Perioperatives Management - Adrenalektomie rechts, offen

  1. Indikationen

    In den Leitlinien besteht Konsens, dass die meisten Nebennierentumoren bei gegebener Indikation minimal-invasiv operiert werden sollten. Tumordurchmesser >6 cm und deutliche Hinweise auf Malignität in der präoperativen Bildgebung gelten als Grenzen der minimal-invasiven Chirurgie.

    Für die offene Adrenalektomie sollen der transabdominale bzw. der thorako-abdominale Zugang bevorzugt werden, da die Hauptindikation zum offenen Verfahren malignomverdächtige große Tumoren sind.

    Bei suspekte Nebennierentumoren ab 6-8 cm Größe und Hounsfield-Einheiten (HU) (Dichtewerte der NN-RF) >20 ist ohne präoperativen Nachweis einer Malignität ein offener Zugang (+Lymphadenektomie) zu bevorzugen.

    Eine R0-en-bloc-Resektion mit umgebendem retroperitonealem Fettgewebe sollte angestrebt, eine Tumorkapseleröffnung vermieden werden, zumindest bildmorphologisch auffällige LK sollten simultan mitentfernt werden.

    • Endokrin-aktive Tumoren der Nebennierenrinde (Conn- oder Cushing-Adenome, Tumoren mit Androgensekretion) > 10 cm

      • Conn-Syndrom (primärer Hyperaldosteronismus, PHA):

        Die häufigste Ursache einer sekundären Hypertonie ist der primäre Hyperaldosteronismus.

        Bei einem unilateralen aldosteronproduzierenden Adenom ist die unilaterale Adrenalektomie indiziert.

        Bei Patienten mit PHA und beidseitigen Nebennierenveränderungen kann eine Operation erwogen werden, wenn das adrenale Venensampling (AVS durch selektiven Nebennierenvenenblutentnahme) eine funktionelle Lokalisation zeigt.
         
      • Cushing-Syndrom (Hyperkortisolismus)

        Ein florides adrenales Cushing-Syndrom mit klassischen klinischen Stigmata stellt eine OP-Indikation dar.

        Vor einer möglichen operativen Entfernung des NN-Tumors muss die ACTH-Unabhängigkeit des Kortisolexzesses bestätigt werden, damit der Eingriff nicht fälschlicherweise erfolgt, obwohl die Ursache des Hormonexzesses beispielsweise hypophysär bedingt ist.
        Ausschluss ACTH-abhängiger Hyperkortisolismus (Adenom des Hypophysenvorderlappens) (zentrales Cushing-Syndrom) oder paraneoplastisches Syndrom mit ektoper ACTH-Sekretion bei Tumorerkrankung.
         
      •  Sexualhormon produzierende Nebennierenrindentumoren

        Ein adrenokortikales Karzinom ist die häufigste Ursache für eine klinisch relevante pathologische Androgen-/Östrogensekretion aus der Nebenniere, Adenome sind sehr selten.
         
    • Nebennierenrindenkarzinom Adrenokortikales Karzinom (ACC)  ENSAT-Stadium I-III  Link zu ENSAT-Klassifikation

      • Bei der Erstdiagnose fast immer > 4cm und weist in 50-80% eine endokrine Aktivität auf. Typisch ist eine Cortisolproduktion oder eine gemischt-hormonelle Produktion (Androgene/Östrogene und Cortisol).
      • Beim Nebennierenrindenkarzinom ist die offene Adrenalektomie der Goldstandard. Bei Tumoren < 6 cm ohne Hinweis auf lokale oder Lymphknoteninfiltration (ENSAT Std. I+II) kann eine minimal-invasive Adrenalektomie erfolgen.
      • Eine radikale Tumorresektion mit Entfernung der Nebenniere und des gesamten Fett-/Bindegewebes im betroffenen Kompartiment ohne Kapseleröffnung und eine Lymphadenektomie, diese bei unsicherer Datenlage, wird empfohlen. Eine Definition hinsichtlich der Ausdehnung der erforderlichen Lymphadenektomie liegt bisher nicht vor.
      • Bemerkung: Die Rate an lokalen und peritonealen Rezidiven ist in der laparoskopischen Gruppe laut aktueller Evidenz erhöht. Eine Konversion von laparoskopischer zu offener Adrenalektomie verschlechtert das Gesamtüberleben.
         
