Evidenz - Uniportale Keilresektion und Pleurektomie

  1. Krankheitsbild Pneumothorax

    Entstehung und Einteilung

    Erstmalig wurde der Spontanpneumothorax 1933 von Kjaergaard mit dem pathophysiologischen Mechanismus einer Ruptur eines peripheren Lungenbläschens und Austreten von Luft beschrieben. (1) Freie Luft im Pleuraraum wurde erstmalig sogar 1910 durch Laennec im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen, häufig der Tuberkulose,  diagnostiziert. Die Inzidenz wird derzeit mit 22 Fällen auf 100.000 Einwohner pro Jahr angegeben, wobei das Verhältnis von Männern zu Frauen 3:1 beträgt. (2)

    Klinische Einteilung

    • Primärer Spontanpneumothorax

    Der primäre Spontanpneumothorax betrifft per Definition ohne äußere Einwirkung und spontan lungengesunde Menschen mit einem Altersgipfel unterhalb des 30. Lebensjahrs. Eine Assoziation zu anderen bekannten Lungenerkrankungen besteht nicht. Als klinisch relevante Sonderformen sind der  Spannungspneumothorax und der spontane Hämatopneumothorax abzugrenzen. Beide Formen treten in bis zu 5% der Fälle mit Spontanpneumothorax auf und bedürfen einer sofortigen Behandlung. (3, 4)

    • Sekundärer Spontanpneumothorax

    Beim sekundären Spontanpneumothorax ist in der Anamnese des Patienten eine Lungenerkrankung zu finden. Diese Form des Pneumothorax tritt daher häufiger im höheren Lebensalter als Manifestation eines schweren Lungenemphysems, eines Bronchialkarzinoms und anderen Lungenerkrankungen auf. Hier tritt deutlich häufiger ein Spannungspneumothorax auf als beim Spontanpneumothorax (15-30%). (3)

    • Traumatischer Pneumothorax

    Der traumatische Pneumothorax definiert sich durch eine äußere Einwirkung, wobei die häufigste Ursache eine ärztliche Maßnahme, beispielsweise iatrogen nach Punktion, darstellt. Auch ein penetrierendes oder stumpfes Thoraxtrauma kann durch direkte Lungenverletzung oder schwere Kontusion mit Zerreißung des Lungenparenchyms einen Pneumothorax versursachen. 

    • Katamenialer Pneumothoprax

    Der katameniale Pneumothorax ist eine seltene Sonderform des Spontanpneumothorax, bei der Endometrioseherde auf der Lungenoberfläche einen zyklusabhängingen Pneumothorax auslösen.

    Symptomatik

    Die klinische Sympomatik eines Pneumothorax ist sehr variabel, besteht jedoch zumeist aus einer Kombination von Brustschmerzen und Luftnot. Ein anamnestischer Zusammenhang zu körperlicher Aktivität spielt keine Rolle und ist in der Literatur auch nicht belegt. Beim Spannungspneumothorax kommt es zur Ausbildung eines Ventilmechanismus und damit zur kontinuierlichen Zunahme des intrathorakalen Drucks mit Kompression des venösen Rückflusses zum Herzen. Daraus abzuleiten sind die klinischen Symptome bestehend aus Tachykardie, Blutdruckabfall, Tachypnoe, Dyspnoe und Luftnot, sowie in späten Stadien die obere Halsveneneinflussstauung, Hypoxie und ein kardiogener Schock. Beim spontanen Hämatopneumothorax kommt es durch Abriss eines gut vaskularisierten Adhäsionsstrangs und der Kombination aus negativem intrathorakalen Druck und guter Durchblutung der Pleura zu einem raschen Blutverlust von 1-3 Litern. Neben der typischen Bildgebung kann beim Hämatopneumothorax zusätzlich ein Hämoglobinabfall und im Verlauf ein hypovolämischer Schock diagnostiziert werden. (4)

    Bildgebende Diagnostik

    Bei variabler Symptomatik kommt der Bildgebung bei der Diagnostik eine entscheidende Bedeutung zu. Dem Thorax-Röntgen steht hierbei die Thorax-Sonographie gegenüber. Mit entsprechender Erfahrung ist die Sonographie dem einfachen Röntgenbild überlegen und erreicht eine ähnliche Sensitivität wie die Computertomographie. Durch die bettseitige Verfügbarkeit, schnelle Durchführbarkeit und fehlen jeglicher Strahlenbelastung ist die Sonographie die ideale Untersuchung für das Krankheitsbild. Auch zur späteren Therapie mittels Drainage kann die Sonographie genutzt werden, um die Inzisionshöhe festzulegen und beispielsweise einen Zwerchfellhochstand auszuschliessen. Bei ausgeprägten Vorerkrankungen der Lunge oder thorakaler Voroperation ist die Beurteilung der Sonographie ungleich schwieriger, weshalb hier oft ein Röntgenbild und gegebenenfalls eine Computertomographie sinnvoll sind. 

