- ausgewählte Vene (V. cephalica oder basilica) wider Erwarten ungeeignet (z. B. Teilthrombosierung) oder ausgeprägte Arteriosklerose der A. radialis
- je nach Situation Ausweichverfahren, z. B. Ellenbeugendirekt-Shunt, Collier-Shunt (axillo-axillär) oder Anlage eines Unter- oder Oberarm-Loop-Shunts
-
Intraoperative Komplikationen
-
Postoperative Komplikationen
Periphere Stenosen
Hinweise auf zunehmende Obstruktion:
- Veränderung im Schwirren des Shunts
- Veränderung des Auskultationsgeräuschs (Extremfall: „Möwenschrei“ bei hochgradiger Stenose)
- sich lokal ausweitende Abschnitte des Shunts
- ungenügende Dialysequalität („failing shunt“)
Diagnostik: farbkodierte Duplexsonographie evtl. Angiographie
- Blutflussreduktion um mehr als 25 % bzw. unterschrittener Absolutwert von 300ml/min für AV-Fistel des Unterarms bzw. 600 ml/min für Prothesenshunt
- Beurteilung des Anastomose
- Nachweis von Stenosen
- bei zentral gelegenen Stenosen: Angiographie
Bei radiocephalen Shunts finden sich in bis zu 75 % der Fälle die Stenosen in unmittelbarer Nähe zur Anastomose, bei Oberarm-Shunts (V. cephalica o. V. basilica) in ca. 50 % der Fälle im Mündungsgebiet der Shuntvene (V. subclavia, V. axillaris).
Shuntverschluss - Einteilung nach Mickley*
Native AV-Fistel Typ 1 proximal anastomosennahe Stenose der Vene Typ 2 mittlerer Abschnitt Stenose im Punktionsbereich des Shunts Typ 3 distal Stenose im Bereich des venösen Zusammenflusses Kunststoffshunt Typ 1 proximal Stenose der arteriellen Anastomose Typ 2 mittlerer Abschnitt Stenose im mittleren PTFE-Shuntabschnitt Typ 3 distal Stenose der venösen Anastomose mit der PTFE-Prothese (distales Segment) *Mickley V (2004) Stenosis and thrombosis in hemodialysis fistulae and grafts: the surgeons`s point of view. Nephrol Dial Transplant 19:309–311
Therapie
- frühzeitige Intervention bereits beim „failing shunt“, keine komplette Stenosierung abwarten
- anastomosennahe Stenosen am Unterarm: Proximalisierung der Anastomose
- Stenosen im venösen Anteil des Shunts: perkutane Ballonangioplastie
- Rezidivstenosen: chirurgisches Vorgehen; kurzstreckige Stenose → Patchplastik, langstreckige Stenose → Interponat
Zentralvenöse Stenosen
Ursache
- oft Spätfolge von zentralen Venenkathetern, schleichende Entwicklung
Klinik
- Leitsymptom: ödematöse Umfangsvermehrung des Armes!
- evtl. auch vermehrte Venenzeichnung im Bereich des Oberarmes u. Thoraxapertur
- kompletter Verschluss mit fehlendem Kollateralkreislauf: Nekrosen im Handbereich möglich
Diagnostik
- MR-Phlebographie
- Angiographie in Interventionsbereitschaft
Therapie
- kathetertechnische Intervention
- 1-Jahres-Offenheitsrate einer PTA bis zu 43 %, in Kombination mit Stenteinlage 70 %
- mechanische Probleme bei Stentimplantation V. subclavia zwischen Klavikula und 1. Rippe → evtl. Resektion der 1. Rippe erforderlich
- 1-Jahres-Offenheitsrate von Patch- o. Bypasschirurgie fast 90 %
- evtl. Alternative: Bypass V. axillaris zur V. jugularis interna
Shuntthrombosen
Ursache
- meist präexistente Stenose
Diagnostik
