Perioperatives Management - Ösophagusresektion

  1. Indikationen

    Maligne Ösophagustumore:

    • Karzinome (Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome)
    • Sarkome (selten)

    Benigne langstreckige Stenosen:

    • Verätzungen (Säure/Lauge)
  2. Kontraindikationen

    • Leberzirrhose
    • schwere Lungengerüsterkrankungen (COPD, Lungenfibrose)
    • schwere Herzinsuffizienz
    • schwere koronare Herzinsuffizienz
  3. Präoperative Diagnostik

    Bioptische Sicherung
    In erster Linie erfolgt die endoskopische Abklärung der Diagnose mit bioptischer Sicherung. Hier bei sollte über eine Biopsie Klarheit darüber gewonnen werden, ob es sich bei einem malignen Tumor um ein Adeno- oder ein Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre handelt. Häufig ist diese Differenzierung bereits bei der Erstendoskopie erfolgt. Es verbleiben aber immer wieder Fälle, in denen die Differenzierung nicht klar gelungen ist, so dass Rebiopsien notwendig werden. Darüber hinaus ist beim Adenokarzinom zu klären, ob es sich um ein Barett-Karzinom oder eher um ein Kardiakarzinom handelt.

    Das weitere Vorgehen orientiert an dieser histologischen Diagnose:

    • Plattenepithelkarzinom
      Beim Plattenepithelkarzinom, das in den letzten Jahren zunehmend seltener wird, gilt es, beim präoperativen Staging folgendes zu beachten: in Anbetracht der longitudinalen Ausdehnung der Plattenepithelkarzinome ist endoskopisch nach Schleimhautmetastasen oral oder aboral des Tumors zu suchen. Des Weiteren sollte endoskopisch ein mögliches Zweitkarzinom vor allem im Bereich des Hypopharynx ausgeschlossen werden. Ferner sollte die Endoskopie durch den endoskopischen Ultraschall (EUS) ergänzt werden, um einen Eindruck über die Wandinfiltrationstiefe und die Umgebungsbeziehung des Tumors zu erhalten. Nur unzureichend oder gar nicht darstellbar über die Endosonographie ist das Tracheobronchialsystem. Hat der Tumor Bezug zum Tracheobronchialsystem bzw. ist er oral der Trachealbifurkation gelegen, muss endoskopisch eine Abklärung des Tracheobronchialsystems erfolgen, um einen Tumoreinbruch in dieses System auszuschließen. Zum Ausschluss von Fernmetastasen und zur Bewertung der Lagebeziehung des Tumor zu Nachbarorganen muß die endoskopische Diagnostik durch ein CT-Thorax und- Abdomen ergänzt werden.
    • Adenokarzinom
      Handelt es sich um ein Adenokarzinom, ist zusätzlich die histologische Sicherung der Barrett-Mukosa in der Tumorumgebung anzustreben, so weit dies neben dem Tumor noch möglich ist. Endoskopisch ausgeschlossen werden sollte das Vorliegen eines Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs Sievert Typ II bzw. III, weil sich hieraus andere therapeutische Konsequenzen ergeben würden(z. B. transhiatal erweiterte totale Gastrektomie). Liegt ein Barrett-Karzinom vor, sollte die Staging-Untersuchung im Prinzip gleichartig verlaufen, d. h. durch Endoskopie, EUS und CT, wobei allerdings die Abklärung des Tracheobronchialsystems in den Hintergrund tritt, da die Barrett-Karzinome in aller Regel aboral der Trachealbifurkation gelegen sind. In Anbetracht der meist distalen Lokalisation, ist eine Mitbeteiligung der Bauchhöhle allerdings nicht selten, so dass einediagnostische Laparoskopie beim lokal fortgeschrittenen Barrett-Karzinom erfolgen kann, um eine mögliche Peritonealkarzinose (in ca. 20% der Fälle) nachzuweisen. Entscheidend für das weitere therapeutische Vorgehen ist in erster Linie die R0-Resektabilität und die Differenzierung in T1/T2-Tumore bzw. T3/T4-Tumore. Auf dem Boden der T-Kategorie bzw. der R0-Resezierbarkeit er folgt die Stratifizierung in Hinblick auf primäre Operation oder neoadjuvante Therapieprotokolle.

    PET-Imaging
    Eine zunehmend größere Bedeutung in der präoperativen Staging-Untersuchung hat in letzter Zeit das PET-Imagingerfahren, bevorzugt in Form der PET-CT. Die PET-CT ermöglicht neben der Identifikation von Fernmetastasen auch die Beurteilung der Intensität des Tumormetabolismus und erlaubt daher vor allem bei einer Entscheidung zugunsten einer neoadjuvanten Therapie eine frühzeitige Responseevaluation mit entsprechenden therapeutischen Konsequenzen.
    Eine Routinekolondiagnostik z. B. durch Koloskopie für die Verwendung des Kolons als mögliches Ersatzorgan erscheint nicht notwendig.