    Behandlung

    Die Behandlung jeglicher Formen des Pneumothorax erfordert in der Regel die Anlage einer Thoraxdrainage und Anschluss eines kontinuierlichen Ableitsystems zur Unterstützung der Reexpansion der Lunge. Die konservative nicht interventionelle Therapie wird viel diskutiert und international unterschiedlich praktiziert. Bei Patienten mit kleinem Pneumothorax (unter 20% des Hemithoraxvolumens) und klinischer Beschwerdefreiheit ist auch das Beobachten adäquat. 

    Rezidiv und Operation

    Das Rezidivrisiko liegt für Patienten mit spontanem Pneumothorax bei 20-30%. (6) Bei großem Pneumothorax, bullösen Veränderungen der Lungenspitze oder anamnestischem Rezidiv kann dieses Risiko auf 70 - 100% ansteigen. (7)

    Die Operation eines Pneumothorax ist also nicht nur bei persistierender Luftfistel oder insuffizienter Drainage indiziert, sondern auch als Rezidivprophylaxe bei einer entsprechenden Risiko-konstellation. Mittels videoassistierter Thorakoskopie, Lungenspitzenresektion und Pleurektomie kann das Risiko auf 2-8% gesenkt werden. (8)

  2. Aktuell laufende Studien zu diesem Thema

    Derzeit wird eine große klinische Studie an 26 Lungenfachkliniken zur Erarbeitung des Behandlungsstandards Pneumothorax durchgeführt.

    Studie: WOPP (http://www.wopp-studie.de)

  3. Literatur zu diesem Thema

    (1) Young, R. A. “Spontaneous Pneumothorax.” The British Medical Journal, vol. 2, no. 3953, 1936, pp. 699–701. JSTOR, http://www.jstor.org/stable/25354208. Accessed 22 Mar. 2023.

    (2) Schnell J, Beer M, Eggeling S, Gesierich W, Gottlieb J, Herth FJF, Hofmann HS, Jany B, Kreuter M, Ley-Zaporozhan J, Scheubel R, Walles T, Wiesemann S, Worth H, Stoelben E. Management of Spontaneous Pneumothorax and Post-Interventional Pneumothorax: German S3 Guideline. Respiration. 2019;97(4):370-402. doi: 10.1159/000490179. Epub 2018 Jul 24. PMID: 30041191.

    (3) Roberts DJ, Leigh-Smith S, Faris PD, Blackmore C, Ball CG, Robertson HL, Dixon E, James MT, Kirkpatrick AW, Kortbeek JB, Stelfox HT. Clinical Presentation of Patients With Tension Pneumothorax: A Systematic Review. Ann Surg. 2015 Jun;261(6):1068-78. doi: 10.1097/SLA.0000000000001073. PMID: 25563887.

    (4) Tay CK, Yee YC, Asmat A. Spontaneous hemopneumothorax: our experience with surgical management. Asian Cardiovasc Thorac Ann. 2015 Mar;23(3):308-10. doi: 10.1177/0218492314561502. Epub 2014 Nov 18. PMID: 25409674.

    (6) Olesen WH, Lindahl-Jacobsen R, Katballe N, Sindby JE, Titlestad IL, Andersen PE, Licht PB. Recurrent Primary Spontaneous Pneumothorax is Common Following Chest Tube and Conservative Treatment. World J Surg. 2016 Sep;40(9):2163-70. doi: 10.1007/s00268-016-3508-z. PMID: 27091206.

    (7) Ried, Michael, Grosser, Christian, Szöke, Tamas, Potzger, Tobias, Neu, Reiner, Suttner, Tobias und Hofmann, Hans-Stefan (2018) Burden between Undersupply and Overtreatment in the Care of Primary Spontaneous Pneumothorax. The Thoracic and Cardiovascular Surgeon 66 (07), S. 575-582.

    (8) Czerny M, Salat A, Fleck T, Hofmann W, Zimpfer D, Eckersberger F, Klepetko W, Wolner E, Mueller MR. Lung wedge resection improves outcome in stage I primary spontaneous pneumothorax. Ann Thorac Surg. 2004 May;77(5):1802-5. doi: 10.1016/j.athoracsur.2003.10.057. PMID: 15111189.

Reviews

Eggeling S. Pneumothorax [Pneumothorax]. Zentralbl Chir. 2021 Feb;146(1):126-144. German. doi: 10.1

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