    • Phäochromozytom (PC) Nebennierenmarktumor mit Katecholaminexzess bei Verdacht auf Malignität, sehr großen Tumoren oder wenn technische Schwierigkeiten zu erwarten sind.

      • Ca 1/3 aller Phäochromozytom-Patienten sind einem hereditären Tumorsyndrom zuzuordnen. Das genetische Screening ist unverzichtbarer Bestandteil der Phäochromozytom Diagnostik. SDHB-assoziierten Tumoren sind mit einem besonders hohen Malignitäts- und Rezidivrisiko behaftet.
      • Insgesamt sind 10 % der PC maligne. Beweisend für ein malignes Phäochromozytom sind ausschließlich Metastasen.
         
    • Myelolipome stellen per se keine Operationsindikation dar.

      Große adrenale Myelolipome (hormoninaktive gutartige Tumore, die reifes Fettgewebe und hämatopoetisches Gewebe enthalten) können durch Nekrose oder spontane Einblutung symptomatisch werden. In diesen Fällen kann eine Resektion erforderlich werden.
       
    • Nebennierenmetastasen (von malignen Tumoren anderen Ursprungs) sollten entfernt werden, wenn keine weiteren Metastasen vorliegen und durch die Entfernung Tumorfreiheit erreicht wird.

      Bemerkung: Die Metastasen-Adrenalektomie sollte minimal-invasiv vorgenommen werden, sofern die Metastase in toto und ohne Tumorzellaussaat entfernt werden kann. Ein offenes Vorgehen bleibt den wenigen Fällen vorbehalten, bei denen es Hinweise für eine lokale Infiltration gibt oder wenn die Metastase 6 cm überschreitet.
       
    • Große Schwannome oder adulte Neuroblastome
       
    • Pulmonale oder kardiale Probleme, die einen minimal-invasiven Eingriff ausschließen.
       
    • Vorliegen von intraabdominellen oder retroperitonealen Verwachsungen nach Voroperationen
    148-Behandlungspfad Nebennierenraumforderung
  2. Kontraindikationen

    • Keine Adrenalektomie ohne vorherige Bestimmung der Hormonaktivität!
       
    • Aufgrund des sehr geringen Malignitätsrisikos ist die Operation bei hormoninaktiven, nicht malignomsuspekten Tumoren < 4 cm generell nicht indiziert. Sollte dennoch operiert werden, muss dies begründet werden.
       
    • Beim bilateralen primären Hyperaldosteronismus (idiopathische adrenale Hyperplasie) ohne Seitenzuordnung ist eine totale Nebennierenentfernung nicht angezeigt.  Einleitung einer Therapie mit Aldosteronantagonisten.
       
    • Keine Adrenalektomie sondern parenchymsparende Nebennierenresektion (zum Funktionserhalt sollte ein Drittel einer Nebenniere belassen werden).
      • Bei hereditären (bilateralen) Phäochromozytomen, da die Wahrscheinlichkeit für ein metachrones kontralaterales PC hoch und das Malignitätsrisiko als gering einzuschätzen ist.
      • Cushing-Syndrom, das auf einer bilateralen makronodulären Hyperplasie beruht.  Gratwanderung zwischen Kortisolkontrolle und Hormonrestfunktion. Nach einer totalen Adrenalektomie besteht Substitutionspflicht mit dem Risiko einer lebensbedrohlichen Addison-Krise (akute Nebenniereninsuffizienz).
         
    • Myelolipome und Nebennierenzysten sollten nur bei klinischen Symptomen durch Verdrängung von Nachbarstrukturen entfernt werden.
       
