Perioperatives Management - Hemithyreoidektomie

  1. Indikationen

    Knotenbildung

    • großer Knoten bei Struma uninodosa
    • vollständige knotige Durchsetzung eines Schilddrüsenlappens
    • kalter Knoten (sofern prä- und/oder intraoperativ nicht als Karzinom identifiziert, dann primär totale Thyreoidektomie inkl. Lymphadenektomie)

    Auch wenn prä- und intraoperativ kein sicherer Malignitätsnachweis gelingt, ist bei der Operation eines kalten Knotens immer mit der Möglichkeit zu rechnen, das die histologische Aufarbeitung des gesamten Operationspräparates doch noch zur Karzinomdiagnose führt, woraus sich in der Regel die Indikation zur totalen Thyreoidektomie ergibt. Während diese auf der gesunden, bisher nicht operativ angegangenen Seite ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, ist die zweizeitige Komplettierung einer zunächst nur subtotalen Resektion auf der betreffenden Seite mit einem deutlich erhöhten Morbiditätsrisiko verbunden (Läsion von N. laryngeus reccurens und Epithelkörperchen). Die prinzipielle Hemithyreoidektomie ist somit eine prophylaktische Maßnahme angesichts dieser Schwierigkeiten und wird in den aktuellen Leitlinien bei malignitätsverdächtigen Knoten empfohlen.

    Ausnahme: papilläres Mikrokarzinom ohne Hinweise auf Metastasierung, das mit einer Hemithyreoidektomie onkologisch ausreichend behandelt werden kann und keiner totalen Thyreoidektomie bedarf.

    Autonomie und Hyperthyreose

    • solitäres autonomes Adenom mit zusätzlicher Strumabildung
    • mehrere ipsilaterale Autonomiebezirke
    • Autonomie in Kombination mit kaltem Knoten
  2. Kontraindikationen

    absolute Kontraindikation:

    • sonografisch/ szintigrafisch indifferente Knoten
    • abwägen des kardiopulmonalen Risikoprofils

    relative Kontraindikation:

    • Thyreoiditis
  3. Präoperative Diagnostik

    Präoperative Basisdiagnostik

    Anamnese

    • lokale Symptome einer Schilddrüsenvergrößerung (zervikales Druck- oder Globusgefühl, Schluckbeschwerden und Dyspnoe, insb. unter Belastung)
    • Symptome einer Hyperthyreose
    • Medikamente (jodhaltige Präparate, Thyreostatika)
    • vorbestehende HWS-Probleme (Kopfreklination bei Lagerung!)

    körperliche Untersuchung

    • Palpation (Größe, Konsistenz der Schilddrüsenlappen, Knoten, Schluckverschieblichkeit, tastbare Lymphknoten)
    • Messung Halsumfang
    • endokrine Ophthalmopathie

    Stadien der Schilddrüsenvergrößerung:
    Ia tastbare Struma, auch bei Kopfreklination nicht sichtbar
    Ib Struma, die nur bei Kopfreklination sichtbar ist
    II Struma ist bei normaler Kopfhaltung sichtbar
    III Struma mit lokalen Stauungs- und Kompressionszeichen

    Sonographie
    Basisuntersuchungsmethode zur Beurteilung der Schilddrüsen-Morphologie:

    • Volumenbestimmung durch Schall im Quer- und Längsschnitt
    • Verteilung, Echostruktur und Randbegrenzung von Knoten
    • Durchblutung bzw. Gefäßversorgung
    • Beziehung zu Nachbarstrukturen
    • Überprüfung des Lymphknotenstatus
    • eventuelle retrosternale Ausbreitung

    Szintigraphie
    Basisuntersuchungsmethode zur bildgebenden Beurteilung der Schilddrüsen-Funktion:

    • Hinweise auf Bezirke verminderter (kalte Knoten) oder gesteigerter Aktivität (warme Knoten)
    • kalte Knoten speichern nicht oder kaum, warme Knoten speichern stärker als das umgebende Gewebe, heiße Knoten speichern intensiv bei gleichzeitiger Supprimierung des umgebenden Gewebes
    • autonome Areale, die nicht mehr der regulierenden Steuerung durch TSH unterliegen, können nur durch eine Supressions-Szintigraphie demaskiert werden
    • szintigraphisch nachgewiesene kalte Knoten, die sonographisch echoleer sind, entsprechen Zysten
    • nicht echoleere kalte Knoten sind karzinomverdächtig und abklärungsbedürftig; s. fakultative präoperative Diagnostik

    Laboruntersuchungen

    • übliche präoperative Untersuchungen (kl. BB, Gerinnung inkl. Kalzium), ggf. zusätzliche Parameter je nach Grunderkrankung
    • TSH, Schilddrüsenhormone
      Wichtigster in-vitro-Parameter ist das TSH, dessen pathologische Veränderung auf eine länger bestehende Funktionsstörung der Schilddrüse hinweist: bei erniedrigter Konzentration besteht der Verdacht auf eine Hyperthyreose, bei erhöhter Konzentration auf eine Hypothyreose. In diesen Fällen ist eine zusätzliche Bestimmung der Schilddrüsenhormone (fT3 und fT4) zwingend erforderlich, bei normwertigem TSH und klinischer Euthyreose kann theoretisch darauf verzichtet werden.

