Perioperatives Management - Thoraxdrainage, offene Anlage in Bülau-Technik

  1. Indikationen

    primärer Spontanpneumothorax (>2cm auf den Röntgenbild)

    • Pneumothorax unter Beatmung
    • Iatrogen (ZVK-Anlage, Pleurapunktion)
    • Spannungspneumothorax
    • Persistierender oder rezivierender Pneumothorax
    • Sekundärer Pneumothorax bei Patienten älter als 50 Jahre
    • Maligner Pleuraerguss
    • Parapneumonischer Erguss oder Pleuraempyem
    • Chylothorax: nach Verletzung des D. thoracicus
    • Traumatischer Hämatopneumothorax
    • Postoperative Thoraxdrainage
  2. Kontraindikationen

    Relativ zur vitalen Bedrohung keine. Ansonsten Gerinnungsstörungen; Zwerchfellhernien mit intrathorakaler Verlagerung abdomineller Organe

  3. Präoperative Diagnostik

    Toneinstellungen

    Sonographie: Die thorakale Sonographie gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. In allen Studien ist die Sonographie gegenüber dem Röntgenthorax in der Sensivität bei nahezu gleicher Spezifität überlegen. Vor allem die Diagnose eines ventralen Pneumothorax ist mittels konventionellem Röntgen kaum zu stellen und in der Sonographie vergleichsweise einfach.

    Bei der Untersuchung bezüglich Pneumothorax wird das Pleuragleiten unterhalb des Interkostalraums dargestellt. Zur Vereinfachung der Darstellung und Befunddokumentation eignet sich hierbei die Verwendung des M-Mode (Motion-Mode). Im M-Mode wird eine senkrechte Schalllinie über die Zeit aufgezeichnet. Nach Empfehlung der Expertenkomission sollten so 2 ventrale Abschnitte (2. und 4. ICR parasternal) und 2 laterale Abschnitte (4. und 6. ICR mittlere Axilarlinie) untersucht werden.

    Auch für die Darstellung von Pleuraergüssen ist die Sonographie dem Röntgenthorax überlegen. Während der Untersuchung kann zeitgleich eine geeignete Drainageposition ermittelt und markiert werden.

    Röntgen-Thorax in Exspirationsstellung
    Hinweis Inspirationsaufnahmen sind zum Ausschluss eines Pneumothorax nicht
    geeignet! Auf den üblichen a.p.-Thoraxaufnahmen kann ein ventraler Pneumothorax oft nur vermutet werden. Röntgenanatomisch stellen sich Pleuraergüsse bei Liegendaufnahmen anders dar als bei Stehendaufnahmen, da die Flüssigkeit „ausläuft“.

    Thorax-CT: Bei "lungenkranken" Patienten mit chronischer COPD, Lungenemphysem oder klinischem Verdacht auf ein Pleuraempyem ist die Durchführung einer Computertomographie gerechtfertigt. Auch bei Patienten mit ausgedehntem Hautemphysem ist eine Diagnosestellung mittels Röntgen oder Sonographie häufig nicht möglich.

    Bei vitaler Bedrohung durch das gegebene Krankheitsbild reicht die klinische Diagnose zur Indikationsstellung, in diesem Fall wird auf die weiterführende Diagnostik verzichtet!

  4. Spezielle Vorbereitung

    Wenn möglich (z. B. bei Pleuraerguss) sollten während eines Zeitraumes
    von 8 Stunden vor Anlage der Thoraxdrainage keine Antikoagulantien verabreicht
    werden!

  5. Aufklärung

    • Lungenverletzung
    • Verletzung von interkostalen Nerven und Gefäßen
    • Verletzung intraabdomineller und intrathorakaler Organe
    • Notfall-Thorakotomie
    • Fistelbildung
    • Infektion
    • Blutung
    • Subkutanes Emphysem
    • Reexpansionsödem bzw. Pneumonitis
  6. Anästhesie

    Lokalanästhesie immer dann, wenn der Patient nicht tief analgosediert ist. Die
    Lokalanästhesie muss auch das Periost der Rippe im Bereich des geplanten Zugangsweges sowie die Pleura umfassen, ggf. venöser Zugang, wenn zusätzliche Analgosedierung erforderlich.