- Krankengeschichte: erste Hinweise, z. B. bereits dokumentierte Stenosen, frühere Ballondilatationen
- klinische Untersuchung: aneurysmatische Erweiterung stenosennahe weist auf Engstellung hin
- farbkodierte Duplexsonographie von untergeordneter Bedeutung, aber trotzdem nützlich: Ausdehnung der Thrombose, vorgeschaltetes Inflow-Problem, zentrale Abflussstörung
Therapie
- Notfall bei nativen AV-Shunts wegen drohendem Schaden der Gefäßwand infolge thrombophlebitischer Entzündungsreaktion
- zeitnahe Intervention auch bei Prothesen-Shunts, allerdings ist meist auch nach 1 Woche noch eine erfolgreiche Rekanalisation möglich
- Thrombektomie mittels Fogarty-Katheter, bei Prothesen auch Graftthrombektomiekatheter
- evtl. auch Patchangioplastie, Proximalisierung der arteriellen oder Transposition der venösen Anastomose oder Interponat erforderlich
- unmittelbar intraoperativ erforderliche Kontrolle: Flussmessung, Angiographie oder farbkodierte Duplxsonographie
- lokale Lysetherapie hat an Bedeutung verloren
Rezidivierende Shuntverschlüsse ohne morphologisch greifbare Ursache
- Kompression von außen (z. B. im Schlaf)
- „low cardiac output“
- Hypotonie
- Hämatokriterhöhung (nach Dialyse)
- nicht erkannte Gerinnungsstörung
Aneurysma
Morphologie
- langstreckige Aussackung mit dünner Gefäßwand in Kombination mit hohem Blutfluss oder einer Stenose
Ursache
- Gefäßwandzerstörung und Ersatz durch Narbengewebe durch wiederholte Punktionen (an gleicher Stelle)
- Degeneration des Materials bei PTFE-Prothesen
- selten: Infektion
Therapie
Shuntaneurysmen stellen per se keine OP-Indikation dar, aber:
- Intervention bei drohenden Komplikationen erforderlich, z. B. wandständige Thromben, Thrombophlebitis, Infektion, drohende Perforation, kardiale Überbelastung
- auch: ideale Platzierung der Kanüle zwecks Dialyse nicht mehr möglich; aneurysmatische Erweiterungen sollten prinzipiell nicht punktiert werden weil oft teilthrombosiert
Therapieoptionen
- Aneurysmaresektion mit Direktanastomosierung
- Aneurysmaresektion mit Interponat
- Aneurysmographie (Resektat kann als Patch verwendet werden)
- AV-Shunt-Neuanlage
Pseudoaneurysma (Aneurysma spurium)
Pathophysiologie
- Punktionsstelle des Shunts wird durch lokalen Thrombus verschlossen und darüber durch Bindegewebe gesichert
- bei Versagen des o.g. Mechanismus, zusätzlicher Superinfektion des perivaskulären Hämatoms oder Druckschädigung der Haut mit Nekrose -> drohende Ruptur mit evtl. Massenblutung
Therapie
Rasche Intervention bei expandierendem oder infiziertem Pseudoaneurysma
- bei aktiver (Massen)Blutung Druckverband, Oberarmblutsperre
- Interponat zur Überbrückung: Kunststoffgraft, Bioprothese, in Ausnahmefällen Veneninterponat
- Graft nicht ins gleiche Wundbett des betroffenen Shuntabschnitts legen, sondern i.S. eines Over-Bypasses umfahrend tunnelieren
- nach Anschluss des Interponats Entfernung des defekten und ggf. infizierten Shuntsegments
- Stentgraft nur, wenn bakterielle Besiedlung sicher ausgeschlossen ist; „covered stents“ verkürzen die Punktionsstrecke des Shunts!