    • Die weiteren Kontraindikationen sind abhängig von den Grunderkrankungen (Operationsrisiko) und der Bedeutung der Adrenalektomie für die Lebensqualität oder Lebenserwartung des Patienten.
  3. Präoperative Diagnostik

    Nebennierentumoren umfassen gut- und bösartige Veränderungen der Nebennieren, die die Morphologie und/oder Funktion betreffen. Ziel der Diagnostik ist die Zuordnung morphologischer und/oder funktioneller Veränderungen zur Evaluation der therapeutischen Möglichkeiten.

    Die Diagnostik umfasst Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung, wobei Bestimmung des Blutdrucks und der Herzfrequenz obligater Bestandteil sind. Darüber hinaus sind endokrinologische Methoden und bildgebende Verfahren erforderlich.

    Tumoröse Veränderungen der Nebennieren sollten immer auf eine mögliche Hormonaktivität abgeklärt werden: Katecholamine, Aldosteron, Cortisol, Geschlechtshormone oder ihre Vorstufen.

    Klinik

    Typische Leitsymptome beim PC sind schwere Hypertonie, anfallsartige Kopfschmerzen und Palpitationen. Pathognomonisch für einen Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) sind Stammfettsucht, Stiernacken, Mondgesicht, Striae rubrae, Hirsutismus und Plethora.

    Screening auf PHA bei Hypertonie oder Hypokaliämie

    Labordiagnostik/Hormonelle Diagnostik:

    Initiales Screening-Tool bei V.a. autonome Cortisolsekretion (ACS) ist der Dexamethason Hemmtest.

    Anhand der Höhe des Dexamethason-supprimierten Serumcortisols wird bei klinisch asymptomatischen Patienten zwischen einem nichtfunktionellen Nebennierentumor und einer „(möglichen) autonomen Cortisolsekretion“ unterschieden.

    Ab Werten über 5 ng/dl Cortisol im Serum gilt die Diagnose als gesichert. Notwendig für die Diagnose ist ein niedriges bis supprimiertes ACTH (< 10 pg/ml), z.A. hypophysärer Kortisolismus oder ektope ACTH Produktion.

    Die Diagnostik beim PC um fasst die Bestimmung der Metanephrine im Plasma oder 24-Stunden-Sammelurin. Ein Clonidin-Test kann bei weiterhin grenzwertigem Befund erwogen werden.

    3-Methoxy-tyramin im Plasma als Tumormarker für eine SDHB- Mutation bei einem PC > 5cm dient als präoperatives Screening auf das Vorliegen von Metastasen.

    Beim primären Hyperaldosteronismus (PHA)(Conn-Syndrom) liegt eine autonome, d.h. reninunabhängige Aldosteronsekretion vor.  Screening-Parameter ist der Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ), durch den auch Patienten mit einem milden primären Hyperaldosteronismus erkannt werden können. Aldosteron und Renin werden normalerweise morgens nach 5- bis 15- minütigem Sitzen bestimmt.

    Ist der Quotient erhöht muss leitliniengerecht ein Bestätigungstest erfolgen, z.B. ein Kochsalzinfusionstest (2l NaCl 0,9 %ig i.v. über 4 Stunden). Beim Gesunden kommt es zu einer Suppression des Aldosterons nach 4 Stunden, beim Kranken bleibt diese aus. Einfluss antihypertensiver Medikamente auf das RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) muss beachtet werden.

    Sexualhormone sowie Steroidvorstufen bei klinischem Erscheinungsbild eines Geschlechtshormonexzesses (Hirsutismus, Gynäkomastie bei Männern), Tumor > 4 cm oder bildmorphologisch V.a.ACC: Steroidvorstufen (DHEA/DHEA-S, Androstendion, 17-α-Hydroxyprogesteron), Testosteron bei Frauen, 17β-Östradiol bei Männern und postmenopausalen Frauen.

