Komplikationen - Sleeve-Gastrektomie / Laparaskopischer Magenschlauch - Allgemein- und Viszeralchirurgie
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Intraoperative Komplikationen
Allgemeine Risiken durch Anlage des Pneumoperitoneums und ggf. einer Adhäsiolyse: Verletzungen von Gefäßen und Hohlorganen beim blinden Einstich mit der Veress-Nadel, aber auch beim Sichttrokar möglich. Bei voroperierten Patienten ist allerdings dem Sichttrokar der Vorzug zu geben.
Bei der Adhäsiolyse muss eine thermische Schädigung der Darmwand beachtet und sicher ausgeschlossen werden. Falls laparoskopisch keine Übersicht gelingt, sofortige offene Operation.
Weitere Arbeitstrokare grundsätzlich unter Sicht platzieren, um intraabdominelle Verletzungen zu vermeiden.
Blutungen:
- Epigastrischen Gefäße sollten beachtet werden, Blutungen aus den Trokareinstichstellen werden vorzugsweise mit U-Nähten unter Verwendung von Nahthilfen zum Faszienverschluss versorgt.
- Blutungen aus der Klammernaht → Umstechung oder Clip
- Blutungen aus retroperitonealen Gefäßen (V. cava oder Aorta)
- Blutungen aus dem Omentum
- Falls laparoskopisch keine Übersicht gelingt, sofortige offene Operation. Das Verletzungsrisiko der retroperitonealen Gefäße ist durch Adhäsionen erhöht.
Verletzung von Nachbarorganen:
- Milz: Kompression, Hämostyptika (siehe Reiter Medical Equipment), thermische Verfahren, als Ultima Ratio → Splenektomie
- Parenchymeinrisse der Leber durch den Retraktor → Blutstillung mit monopolarem Strom, Kompression, Hämostyptika (siehe Reiter Medical Equipment)
- Verletzung des Pankreas → Übernähung, Zieldrainage
- Verletzung des Ösophagus durch die großkalibrige Magensonde → endoskopisches Vorgehen: Endo-Clips in Kombination mit Unterspritzung von Epinephrin, ggf. gezielte Umstechung
Postoperative Komplikationen
Die häufigsten Komplikationen beim Schlauchmagen sind Fisteln der Klammernaht, (Nach-)Blutungen und Abszesse.
Nachblutung (bis 8 %):
Extra- und intraluminale Blutungsquellen sind möglich.
Symptome: Hb-Abfall, Hypotension, Tachykardie, freie Flüssigkeit, Hämatemesis, Meläna
Ursachen: Nachblutungen aus der Klammernahtreihe sind die häufigste Blutungsursache → laparoskopische Blutstillung durch Umstechung oder Clips, ggf. Nachresektion der Klammernahtreihe.
Ob sich Blutungen aus den Klammernahtreihen durch Verwendung von Klammernahtverstärkungen vermeiden lassen, wird kontrovers diskutiert.
Weitere Blutungsmöglichkeiten sind die großkurvaturseitig abgesetzten Äste der gastroepiploischen Gefäße bzw. die Brevisgefäße oder Milzeinrisse.
Im Gegensatz zum Magenbypass sind alle endoluminalen Blutungsquellen potenziell endoskopisch zu erreichen, wie z.B. eine Ulzeration des Schlauchmagens.
Falls die Blutung endoskopisch nicht zu stillen ist → Re-Laparoskopie. Falls laparoskopisch keine Übersicht gelingt, sofortige offene Operation.
Alternative bei nicht einspiegelbarer Blutungsquelle: CT mit i.v. Kontrast, bei geeigneter Lokalisation interventionell radiologisches Coiling.
Klammernahtinsuffizienz(bis 5,1 %):
Bei Patienten mit morbider Adipositas stellt diese Komplikation eine besondere Gefährdung dar, die mit einer hohen Letalität verbunden ist.
Frühleckagen:
- Klinische Zeichen: Tachykardie, abdominelle Schmerzen, Hypotonie, erhöhte Entzündungswerte, Fieber, neu aufgetretene Schulterschmerzen.
- Tachykardie ist oftmals das einzige Symptom. Jede Tachykardie (HF > 120) ist Anlass, eine Relaparoskopie/Relaparotomie in Erwägung zu ziehen.
- Eine sofortige Relaparoskopie nach laparoskopischen Erstoperationen hat eine gute Erfolgsaussicht. Suffiziente Drainage perigastraler Flüssigkeitsansammlungen, bei proximaler Lokalisation lokale Spülung und Anlage einer Zieldrainage, bei distaler Lage zusätzlich Übernähung des Insuffizienzpunktes.
- Alternativ Drainage perigastraler Flüssigkeitsansammlungen radiologisch interventionell.
- Eine Antibiotische Therapie ist obligat.
Spätleckagen (Fisteln und Abszesse)(1-3 %):
- (> 8 Tage) am häufigsten (73 %), meist erst nach der Entlassung des Patienten, oft in Form von Fisteln oder Abszessen. Chronische Fisteln treten meist simultan mit Stenosen auf, die durch einen erhöhten intragastralen Druck die Fisteln unterhalten.