    Präoperative Risikoabschätzung
    Da es sich bei Patienten, die an einem Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre erkranken, bzw. solche mit einem Barrett-Karzinom, um ganz unterschiedliche Populationen handelt, sind auch die notwendigen Untersuchungen hinsichtlich der präoperativen Risikoabschätzung bei den beiden Tumorentitäten unterschiedlich. Bei beiden Gruppen muß man allerdings von Alkohol- und Nikotinabusus ausgehen. Daraus ergeben sich deutliche Verschlechterungen der Lungen- und Leberfunktion (COPD, Lungenfibrose, Leberverfettung, Leberzirrhose). Die entsprechenden präoperativen Untersuchungen wie Lungenfunktionsdiagnostik sowie Abklärung der Leberfunktionsparameter im Serum (Albumin, CHE, Quick, y-GT, AP, Bilirubin, Thrombozyten, etc.) sind erforderlich. Patienten mit einem Barrett-Karzinom haben dagegen häufig eine langjährige Refluxanamnese und sind in aller Regel übergewichtig. Ein Body-Mass-Index von über 25 wird sogar ursächlich für die Entwicklung eins Barrett-Karzinoms diskutiert. Das Übergewicht und das Alter dieser Patienten sind verantwortlich für eine hohe Rate von kardialen Begleiterkrankungen. Bei diesen Patienten ist in etwa 30% der Fälle mit einer koronaren Herzkrankheit zu rechnen, die abgeklärt (Ergometrie, Herzecho, ggfs. Myoardszintigraphie) und ggf. präoperativ therapiert (Herzkatheter-Untersuchung) werden muss. Insgesamt kann das Op-Risiko über einen Score (sog. Bartels Score) ermittelt werden, und macht damit die Risikoabschätzung objektiv.
    Die Operationsvorbereitung sollte möglichst zeitnah nach der Indikationsstellung stattfinden. Insbesondere bei exsikkierten und kachektischen Patienten sollte zunächst eine präoperative Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr bzw. eine hyperkalorische Ernährung vorgenommen werden. Zeitgleich sollte eine intensive physikalische Vorbereitunginsbesondere im Sinne von Atemgymnastik sowie Nikotinkarenz erfolgen.

  4. Spezielle Vorbereitung

    Bezüglich Ernährungstherapie s.o.
    Spezielle präoperative Vorbereitungen, wie zum Beispiel intensive Abführmaßnahmen, sind nicht erforderlich. Der Patient sollte nur standardmäßig präoperativ nüchtern gelassen werden, so wie es anästhesiologisch erforderlich ist (Minimum 2 – 6 h).

  5. Aufklärung

    Spezielle intraoperative Komplikationen:

    • z.B. eine mögliche Milzverletzung mit Splenektomie.

    Spezielle postoperative Komplikationen:

    • Insuffizienz der Ösophagogastrostomie bzw. der seitlichen Magenschlauchnaht,
    • die Anstomosenstenose mit Bougierungspflichtigkeit,
    • die Entwicklung eines Pleuraempyems,
    • die Entwicklung einer Mediastinitis,
    • die Ischämie des Magenschlauches,
    • Lungenfistel,
    • Atelektasen,
    • Pankreasfisteln,
    • Pankreatitis.

    Allgemeine Risiken:

    • postoperative Nachblutung,
    • Thrombose,
    • Embolie,
    • Lungenentzündung,
    • infektiöse Komplikationen im Sinne von Wundabszess oder intraabdominellen Abszess.

    Bei onkologischen Operationen:

    • Bei wider Erwarten großem Tumor kann unter Umständen keine R0-Resektion erreicht werden.
    • Anlegen einer Katheterjejunostomie zur postoperativen enteralen Ernährung mit den dazugehörigen Komplikationen (Ileus, Dünndarmfistel).
    • Im Falle intraoperativer Komplikationen bei der Erstellung des Magenschlauches oder zu kurzem Mageninterponat muss ggfs. ein Koloninterponat als Ersatzorgan verwendet werden.
  6. Anästhesie

    Vor Narkoseeinleitung wird bei dem wachen und kooperativen Patienten ein Epiduralkatheter gelegt, der sowohl für die intraoperative Analgesie als auch für die postoperative Schmerztherapie gernutzt wird. Die Intubation des Patienten erfolgt mit einem Doppellumentubus, der intraoperativ für den thorakalen Part der Ösophagektomie die Ein-Lungen-Ventilation links erlaubt und damit die Kompression der rechten Lunge zur besseren Exploration des Mediastinums zulässt.

    • Intubationsnarkose
    • PDK (Periduralkatheter)
    • Magensonde
    • ZVK (Zentraler Venenkatheter)
    • DK (Dauerkatheter, transurethral) bzw. intraoperative SPF (suprapubische Blasenkatheterisierung)
  7. Lagerung

    Da das operative Vorgehen der transthoraklen Ösophagektomie aus 2 Teilschritten, dem abdominellen und dem rechts-thorakalen Part, besteht, muß der Patient zunächst in Rückenlage, anschliessend in Linksseitenlage gebacht werden.