  7. Lagerung

    Lagerung
    • Rückenlage
    • Arm der betroffenen Seite über Kopf gelagert
    • Arm der Gegenseite angelagert
  8. OP-Setup

    OP-Setup

    In Abhängigkeit des Befundes stehen Operateur und instrumentierende OP-Pflegekraft beide auf der zu operierenden Seite. Die instrumentierende OP-Pflegekraft steht links des Operateurs.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    Wahl der Drainage:

    • Pneumothorax: Drainagengröße 20 – 24 Ch.
    • Pleuraerguss/Hämatothorax: Drainagengröße 28–30 Ch.

    Kornzange
    Skalpell
    Stumpfe Schere
    Annaht
    Kompressen
    Wasserschloss

  10. Postoperative Behandlung

    postoperative Analgesie: Nicht-steroidale Antirheumatika sind in der Regel ausreichend, ggf. kann eine Steigerung mit opioidhaltigen Analgetika erfolgen.
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Monitoring der Drainage: Der Wasserspiegel im Auffangsystem bewegt sich bei korrekter Lage der Drainage atemsynchron; bei Pneumothoraxentlastung entweicht Luft. Ein persistierendes „Blubbern“ im Auffangsystem weist entweder auf ein Fortbestehen eines Luftlecks oder auf einen ungenügend festgesteckten Konnektor im Drainagesystem hin. Wenn bei einem persistierenden Luftleck die Drainage plötzlich keine Luft mehr fördert, muss ein Verschluss der Drainage, der einen Spannungspneumothorax zur Folge hätte, ausgeschlossen werden (Anspülen mit Blasenspritze + NaCl 0,9% als Notlösung).
    Durch Blutkoagel kann es immer wieder zu einem Verschluss der Drainage kommen, oft kann man diese durch Ausstreifen der Drainageschläuche in Richtung des Auffangsystems entfernen.

    Medizinische Nachbehandlung: Je nach Indikation unterschiedlich.
    Bei Pneumothorax:
    Belassen der Thoraxdrainage unter Sog (15-20 mmHg) für 3-5 Tage, dann Sog weglassen und Röntgenkontrolle, ist kein Pneumothorax zu sehen: Abklemmen für 4 h und erneuter Röntgenthorax.
    Bei negativem Röntgenbefund: Ziehen der Drainage.
    Bei positiven Röntgenbefund: Belassen des Sogs für 12h und erneuter Abklemm-Versuch.
    Bei persistierendem Pneumothorax: Operative, thorakoskopische Verklebung oder Clippen kleiner Lecks.
    Bei Hämatothorax:
    Fördermenge > 1200ml pro Tag: operativer Verschluss der Blutungsquelle
    Fördermenge < 100 ml/Tag: Ziehen der Drainage. Nach dem Ziehen der Drainage immer Röntgenthorax anfertigen! 

    Entfernen der Drainage:
    Sorgfältige Desinfektion, dann U-Naht um die Drainage (z. B. Mersilene 2.0). Ein Knoten wird vorgelegt und die Enden des Fadens unter Spannung gehalten. Herausziehens der Drainage durch eine zweite Person, dabei soll der Patient ausatmen. Gleichzeitig Knoten zuziehen, Wundränder dicht adaptieren und sterilen Verband anlegen.

    Thromboseprophylaxe: Je nach Krankheitsbild, bei aktiven, jungen Patienten mit einem Spontanpneumothorax, low-dose Heparinisierung völlig ausreichend.
    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: Sofort, auf ausreichende Analgesie ist zu achten, um Schonatmung zu vermeiden.

    Krankengymnastik: Atemgymnastik bei älteren Patienten, um eine Pneumonie zu vermeiden.