Perioperatives Management - Leberzystenentdachung, laparoskopisch

  1. Indikationen

    • Große einfache nicht-parasitäre Leberzysten mit Symptomen ohne  Risikomerkmale in der Bildgebung
    • Polyzystische Leberläsionen Typ I (begrenzte Anzahl großer Zysten an der Leberoberfläche)

    Bemerkung: Die meisten Zysten sind harmlos, dennoch ist es entscheidend, Zysten mit bösartigem oder infektiösem Potenzial zu unterscheiden. Symptomatische oder verdächtige Zysten sollten weiter untersucht und ggf. behandelt werden. 

    Empfehlungen

    • Asymptomatische einfache Zysten: keine Behandlung, keine Nachsorge
    • Einfache Zysten mit Risikomerkmalen im Ultraschall: weitere Abklärung mit CT oder MRT 
    • Symptomatische einfache Zysten: chirurgische Fenestrierung/Zystenentdachung oder Aspiration mit Sklerotherapie s. Evidenz
  2. Kontraindikationen

    • asymptomatische Zysten
    • polyzystische Leberläsionen Typ II (multiple kleine Zysten in der gesamten Leber)
    • tumoröse Zysten (Zystadenome, Zystadenocarzinome)

    als relative Kontraindikationen gelten

    • parasitäre Leberzysten
    • Lokalisation: posteriore Lebersegmente I, VII, VIII
    • schwerwiegende Gerinnungsstörungen
    • Kardiopulmonale Risikofaktoren
    • Leberzirrhose
  3. Präoperative Diagnostik

    Anamnese und klinische Untersuchung

    Patientinnen und Patienten mit großen Leberzysten (> 5 cm) können bei Wachstum durch Dehnung der Glisson-Kapsel , Ruptur oder Druck auf Nachbarorgane Symptome wie Bauchschmerzen, Völlegefühl, Atemnot, Beinschwellung durch Vena-cava-Kompression entwickeln. 

    Die Beschwerden können hierbei sehr mannigfaltig sein und von postprandialem Völlegefühl bei Kompression des Magens über chronischen Kapselschmerz und Einblutungen bis hin zu Symptomen aufgrund von Gallenwegs- oder Gefäßkompression durch den Tumor reichen. Ggf. lassen sich diese Beschwerden mit dem krankheitsspezifischen Polycystic Liver Disease Questionnaire (PLD-Q) erfassen – einem validierten Bewertungsinstrument.

    Bildgebende Verfahren

    Der kontrastmittelverstärkte Ultraschall stellt den Goldstandard in der Diagnostik benigner Leberveränderungen dar.

    Computertomographie und MRT mit spezifischem Kontrastmittel können die Sensitivität und Spezifität in der Diagnostik von Leberveränderungen in Zusammenschau mit der Ultraschalluntersuchung nochmals erhöhen.

    Einfache hepatische Zysten können schon durch eine konventionelle Ultraschalluntersuchung mit einer Sensitivität und Spezifität von 90% diagnostiziert werden:

    • Ultraschall (ggf. CEUS, Contrast-Enhanced Ultrasound): Glatt begrenzte, rundlich-ovale, homogen echoleere Raumforderung mit dorsaler Schallverstärkung, ohne Binnenstrukturen oder Wandverdickung. Keine Verkalkungen, keine Binnenreflexe, keine Wandknoten, kein Anhalt für Kontrastmittelaufnahme. Kleine Septen (1–2 Trennwände) können vorkommen. Sensitivität und Spezifität: ca. 90 %.
    • CT: Keine Binnenstrukturen, hypodens mit Flüssigkeitsdichte (<20 HU), keine Kontrastmittelaufnahme.
    • MRT: Signalarm in T1, signalreich in T2, ohne Kontrastmittelaufnahme; abnehmende Intensität bei höheren b-Werten in der Diffusionsbildgebung.

    Differentialdiagnosen

    Leberzysten mit spezifischen Risikomerkmalen im Ultraschall (z. B. Septen, Fenestrierungen, Verkalkungen, Wandverdickung oder -knoten, uneinheitliche Binnenstruktur oder Vorhandensein von Tochterzysten) erfordern eine weiterführende Diagnostik mittels CT oder MRT.

    Abzugrenzen von den „unkomplizierten“ Parenchymzysten sind andere zystischen Formationen:

    • Caroli-Syndrom (angeborene segmentale zystische Dilatation der intrahepatischen Gallengänge)
    • biliäre Hamartome (Von-Meyenburg-Komplexe) 
    • kongenitale polyzystische Lebererkrankung (PCLD)
    • Posttraumatische oder hämorrhagische Zyste (Binnenechos, Schichtphänomene)

    Infektiöse zystische Läsionen

    • Leberabszess (Binnenechos, unregelmäßige Wand)
    • Echinococcus-Zysten (Tochterzysten, Wandverkalkungen)

    zystisch imponierenden malignen Tumoren wie z.B.

    • Metastasen eines Ovarialkarzinoms
    • Zystadenokarzinom der Leber (Septen, Knoten, Kontrastmittelaufnahme)
  4. Spezielle Vorbereitung

    Blutuntersuchungen (Leberfunktion, serologische Echinokokken-Antikörperbestimmung)

  5. Aufklärung

    Allgemeine Risiken:

    • Allergie
    • Thrombose
    • Embolie
    • Herz-/Kreislaufreaktionen
    • Pneumonie
    • Bluttransfusionen
    • Narbenbruch

    Spezielle Risiken:

    • Wundinfektionen
    • Infektionen des Bauchraumes
    • Nachblutung
    • Aszitesbildung
    • Pleuraerguß
    • Galleleck
    • Rezidiv der Zyste mit erneuter Symptomatik
  6. Anästhesie

    Intubationsnarkose bei Kapnoperitoneum

  7. Lagerung

    Lagerung
    • Rückenlage
    • Arme ausgelagert
    • Beine abduziert
  8. OP – Setup

    OP – Setup
    • Operateur steht zwischen den abduzierten Beinen
    • Assistent befindet sich rechts neben dem Operateur
    • instrumentierende OP- Pflegekraft steht zwischen Operateur und Assistent
  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Trokare : 2 Arbeitstrokare 11 mm, 1 Arbeitstrokar 5 mm, Optiktrokar 11 mm mit 30° Winkeloptik
    • Schere mit monopolarem oder bipolarem Strom, ggf. Ultracision
    • Atraumatische Greifzange
    • Saug-/ Spülapparat
  10. Postoperative Behandlung

    Postoperative Analgesie:
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie: Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Medizinische Nachbehandlung:
    postoperativ Laborbefunde (Hb, Hkt, Bilirubin, alkalische Phosphatase, CRP)
    ggf. Silikondrainage
    Thromboseprophylaxe:
    postoperative Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin.
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie: Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation:
    frühzeitig – bereits am Operationstag
    Krankengymnastik:
    Spezielle krankengymnastische Übungen sind nicht notwendig
    Kostaufbau:
    Wenige Stunden nach dem Eingriff kann Tee getrunken und – abhängig vom Befinden – leichte Kost eingenommen werden.
    Stuhlregulierung:
    Nach laparoskopischen Eingriffen außerhalb des Darmes ist die Darmfunktion normalerweise nicht eingeschränkt; nur bei Bedarf Stuhlregulierung
    Arbeitsunfähigkeit:
    Stationärer Aufenthalt in der Regel zwischen 3 und 7 Tagen; AU nach individuellem Verlauf.