    Es gibt 2 verschiedene Varianten der Lagerung:

    • Die Operation beginnt in normaler Rückenlagerung mit linksseitig ausgelagertem Arm.
      Anschliessend erfolgt die Umlagerung in eine Linksseitenlagerung, wobei der rechte Arm auf eine mit einem Moltextuch gepolsterten Göpel- Stütze gelegt und mit einer Binde fixiert wird.
    • Der auf dem Rücken liegende Patient wird von Anfang an in eine sogenannte „Schraubenlagerung“ mit linksseitig ausgelagertem Arm und rechtwinkliger Lagerung des rechten Arms auf einer Göpelstütze gebracht. Die linke Körperhälfte wird mit 2 gepolsterten Halterungen abgestützt, die rechts-thorakale Region wird unterpolstert, so daß die laterale Thoraxwand bis zum Rücken weitgehend frei liegt. Durch maximale Linksseitwärts-Kippung des Op-Tisches kann auf diese Weise der Patient ohne Umlagerung in eine fast komplette Linksseitenlagerung gebracht werden. Diese Lagerung ist suboptimal für weit proximal gelegene thorakale Ösophagustumore.
  8. OP-Setup

    Der Operateur steht in der Regel auf der rechten Seite des Patienten, die instrumentierende Schwester steht auf der linken Seite des Patienten mit einem unter dem OP-Tisch durchgefahrenen Instrumentiertisch auf Höhe des Beckens des Patienten.
    Der 1. Assistent steht dem Operateur gegenüber, der 2. Assistent steht links neben dem Operateur.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    OP-Siebe/Haltesysteme:

    • GIA 75 zur Magenschlauchbildung (> 2 Magazine)
    • ggfs. Zirkularstapler (25mm o.28mm Staplerkopf)
    • Ulmer Seilzugretraktor + Stangen
    • Mercedessperrer (2x)
    • Bauchsieb groß, Thoraxsieb
    • ggfs. Argonbeamer
    • Saugung, ggfs. Cell-Saver
    • diverses Nahtnaterial
    • Katheterjejunostomie-Set

    Weiteres Material/Instrumentarium:

    • Uni-Set 2: 1 x
    • Klebetücher medium: 2 x
    • OP- Mäntel unbeschichtet: 1 x
    • 28 er Roganfolie: 1 x
    • Saugerschlauch mit Saugertasche: 1 x
    • Skalpellklingen Nr. 21: 2 x
    • Skalpellklinge Nr. 10: 1 x
    • Surgicleaner: 1 x
    • NaCl Spüllösung: 1 x
    • Chloramin: 1 x
    • Tupferwanne: 1 x
    • Kochsalzschüssel mit Ring: 1 x
    • suprapubischer DK: 1 x
    • 20 Ch Robinsondrainagen: 2 x
    • Thoraxdrainagen: (gebogen 28 + gerade 28/32 CH): 1 x
    • 12 er Redon + Redonflasche: 2 x
    • Handschuhe für das OP- Team
    • Hautklammerapplikator 35 W: 1 x
    • Cutiplastverband: 1 x
  10. Postoperative Behandlung

    Medizinische Nachbehandlung:
    Entscheidend ist eine frühe postoperative Extubation sowie ausreichende Schmerztherapie (Epiduralanalgesie!). Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Thromboseprophylaxe:
    Die Thromboseprophylaxe erfolgt mit einem niedermolekularen Heparin.
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation:
    Der Patient wird am Abend nach der Extubation an der Bettkante, am 2. und 3. Tag aus dem Bett heraus mobilisiert.
    Krankengymnastik:
    Die/der Krankengymnast/in hilft bei dieser Mobilisation und führt zusätzlich eine intensive Atemgymnastik durch.
    Kostaufbau:
    Im eigenen Vorgehen lassen wir den Patienten bereits am 1. postoperativen Tag schluckweise Tee trinken, am 2. Tag p.o. 3 Tassen Tee und am 3. Tag p.o. frei trinken. Der Kostaufbau wird traditionell nach 3 – 4 Tagen mit Suppe vorsichtig begonnen. Die Katheterjejunostomie kann ab dem 2. postoperativen Tag mit Tee 30ml/h befahren werden, ab dem 3. postoperativen Tag zur Hälfte aus Tee, zur Hälfte aus enteraler Ernährungslösung bestehen und in der Menge gesteigert werden.
    Bei Auffälligkeiten des Patienten (Fieber, Leukozytose, abdominelle untypische Beschwerdesymptomatik) oder Verfärbung der Drainageflüssigkeit der Thoraxdrainagen muß an eine Anastomoseninsuffizienz gedacht werde, die am ehesten bei hoher intrathorakaler Anastomose durch eine Endoskopie zu klären ist.
    Stuhlregulierung:
    Setzt der Stuhlgang nach 3 – 4 Tagen nicht von alleine ein, kann mit einem leichten Abführmittel nachgeholfen werden.
    Arbeitsunfähigkeit:
    Die Arbeitsunfähigkeit umfasst in der Regel ein Minimum von 4 Wochen.