    Stimmbandfunktionsprüfung

    • eine präoperative HNO-ärztliche Laryngoskopie zur Beurteilung der Stimmlippenbeweglichkeit ist unerlässlich
    • erfasst eine bereits präoperativ vorliegende Schädigung des N. recurrens, z.B. nach Voreingriff oder bei Malignität
    • ermöglicht eine situationsangepasste Operationstaktik
    • Grundlage der perioperativen Qualitätssicherung
    • prä- und postoperative Laryngoskopie und das intraoperative Neuromonitoring stellen eine unzertrennbare diagnostische Einheit dar; das Neuromonitoring ist ohne Kenntnis der klinischen Larynxfunktion nicht verwertbar!

    Fakultative präoperative Diagnostik

    Magnetresonanztomographie/Nativ-Computertomographie

    • bei Verdacht auf eine retrosternale Struma, um das Ausmaß des retrosternalen Anteils einschätzen zu können, wodurch die präoperative Planung eines eventuell notwendigen thoraxchirurgischen Zugangsweges (Sternotomie) erleichtert wird
    • bei ausgeprägten lokalen Kompressionserscheinungen
    • bei organüberschreitendem Wachstum

    Die Computertomographie hat den Nachteil, dass grundsätzlich auf die Kontrastierung mit Kontrastmittel verzichtet werden muss, einerseits wegen der Gefahr der jodinduzierten Hyperthyreose, andererseits, um eine Jodkontamination im Hinblick auf eine Radiojodtherapie zu vermeiden. Nach exogener Jodzufuhr sind die Jodrezeptoren über einen längeren Zeitraum blockiert, was eine Radiojodtherapie und eine Schilddrüsenszintigraphie unmöglich macht.

    Tracheazielaufnahme(erübrigt sich bei Vorliegen einer CT/MRT)

    • bei V.a. Tracheomalazie

    Laboruntersuchungen

    • Thyreoglobulin
      dient der Verlaufskontrolle bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen und sollte nach thyreoablativer Therapie nicht mehr im Serum messbar sein; späterer Wiederanstieg spricht für ein Rezidiv oder eine Metastase
    • Kalzitonin
      hinweisend auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom

    Schilddrüsenantikörper zur Diagnostik von Immunthyreopathie und Thyreoiditis

    • Antikörper gegen TSH-Rezeptor (TSH-R-AK) sollten bestimmt werden, wenn aufgrund der klinischen Untersuchung und der bildgebenden Verfahren keine eindeutige Abgrenzung zwischen einem M. Basedow und einer nichtimmunogenen Hyperthyreose möglich ist.
    • Antikörper gegen Schilddrüsenperoxidase (TPO-AK) werden bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse bestimmt; sie sind bei 90 % der Patienten mit Hashimotothyreoiditis(Autoimmunthyreoiditis) und bei 70 % der Patienten mit M. Basedow erhöht.
    • Antikörper gegen Thyreoglobulin (Tg-AK) werden bei Verdacht auf eine Autoimmunthyreoiditis bestimmt.

    Punktionszytologie/Feinnadelpunktion

    • Verdacht auf Malignität bei solitären, echoarmen, kalten oder schnellwachsenden Knoten ab 1 cm Größe (Knoten unter 1 cm sollten in einem Intervall von sechs Monaten sonographisch kontrolliert werden)
    • unscharf begrenzte Knoten
    • solitäre Knoten bei Zustand nach perkutaner Hochvoltbestrahlung der Halsregion
    • Verdacht auf eine subakute oder chronisch lymphozytäre Thyreoiditis
    • Sensitivität und Spezifität der Zytologie liegen bei 80-90 %
    • therapeutische Feinnadelpunktion: bei großen Schilddrüsenzysten mit lokalen Verdrängungserscheinungen, bei akuter eitriger Thyreoiditis

    Einen Algorithmus zur Diagnostik der Struma finden Sie hier: Struma-Diagnostik

  4. Spezielle Vorbereitung

    • bei Eu-, Hyopthyreose keine spezielle Vorbereitung ASA I/ II Patienten
    • bei Hyperthyreose erst Thyreostatika zur Erlangung der Euthyreose; ggf. Plummern mit Lugolscher Lösung für sieben Tage (stätionär) und dann direkte OP
    • bei erhöhtem kardiopulmonalem Risiko, Abklärung des OP-Risikos, ggf. weitere Diagnostik (Belastungs-EKG, Herz-Echo, Coronar-Angiographie, etc.)
    • Thromboseprophylaxe mit niedermolekularen Heparin nur bei Risikopatienten
    • Antikoagulantien sollten sieben Tage vor dem Eingriff abgesetzt werden
  5. Aufklärung

    • Empfehlung: Perimed®-Aufklärungsbogen
    • Blutung/ Nachblutung
    • Gefäß-/Nerven-/Organverletzung (permanente Stimmbandnervenparese/ Hypoparathyreoidismus <1% in Zentren)
    • Wundheilungsstörung
    • Infektion
    • eventuell lagerungsbedingte HWS-Beschwerden
    • Thrombose
    • Embolie
    • eventuell Re-Eingriff bei Malignom
Anästhesie

Intubationsnarkose bei Strumaoperationin Ausnahmefällen in Lokalanästhesieperioperative Analgesie m

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