die Drainage, keine intraabdominelle Flüssigkeitsansammlung (CT)
    • keine therapeutische Konsequenzen; stationäre Verweildauer nicht verlängert

    Grad B:

    • klinisch stabiler Patient, peripankreatische Flüssigkeit (CT), die nicht vollständig über die liegende Drainage abtransportiert wird
    • Antibiose, orale Nahrungskarenz, Belassen der Drainage; ggf. invasive Intervention (CT-gesteuerte Drainage); stationäre Verweildauer meist verlängert

    Grad C:

    • klinisch instabiler Patient (Sepsis)
    • Intensivstation, interventionelle Drainage oder Re-Laparotomie; häufig: Blutungskomplikationen; deutlich erhöhte Mortilität!

    Drainagen-Management:

    • bei liegender Zieldrainage:
      – Drainage belassen und für sichere Fixierung sorgen
      – bei infizierter Pankreasfistel Abstrichentnahme und Antibiose, Initialtherapie gemäß Antibiogramm des intraoperativ entnommenen Gallengangs-Abstrichs, bei Vorliegen eines neuen Abstrichergebnisses ggf. Antibiose anpassen
    • bei bereits entfernter Zieldrainage:
      – CT-gesteuerte Drainage-Anlagen oder transgastrale Drainage

    Es empfiehlt sich eine CT-Angiographie zum Ausschluss eines Pseudoaneurysmas, das infolge einer entzündlichen Gefäßarrosion auf dem Boden einer Pankreasfistel z.B. im Bereich der A. gastroduodenalis, A. lienalis, A. mesenterica sup. oder einer Leberarterie entstehen kann. Bei Vorliegen eines Aneurysmas sollte über eine Angiographie die Versorgung durch Einlage eines gecoverten Stents erfolgen oder alternativ eine Coil-Embolisation durchgeführt werden. Ultima Ratio ist eine Re-Laparotomie.

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Pankreasfisteln finden Sie hier: Pankreasfistel

    2.2 Postoperative Blutung (PPH = postpancreatectomy hemorrhage; Definition und Klassifikation nach ISGPS)

    Die Besonderheit einer postoperativen Blutung nach partieller Pankreasresektion im Vergleich zu Blutungen nach anderen chirurgischen Eingriffen besteht in den zahlreichen möglichen Varianten bezüglich Ursache, Zeitpunkt, Lokalisation und Schweregrad.

    Blutungsbeginn

    • früh = < 24 h postoperativ
    • spät = > 24 h postoperativ

    Lokalisation

    • Intraluminal (primär ins Darmlumen):
      Stress-Ulcus, Anastomosenregion, anastomosierte Pankreasresektionsfläche, Pseudoaneurysma
    • Extraluminal (primär in die freie Bauchhöhle):
      Pankreasloge, Resektionsgebiet, Leber, Anastomosenregion, abgesetzte Gefäße, Pseudoaneurysma
    • Kombiniert:
      Pseudoaneurysma > tryptische Arrosion der Gefäßwand durch Pankreassekret mit Ausbildung eine perivaskulären Hämatoms, das sich entweder nach intraabdominell entlasten (extraluminal) oder Anschluss an den GI-Trakt finden kann, z.B. über eine insuffiziente Anastomose (intraluminal).

    Schweregrad

    • Leicht:
      geringer bis mittlerer Blutverlust, Hb-Abfall < 3 g/dl nur leichte Beeinträchtigung des Patienten keine chirurgische Intervention erforderlich Endoskopie und Volumen/EK-Substitution ausreichend (1-3 EK)
    • Schwer:
      starker Blutverlust, HB-Abfall > 3 g/dl
      starke Beeinträchtigung des Patienten (Tachykardie, Hypotension, Oligurie, Schock), Substitution > 3 EK erforderlich
      invasive Maßnahmen indiziert: Angiographie mit Coiling oder Stenting, Re-Laparotomie

    Die Ursache für frühe extraluminale Blutungen ist oft eine unzureichende intraoperative Hämostase, späte extraluminale Blutungen hingegen entwickeln sich meist infolge einer Arrosion von Blutgefässen oder Pseudoaneurysmen. Die größte Gefahr für den Patienten geht von späten extraluminalen Blutungen aus. Als ein wichtiger Risikofaktor für späte Blutungen gilt die postoperative Pankreasfistel, ferner bestehen Assoziationen mit Galleleck, intraabdominellem Abzess und Sepsis.

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Spätblutung nach Pankreaseingriffen finden Sie hier: Spätblutung

    2.3 Magenentleerungsstörung (DGE = delayed gastric emptying; Definition und Klassifikation nach ISGPS)

    • Belassen oder Neuanlage der Magensonde
    • Prokinetika (MCP i.v., Prostigmin)
    • Parenterale Ernährung

    2.4 Insuffizienz der biliodigestiven Anastomose

    • Stabiler Patient ohne Peritonitis-Zeichen: Zieldrainage belassen, Fördermenge kontrollieren, weitere Diagnostik per CT, ggf. MRCP
    • Revision mit Einlage einer T-Drainage und Übernähung; Neuanlage der Anastomose selten indiziert

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Gallefisteln finden Sie hier: Gallefistel

    2.5 Insuffizienz der Dünndarmanastomose

    • Austritt von Dünndarmsekret über die Wunde, suspekte Drainageflüssigkeit, d.h. entweder eindeutig Dünndarmsekret oder Sekret mit erhöhter Bilirubin- oder Amylasekonzentration im Vergleich zum Serum, orale Gabe von Toluidinlösung und deren Austritt über die liegende Zieldrainage
    • Bereits entfernte Drainagen: sonographisch oder CT- gesteuerte Punktion, ggf. mit Drainage
    • Eine MDP oder ein CT mit wasserlöslichem Kontrastmittel kann die Leckage einer Dünndarmanastomose nicht sicher ausschließen!
    • Entscheidend ist die klinische Einschätzung des Patienten: Schmerzen mit Zeichen einer lokalen oder generalisierten Peritonitis, Sepsis-Anzeichen mit Anstieg der Infektparameter im Labor > auch bei nicht eindeutiger Diagnostik zügige Indikationsstellung zur Re-Laparotomie!

    Einen Algorithmus zum Vorgehen bei Dünndarmfisteln finden Sie hier: Dünndarmfistel