    Bemerkung: Etwa 60 – 80 % der Nebenrindenkarzinome sezernieren Hormone (funktionell aktiv), die häufigsten produzierten Hormone sind Glukokortikoide (v. a. Cortisol) und Androgene.

    148-Labor hormonaktive NN Tumoren

    Humangenetische Untersuchung

    Die aktuellen Leitlinien empfehlen eine genetische Testung bei allen Patienten mit Phäochromozytom unabhängig von Alter, Tumoranzahl oder Lokalisation.

    Bemerkung: Das Phäochromozytom (PC) stellt eine Indikatorläsion für hereditäre Syndrome dar. Bei unilateralem Befall liegt in 12%, bei bilateralem PC, jungen Patienten oder auffälliger Familienanamnese in 30% eine hereditäre Erkrankung vor.

    Bildgebende Verfahren:

    Comutertomographie

    Als Basisverfahren zur Darstellung von Nebennierentumoren wird die CT mit und ohne Kontrastmittel empfohlen. Sie ermöglicht die Ermittlung der Größe des NN-Tumors und dessen Fetthaltigkeit (Houndsfield-Einheiten, HU), sowie eine Beurteilung möglicher Umgebungsinfiltrationen.

    Nativ-CT (Nativ-CT mit Bestimmung der Dichtewerte der NN-RF in Houndsfieldeinheiten (HU))

    Das native CT ist der erste wichtige Schritt bei der Abklärung eines Nebennierentumors, besonders zur Bestimmung der Gewebedichte (HU).

    Läsionen mit < 10 HU sind mit einer Sensitivität von 70 % und Spezifität von 95 % als Adenome klassifizierbar und primär nicht malignomverdächtig.

    Kontrastmittel-CT wird ergänzend eingesetzt, wenn die Diagnose im nativ-CT nicht eindeutig ist.

    Dynamisches Kontrastmittel-CT mit Bestimmung des sogenannten „Washout-Verhaltens“ des Kontrastmittels nach 15 min: Adenome speichern Kontrastmittel weniger lang, maligne Tumoren behalten Kontrastmittel länger.

    MRT mit Chemical Shift-Bildgebung (auch "In-Phase-/Out-of-Phase-MRT")

    • Ist eine spezielle MRT-Technik, die auf dem unterschiedlichen Verhalten von Fett- und Wasserprotonen im Magnetfeld basiert.
    • In der gegenphasigen Sequenz (Out-of-Phase-Aufnahme) verlieren lipidreiche Adenome an Signalintensität, während andere Gewebe wie z.B. Metastasen, Karzinome, Phäochromozytome typischerweise kein oder nur wenig Fett enthalten und dies nicht tun.

    Zur Beurteilung einer eventuellen Metastasierung sollte die Diagnostik neben einer CT oder MRT des Abdomens eine CT des Thorax beinhalten.

    Funktionelle Bildgebung Nuklearmedizinische Diagnostik

    MIBG-Szintigrafie (123I- oder 131I-Metaiodbenzylguanidin)

    spezifisch für klassische Phäochromozytome, aber limitiert bei SDHB

    Bei jungen Patienten, Verdacht auf eine Metastasierung, großen Tumoren, Multifokalität, extraadrenalen Manifestationen, syndromaler Erkrankung (multiple endokrine Neoplasie 2a/b, von Hippel-Lindau-Syndrom, Neurofibromatose Typ 1, Mutation der mitochondrialen Succinatdehydrogenase (SDHx)) Untersuchung der ersten Wahl. Bei metastasierter Erkrankung kann dabei gleichzeitig die Möglichkeit einer palliativen Radiotherapie überprüft werden.