- 90 % der Leckagen treten im proximalen Anteil der Klammernahtreihe auf.
Endoskopische Techniken werden bei gleichzeitiger Drainage eines extraluminalen Verhalts favorisiert.
- Stenteinlage: langer gecoverter Stent, maximale Behandlungsdauer 6 Wochen.
- OTS-Clips „over the scope clip“: Nur bei kleinen gut sichtbaren Defekten, eine aktive Explantation des Clips ist nicht möglich.
- Endoluminale Vakuumsysteme, dabei wird der Polyurethanschwamm direkt in die hinter der Schlauchmageninsuffizienz liegende Abszesshöhle gelegt.
Bei weit proximal gelegenen therapieresistenten Leckagen operative Umwandlung in einen Roux-Y-Magenbypass und damit Umwandlung eines Hochdrucksystems in ein Niederdrucksystem.
Ultima Ratio: Gastrektomiemit hoher Letalität
Strikturen/Stenosen (2,1 %):
Überwiegend im Bereich der Incisura angularis (88 %) und am gastroösophagealen Übergang (12 %).
Ursachen: Torsion der Klammernaht, Kaliber des Schlundrohres < 40 Fr, abgeheilte Ulzera, narbig abgeheilte Insuffizienz/Fistel
Therapie:
- Bei kurzstreckigen proximalen Stenosen endoskopische Ballondilatation
- Implantation eines selbstexpandierenden Stents; regelmäßige Lagekontrolle bei Migrationsgefahr
- Umwandlung in einen Roux-Y-Magenbypass bei langstreckigen Stenosen
Ulzera:
selten i.G. zum Magen-Bypass. Eine präoperativ bekannte Ulkusanamnese verlangt eine subtile Abkärung (Heliobacter pylori, Gastrin), um postoperative Anastomosenulzera zu verhindern. Ulzera können zur Perforation und Penetration führen.
- Risikofaktoren/Ursachen: FK-Reaktionen, Mikroinsuffizienzen, lokale Ischämien, peptische Läsionen bei erhöhter Säureproduktion im Schlauchmagen, unbehandelte Helicobacter-Infektionen, Nikotinabusus, Herpesinfektion und NSAR-Abusus.
- Können normalerweise medikamentös zur Abheilung gebracht werden. Allgemeine Ulkusbehandlung mit Abstellung der Risikofaktoren Nikotin und NSAR, medikamentöse Therapie mit PPI.
- Sollten Blutungen auftreten, gelten die gängigen endoskopischen Behandlungstechniken.
- Das perforierte Ulkus stellt eine Notfallindiaktion dar, wird übernäht und drainiert.
- Das unbehandelte Ulkus kann zu Stenosen und Dysphagie führen.
- Therapierefraktäre Ulzera stellen eine Indikation zur operativen Revision dar.
Dumping-Syndrom (33-45 %):
Durch den Pyloruserhalt ist die Gefahr geringer als beim Magenbypass.
Das Dumping Syndrom ist ein Symptomenkomplex, der physiologisch durch eine Sturzentleerung des Magens mit konsekutiv rascher Exposition des Dünndarms mit unverdauter Nahrung entsteht.
Die Graduierung des Dumpings-Syndroms reicht von leichtgradigen gastrointestinalen Symptomen über vasomotorische Störungen bis hin zu schweren therapierefraktären Hypoglykämien.
Das Frühdumping (10-30 min nach Nahrungsaufnahme) führt zu einem unphysiologischen hohen Einstrom von interstitieller Flüssigkeit in das Darmlumen durch den hyperosmolaren Speisebrei mit Dehnung der Darmwand und vasomotorischen Störungen.
Das Spätdumping (1-3 h nach Nahrungsaufnahme) entsteht durch eine zu rasche Resorption von wasserlöslichen Kohlehydraten mit zunächst Hypergykämie gefolgt von einer gegenregulatorischen, oft überschießenden Insulinantwort mit Hypoglykämie und den dafür typischen Symptomen.
Therapie:
- Diätetische Maßnahmen
- Medikamentös: Arcabose, Somatostatinanaloga z.B. Octreotid 3-4-mal täglich 50-100 mikrogr s.c.
- Chirurgische Maßnahmen wie Pankreasresektion sind therapierefraktären Einzelfälle vorbehalten.
Therapieversagen/Nichterreichen des Therapieziels: inadäquate Gewichtsabnahme/neuerliche Gewichtszunahme (BMI > 35 kg/m2)
Therapie:
Viele Möglichkeiten: von der erneuten Schlauchmagenbildung bei Dilatation des Sleeve durch erneute tangentiale Magenresektion zur Wiederherstellung der Restriktion bis hin zur Umwandlung in alle Bypass-Typen.
Reflux:
Beim SG relevante Raten einer De-novo-Refluxerkrankung bzw. Verschlechterung einer vorbestehenden Refluxerkrankung können eine Umwandlungs- bzw. ReDo-Operation notwendig machen.