Frühinfekt (bis 30 Tage postoperativ)
Häufigkeit
- bei nativen Shunts (AV-Fistel) ca. 0,5 – 3,5 %
- bei Kunststoffprothesen 5 – 8 %
- 20–35% der Todesfälle der Dialysepatienten sind auf Infektionen zurückzuführen
Ursache
- meist infizierte Hämatome
- häufigste Erreger: Staph. aureus, MRSA, Enterokokken
Klinik/Diagnostik
- Überwärmung, Schwellung
- Fieber fakultativ
- Labor: Anstieg Leukozyten, CRP, ggf. positive Blutkulturen
Therapie
nativer Shunt/AV-Fistel
- Hämatomausräumung, Abstrich, Drainage, Antibiose
- Shunt kann i.d. R. erhalten werden
Kunsstoffprothese
- Entfernung der Prothese meist indiziert
- autologer oder xenogener Patch zur Defektdeckung an Arterie
- Abstriche und Gewebeproben von versch. Lokalisationen
- offene Wundbehandlung
- resistogrammgerechte Antibiose
- Dialyse via temporärem ZVK
- erneute Fistelanlage erst nach Normalisierung der Entzündungsparameter und Konsolidierung der Hautverhältnisse; i.d.R. frühestens nach 4 Wochen, evtl. Shunt am Gegenarm
Differentialdiagnose abakterielle Perigraftreaktion
- gelegentlich nach PTFE-Prothesen-Implantation
- Patienten meist afebril
- Wundnaht reizlos
- spontane Normalisierung des klinischen Verlaufs und der Laborwerte
Infektprävention
- atraumatisches Operieren
- subtile Blutstillung
- Inzisionen nach Möglichkeit nicht über Prothesenverlauf
Spätinfekt (> 30 Tage postoperativ)
Klinik
- Septikämien unklarer Ätiologie
- suspekte Hautverhältnisse im Shuntbereich
- punktionsbedingte, lokale infektiöse Komplikationen
Diagnostik
- farbkodierte Duplexsonographie, CT, MRT: periprothetischer Flüssigekeitssaum
- evtl. auch Leukozytenszintigraphie oder Positronenemissionstomographie (PET): Nachweis von periprothetischen Leukozytenkolonien
- Nachweis von infizierten Pseudoaneurysmen
Therapie
- s. Pseudoaneurysmen
Steal-Syndrom
Der Abstrom von Blut im Bereich der AV-Anastomose in das Niederdrucksystem der Vene führt immer zu einer Drucksenkung im distalen arteriellen Schenkel und in der Peripherie. Die Höhe dieses Druckabfalles ist abhängig vom peripheren Widerstand der zuführenden Arterie (Durchmesser und Länge) und dem Shuntvolumen. Je höher das Shuntvolumen und je höher der arterielle Widerstand, umso höher ist der periphere Druckabfall.
Allgemeines
- Fistelanlage führt in bis zu 80 % der Fälle zu einer Veränderung der peripheren Perfusion
- symptomatische Extremitätenischämie in 1 % bei Cimino-Fisteln (A. radialis → V. cephalica) und in ≥ 10 % bei Ellenbeugefisteln, durchschnittlich bei 6 – 8 % aller Dialysepatienten
- Frauen sind häufiger betroffen als Männer
- Risikofaktoren: PAVK, Diabetes, hohes Alter, vorausgegangene AV-Shunt-OP
AV-Fisteln mit „high flow“ und „low flow“
- Ischämie durch hohen Volumenfluss (> 1000 – 1500 ml/min, sog. Hochflussfisteln)
- Ischämie mit normalem Volumenfluss, periphere Minderperfusion durch lokale Veränderungen des Gefäßbetts, klassisches Steal-Phänomen
Klassisches Steal-Phänomen
Minderperfusion der Peripherie durch:
- Blutfluss distal der AV-Anastomose über Kollateralen retrograd Richtung Shuntgefäß
- Stenose im arteriellen Einstrom
- Rarefizierung des peripheren arteriellen Gefäßbetts
Klinische Einteilung des Steal-Syndrom
Stadium Charakteristika I blaue, blasse und/oder kalte Finger, keine Schmerzen II Schmerzen unter Belastung oder während Dialyse III Ruheschmerz IV Ulzerationen, Nekrosen, Gangrän der Finger Therapie
Hochflussfisteln → Flussreduktion durch Banding
- bei nativen Shunts durch raffende Naht oder unter Verwendung eines Kunststoffpatches
- bei Kunststoffprothesen (auch alternativ auch bei nativen Shunts) Interposition einer „tapered Prothese“, bei der das Lumen von 4 auf 6 mm konisch zunimmt
klassisches Steal-Phänomen → Verbesserung der peripheren Perfusion
- bei Cimino-Fistel wird die Unterbindung des retrograden Blutflusses in die Shuntvene durch Ligatur der A. radialis distal des AV-Shunts empfohlen → verschlimmert in der Regel die Ischämie der Hand!
- bei brachialen Fisteln bleibt Perfusion nach distal trotz Ligatur meist ungenügend; daher zusätzlich Bypass in den Gefäßbaum distal der Ligatur (DRIL = distale Revaskularisation mit Intervallligatur)
- Proximalisierung des AV-Shunts vergrößert das Gefäßbett, das nach distal mehr Kollateralen versorgen kann
- distale Verlagerung der Anastomose (RUDI = „revision using distal inflow“), bessere periphere Perfusion durch Belassen der A. ulnaris oder A. radialis in der Zirkulation
- Stenosierung im Einstromgefäß → kathetertechnische Intervention
- Ausnahmefälle: Shunt aufheben, auf Gegenseite verlegen, Peritonealdialyse