    PET/CT
    In der funktionellen Bildgebung besitzt derzeit die 18F-Fluorodesoxyglucose (FDG) Positronenemissionstomographie (PET) mit simultanem CT den größten Stellenwert. Sie ist für viele maligne Tumoren sehr sensitiv vor allem für aggressive und schlecht differenzierte Tumoren. Eine Indikation besteht bei einem unklaren Inzidentalom >4 cm, V.a. NN-Metastase, V.a. ACC, V.a. SDHB-Mutation bei PC.
    Außerdem ermöglicht das PET-CT ein Ganzkörper-Staging hinsichtlich Metastasen mit Ausnahme des Gehirns. Eine zusätzliche Schädel-/Hirn-Diagnostik beispielsweise mittels eines MRT sollte deshalb insbesondere beim NSCLC (Non-Small Cell Lung Cancer, nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom) immer erfolgen.
    Bei der Diagnostik von Phäochromozytomen und gleichzeitigem V.a. eine familiäre Erkrankung zum Ausschluss einer beidseitigen Erkrankung oder einer extraadrenalen Lokalisation sowie von Metastasen sollte ein 18F-Fluorodihydroxyphenylalanin (DOPA)-PET/CT wegen der hohen Spezifität durchgeführt werden.

    Adrenales Venensampling (AVS) (selektiver Nebennierenvenenkatheter)

    Zur funktionelle Seitenbestimmung des primären Hyperaldosteronismus, um das Risiko einer unnötigen oder unangemessenen Adrenalektomie zu vermeiden.
    Im Falle einer eindeutigen Lokalisation mittels CT oder MRT und insbesondere bei jüngeren Patienten ist die primäre Operation ohne AVS gerechtfertigt,

    Punktionsbiopsie

    Von einer Biopsie der NN-Raumforderung wird – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen (V.a. NN-Metastase und Malignomanamnese bei nicht eindeutiger Bildgebung) grundsätzlich abgeraten. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Tatsache, dass eine zuverlässige Differenzierung zwischen Adenom und Karzinom anhand einer Biopsie häufig nicht möglich ist und das Risiko der Tumorzellverschleppung besteht.

    Auf jeden Fall sollte zuvor biochemisch ein Phäochromozytom ausgeschlossen werden.

  4. Spezielle Vorbereitung

    Alphablockade:

    Internationale und nationale Leitlinien empfehlen vor Resektion eines Phäochromozytoms die α-Blockade, um kardiovaskuläre Komplikationen vorzubeugen.

    Präoperativ sollte für mindestens 10 - 14 Tage eine ausreichende α-Rezeptorblockade (Goldstandard Phenoxybenzamin) erfolgen, um schwere katecholaminvermittelte Blutdruckkrisen durch intraoperative Manipulation des Tumors zu vermeiden.

    Durch Phenoxybenzamin erfolgt eine nicht kompetitive, irreversible α-1 und α-2 Blockade. Häufige Nebenwirkung ist eine Reflextachykardie (α-2 Rezeptorenblockade), die zusätzlich mit ß-Rezeptorenblockern behandelt werden kann.

    Dieses Vorgehen wird zunehmend kontrovers diskutiert und mehr und mehr durch ein individuelles Vorgehen ersetzt. In selektionierten Fällen ohne arterielle Hypertonie kann auf die präoperative α-Blockade verzichtet werden.

    Kortisolsubstitution:

    Bei Pat mit floridem Cushing besteht das Risiko einer postoperativen Nebenniereninsuffizienz, so dass eine peri- und postoperative Kortisolsubstitution empfohlen wird. Zusätzlich muss präoperativ meist eine antihypertensive Therapie, ein Elektrolytausgleich sowie eine Diabeteseinstellung vorgenommen werden.

    Kaliummangel:

    Beim PHA sollte eine Hypokaliämie ausgeglichen werden. In diesem Fall wird präoperativ ein Aldosteronantagonist für mindestens zwei Wochen verabreicht, gleichzeitig Kalium anfangs substituiert.

    • Bei allen anderen Nebennierentumoren ist keine spezifische medikamentöse Vorbehandlung erforderlich.
    • Bei einer Adrenalektomie ist mit Ausnahme des Cushing-Syndroms keine Antibiotikaprophylaxe erforderlich.

    Vor einer Operation sollten alle Patientenfälle in einem interdisziplinären Tumorboard besprochen werden.

