Narkose für laparoskopische Eingriffe mit Kapnoperitoneum, z.B. Hernienchirugie, Cholezystektomie, Colonchirurgie.
Laparoskopische Operationen mit Kapnoperitoneum werden in Intubationsnarkose mit kontrollierter Beatmung durchgeführt.
1. Anästhesiologische relevante Besonderheiten bei Operationen mit Kapnoperitoneum
a) Anstieg des paCO2
b) Beeinflussung der Atemmechanik
c) Beeinflussung der Hämodynamik
d) Erhöhte Inzidenz postoperativer Übelkeit und Erbrechen (PONV)
a) Anstieg des paCO2
Das in den Bauchraum insufflierte CO2 wird rasch resorbiert und führt zu einem Anstieg des paCO2. Die Menge des pro Zeiteinheit resorbierten CO2 ist abhängig vom intraabdominellen Druck, von der Resorptionsfläche (Peritoneum) und von der Perfusion des Peritoneums bzw. der Peritonealhöhlenwand. Je höher der intraabdominelle Druck, um so stärker werden die Gefäße komprimiert und die CO2-Resorption nimmt ab. Daher nimmt am Ende des Eingriffes, nach Ablassen des CO2-Gases, dessen Resorption vorübergehend zu.
Das Atemminutenvolumen muss während des Eingriffes um etwa 20 %, selten um bis zu 50 % erhöht werden. Als Steuergröße dient hierbei die endexpiratorisch gemessene CO2-Konzentration. Bei kardial kompromittierten Patienten kann das Herzminutenvolumen durch das Kapnoperitoneum stark abfallen. In diesen Fällen ist die CO2-Eliminationskapazität deutlich eingeschränkt, sodass der paCO2 deutlich höher ist als die endexpiratorische CO2-Konzentration vermuten lässt. Eine arterielle Blutgasanalyse bringt in Zweifelsfällen Klarheit.
b) Beeinflussung der Atemmechanik
Durch das Kapnoperitoneum wird das Zwerchfell kranialwärts verlagert und die Atmung/Beatmung mechanisch behindert. Dieser Effekt kann durch operationsspezifische Lagerungsmanöver (z.B. Trendelenburg-Lagerung bei Darmeingriffen) verstärkt werden. In gleicher Weise nimmt die FRC durch die intraperitoneale Gasinsufflation und Kopftieflagerung um rund 40 % ab. Der Beatmungsspitzendruck steigt ebenfalls um etwa 40 %. Die Bifurkation der Trachea kann unter diesen Bedingungen 2 bis 3 cm kranialwärts verschoben werden. Daher ist bei einem Abfall der O2-Sättigung an eine Dislokation des Tubus mit einseitiger Ventilation zu denken.
c) Beeinflussung der Hämodynamik
Die intraperitoneale Druckzunahme geht mit einer Verminderung des venösen Rückstromes und einer Abnahme des HZV um etwa 20 % einher. Gleichzeitig nimmt der periphere Gefäßwiderstand zu. Durch den erhöhten intrathorakalen Druck steigt auch der pulmonalvaskuläre Widerstand an. Die Herzfrequenz steigt während eines Kapnoperitoneums um ca. 10 % an. Die Dehnung des Peritoneums, besonders zu Beginn der Gasinsufflation, kann zu einer Reflex-Vagotonie mit Bradykardie führen, besonders bei flacher Anästhesie. Atropin ist bei diesen Eingriffen stets griffbereit zu halten.
d) Erhöhte Inzidenz postoperativer Übelkeit und Erbrechen (PONV)
Die Inzidenz postoperativer Übelkeit und Erbrechen (PONV) wird nach laparoskopischen Eingriffen mit bis zu 50 % angegeben. Eine prophylaktische Gabe von 8 mg Dexamethason nach der Narkoseeinleitung und von 0,625 bis 1,25 mg DHB ist bei prädisponierten Patienten empfehlenswert.
Manche Anästhesisten empfehlen bei laparoskopischen Eingriffen das Legen einer Magensonde nach der Narkoseeinleitung. Hierdurch soll der Magen bei versehentlicher oder unbemerkter Luftinsufflation während der Maskenbeatmung vor Verletzungen bei der Einführung der Trokare geschützt und die Aspirationsgefahr bei der Extubation vermindert sein.
2. Voraussetzung
- Ausführliches Aufklärungsgespräch
- Körperliche Untersuchung und Anamnese ggf. hieraus resultierende Zusatzuntersuchungen
- Einverständniserklärung des Patienten
3. Beschreibung des Ablaufes
- Gerätecheck durch Anästhesiepflegepersonal
- Prämedikation des Patienten durch das Stationspflegepersonal min. 30 Minuten vor Beginn des Eingriffs mit Midazolamsaft.
- Präoxygenierung des Patienten mit 100 % Sauerstoff
- Gabe des Opioides (z. B. Fentanyl, Sufentanil) unter Beachtung der Anschlagszeit
- Nach Beginn der Opioidwirkung Injektion des Hypnotikums (z.B. Propofol) bis zum Erlöschen des Lidreflexes
- Maskenbeatmung, eventuell unter Zuhilfenahme des Guedel-Tubus
- Relaxierung des Patienten nach Kontrolle der Maskenbeatmung
- Öffnen des Mundes und Kontrolle des Zahnstatus
- Anschließend Laryngoskopie und Intubation der Trachea möglichst unter Sicht
- Kontrolle der schwarzen Markierung des Tubus
- Blocken des Tubus
- Beatmung und Auskultation
- Pflasterfixierung des Tubus und des Guedel-Tubus
- Anschließen des Patienten an die Beatmungseinheit im OP–Saal
- Kontrolle Kapnometrie
- Floweinstellung und Einstellung der FiO2 sowie der Narkosegaskonzentration
- Anschließen des Patienten an die Monitorgeräte
- Lagerung zur Operation
4. Intraoperatives Monitoring
- 1 Kanal EKG
- Nicht invasive Blutdruckmessung
- Pulsoxymetrie
- Kapnometrie
- Beatmungsparameter (Druck, Volumen)
- Endexspiratorische CO2 Messung
- In- und exspiratorische Narkosegas- und Sauerstoffmessung
- Relaxometrie
- Temperaturmessung (Ohrthermometer)
5. Ausleitung der Narkose
- Kontrolle Rest-Relaxierung
- Kontrolle Opiatüberhang
- Auswaschen des Narkosegases durch erhöhten Frischgasfluss
- Vorbereiten der Absaugeinheit
- Spontanisierung des Patienten
- Extubation bei vorhandenen Schutzreflexen
- Orale- oder endotracheale Absaugung
- Beobachtung der Atemtätigkeit nach Extubation
- Übergabe des Patienten an den Aufwachraum
6. Aufwachraum
- Anschluss an Monitorgeräte (nicht-invasiver Blutdruck, Pulsoxymetrie, EKG Monitor)
- Eventuell Sauerstoffgabe
- Schmerzanamnese und –therapie
- Verordnung einer Schmerztherapie für die Station
- Entlassung des Patienten aus dem Aufwachraum durch den Anästhesisten
Autor: Prof. Dr. C. Diefenbach
Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
St. Katharinen-Hospital Frechen GmbH