  5. Aufklärung

    Die Eingriffsrisiken sind abhängig vom Alter und Gesamtbefinden des Patienten, insbesondere von der hormonellen Überfunktionssymptomatik.

    Allgemeine Aufklärung über die Operationsrisiken:

    • Thrombose
    • Embolie
    • Infektionen
    • Gefäß-Nervenverletzung
    • Blutung/Nachblutung mit Fremdblutgabe
    • Verletzung von Nachbarorganen
    • Narbenhernie

    Spezielle Aufklärung:

    • Verletzung der V. cava inferior mit Blutung
    • Verletzung der Leber
    • Verletzung der rechten Niere
    • Verletzung des Duodenums
    • Hormonelle Reaktion; Addison-Krise
    • Persistenz der arteriellen Hypertonie bei Conn-Syndrom
    • Hohes Thromboembolie- und Infektionsrisiko bei Cushing-Syndrom
    • Bei beidseitiger Adrenalektomie lebenslange Einnahme von Kortison und Mineralkortikoid, Entwicklung eines Nelson-Tumors (ACTH-produzierender Hypophysentumor) in 10 - 2 5% nach ca. 10 Jahren
    • Bei Phäochromozytom Gefahr des Lokalezidivs durch Tumorkapseleröffnung mit Zellaussaat.
  6. Anästhesie

    Operationen an der Nebenniere erfolgen in Intubationsnarkose
     PDK bei offener OP empfehlenswert 

    Invasive Blutdruckmessung und Pulmonaliskatheter kann bei Phäochromozytomen und entsprechenden kardiopulmonalen Vorerkrankungen angezeigt sein.

  7. Lagerung

    Lagerung

    Der Patient wird flach auf dem Rücken gelagert und über dem 12. Brustwirbelkörper leicht nach dorsal abgeknickt. Der linke Arm wird ausgelagert.

  8. Op-Setup

    Op-Setup
    • Operateur rechts vom Patienten
    • Assistent links vom Patienten
    • Assistent rechts, kopfwärts vom Operateur
    • instrumentierende OP-Pflegekraft links, fußwärts vom 1. Assistenten
  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Selbsthaltendes System im Beispiel Omnitrakt-Halter.
    • Hämostase z.B. mittels Argon-Gas-gestützter HF-Chirurgie (Argonbeamer)
    • Multiklipper
    • Gefäßsieb
    • Vessel-Loops
  10. Postoperative Behandlung

    Medizinische Nachbehandlung:

    Postoperativ ist die Überwachung für 24 Stunden auf einer Wach- oder Intensivstation zu empfehlen.

    Medikamentöse Nachbehandlung bei Hyperkortisolismus: Sobald ein benigner oder maligner kortisolproduzierender Nebennierentumor entfernt wurde, muss konsequent mit Glucocorticoiden substituiert werden, bis die hypothalamische-hypophysäre Nebennieren-Achse sich erholt hat. 
    Der Patient sollte intraoperativ 150 mg Hydrokortison/24 h intravenös (ohne Bolus) erhalten. Am ersten postoperativen Tag erfolgt dann die Reduktion der Hydrokortisondosis auf 100 mg iv/24h und nachfolgend die schnelle Reduktion und Wechsel auf eine orale Substitution je nach Klinik des Patienten. Das weitere Ausschleichen erfolgt nach endokrinologischen Vorgaben. Es kann bis zu 6 Monaten dauern, bis die verbliebene Nebenniere wieder eine ausreichende Funktion aufnimmt. Der Patient muß diesbezüglich instruiert werden. Er soll endokrinologisch betreut werden.

    Bei vollständiger Resektion eines Phäochromozytoms sollte die perioperativ begonnene α-adrenerge Blockade sofort abgesetzt werden.

    Bei Patienten mit einem einseitigen Aldosteron-produzierenden Adenom können Kaliumsubstitution und Aldosteronantagonist postoperativ unmittelbar abgesetzt werden. Bei Patienten mit persistierender Hyperaldosteronämie und Notwendigkeit einer fortgesetzten Therapie mit einem Aldosteronantagonisten, sollte die geringste effektive Dosis durch schrittweise Dosissteigerung titriert werden. Antihypertensiva werden schrittweise reduziert.

    Adäquate Schmerztherapie; bei stärkeren Schmerzen systemische Analgetika (zusätzlich zum PDK). Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management) oder dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Stuhlregulation:
    Bei früher Mobilisation, ausreichender Flüssigkeitszufuhr (Tee,Wasser) und Vermeidung von Opioiden meist nicht erforderlich, ggf. Laxantien (Makrogol, Bisacodyl, Natriumpicosulfat, Klysma).

    Thromboseprophylaxe:
    Perioperativ sollte bei allen Adrenalektomien eine gewichtsadaptierte Thromboseprophylaxe erfolgen.

    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation
    Mobilisation am besten noch am OP-Tag beginnen, ggf. mit krankengymnastischer Unterstützung

    Kostaufbau
    so früh als möglich oraler Kostaufbau, also noch am OP-Tag

    Arbeitsunfähigkeit
    Arbeitsfähigkeit sehr individuell und abhängig von der Grunderkrankung meist zwischen 3 und 6 Wochen.

    Nachsorge:

    Phäochromozytom

    Hormonelle Kontrolle nach OP eines Phäochromozytoms mindestens 10 Jahre 1 x jährlich, bei Nachweis einer Mutation oder anderen Risikofaktoren für Rezidiv oder Metastasen (junges Alter, großer Tumor) lebenslang.

    Erste postoperative Kontrolle nach 2 - 6 Wochen mit Bestimmung der Metanephrine oder bei Malignität des 3-Methoxytyramins zur Bestätigung der vollständigen Resektion.

    Bei Anstieg der biochemischen Marker, Symptomen oder Risikofaktoren zusätzlich bildgebendes Verfahren, dabei ist das Verfahren der 1. Wahl die MRT durch fehlende Strahlenbelastung. Wenn MRT kontraindiziert oder nicht verfügbar alternativ CT.

    Falls unklar: funktionelle Bildgebung mit MIBG oder PET/CT (je nach genetischem Risiko und Differenzierungsgrad).

    Bei genetischen Hochrisikopatienten (z. B. SDHB-Mutation):
    → Regelmäßige Bildgebung auch ohne Laboranstieg empfohlen, z. B. alle 2–3 Jahre MRT.

    Adrenokortikales Karzinom (ACC)

    Wegen der oft raschen klinischen Progression beim ACC sollten kurze Nachsorgeintervalle von z.B. 12 Wochen geplant werden.

    Ein Basis-CT des Thorax und CT/MRT des Abdomens werden vor und alle 12 Wochen nach der chirurgischen Initialtherapie für zunächst 2 Jahre empfohlen. Das Steroidprofil sollte bei jedem Patienten mit Verdacht auf ein ACC vor der Operation bekannt sein und in den ersten 2 Jahren alle 12 Wochen nach der Initialtherapie bestimmt werden.

    Nach 2 Jahren können die Intervalle der Nachsorge auf 6 und 12 Monate verlängert werden. Die internationalen Leitlinien empfehlen eine Nachsorgedauer nicht unter 10 Jahren.

    Eine adjuvante Radiotherapie des Tumorbettes sollte bei einer inkompletten Resektion (R1/R2) in Betracht gezogen werden.

    Patienten mit potentieller Residualerkrankung (R1- oder RX-Resektion) und/oder einem Ki67-Index > 10 % Evaluation einer adjuvanten Mitotane-Therapie. Bemerkung: Der Ki67-Index ist ein prädiktiver Marker zur Beurteilung der Zellteilungsaktivität von Tumoren. Je höher der Ki-67-Wert, desto schneller wächst der Tumor – was auf eine aggressivere Biologie hinweisen kann.