Perioperatives Management - Pyloruserhaltende Duodenohemipankreatektomie nach Traverso-Longmire mit T-Drainage (pp-Whipple) - Allgemein- und Viszeralchirurgie
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Indikationen
- Tumoren des Pankreaskopfes (Karzinome, Adenome, zystische Tumore etc.)
- Chronische Pankreatitis mit Komplikationen (z. B. DHC-Stenose, Pankreatikolithiasis, Pankreasgangerweiterung)
- Unklare Raumforderungen im Pankreaskopf
- Distales Gallengangskarzinom
- Papillenkarzinom, große Adenome der Papille oder papillennahe im Duodenum
- Metastasen im Pankreaskopf
Kontraindikationen
Präoperativ
- Gesicherte Infiltration der Gefäße (V. mesenterica superior, V. porta, A. mesenterica superior, Truncus coeliacus)
- Bekannter metastasierender Tumor
- Pfortaderthrombose oder andere Erkrankungen mit ausgeprägten venösen Umgehungskreisläufen (Leberzirrhose)
Intraoperativ
- Gefäßinfiltration, dann ggf. nur Bypass-Operation
- Tumorinfiltrate bis in den Pankreasschwanz, dann Pankreatektomie
- Ausgeprägte lokale Entzündung
- Sehr weiches Pankreas, dann Pankreatektomie
Präoperative Diagnostik
Bildgebende Diagnostik obligat
- Sonographie: Raumforderung im Pankreas, Gangdilatation, Zysten, Cholestase, Cholezystolithiasis
- CT-Abdomen: Raumforderung im Pankreas, Lymphknotenvergrößerung, freie Perfusion von V. mesenterica superior, Pfortader, A. mesenterica superior und Truncus coeliacus, Fernmetastasen, Verkalkungen im Pankreas, Pankreaticolithiasis
- MRCP = Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie: Zysten, Gangunregelmäßigkeiten, -stenosen, -dilatation, Double-Duct-Sign = gleichzeitige Stenose des Ductus pancreaticus
und choledochus, DHC-Stenose, -Dilatation, Pankreaticolithiasis
Bildgebende Diagnostik fakultativ
- Endosonographie: Raumforderung im Pankreas, ggf. mit Punktion und Biopsie, Zysten
- ERCP: s. MRCP, ggf. mit Papillotomie und Stenting des DHC
Pankreas-Funktionsdiagnostik
- Oraler Glukose-Toleranztest bei nicht vorbekanntem Diabetes mellitus zur Einschätzung der endokrinen Pankreasfunktion
- HbA1c zur Einschätzung der endokrinen Pankreasfunktion
- Stuhl-Elastase zur Diagnostik der exokrinen Pankreasfunktion
Labordiagnostik
- Tumormarker CA 19-9
- Tumormarker CEA (insbesondere aus endosonographisch gewonnenem Zystenpunktat)
- Ggf. Genetik: PRSS1, SPINK1, PSTI, CFTR (bei jungen Patienten zum Ausschluss einer hereditären Genese – strenge Indikation, da kostenintensiv!)
Spezielle Vorbereitung
- Blutgruppen-Bestimmung
- Bereitstellung von 4 gekreuzten Erythrozytenkonzentraten
- Ggf. Stabilisierung der Gerinnung (z. B. Konakion® )
- Ggf. Verbesserung der Leberfunktion (z. B. DHC-Stenting bei Ikterus)
Aufklärung
Allgemein
- Wundheilungsstörung
- Thromboembolie
- Lymphfistel
- Verletzung innerer Organe (Darm, Leber, Magen, Milz)
- Folgeeingriffe
Speziell
- Blutung/Nachblutung: PPH = postpancreatectomy hemorrhage
- Pankreasfistel: POPF = postoperative pancreatic fistula
- Magenentleerungsstörung: DGE = delayed gastric emptying
- Galleleckage/Biliom
- Anastomoseninsuffizienz/-stenose: Pancreaticojejunostomie/-gastrostomie, Hepaticojejunostomie, Gastro-/Duodenojejunostomie
- Restpankreatitis
- Nekrose des Pankreasrestes
- Endo- und exokrine Pankreasinsuffizienz
- Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (lebenslang)
Definition und Klassifikation von PPH, POPF und DGE durch die International Study Group of Pancreatic Surgery (ISGPS), siehe hierzu Literaturhinweise
Anästhesie
- Intubationsnarkose
- ZVK
- Arterielle Druckmessung
- Magensonde
- Blasendauerkatheter
- Perioperative Antibiotika-Prophylaxe
- Octreotid-Gabe, z. B. Sandostatin®
- Intra- und postoperative Analgesie mit PDK
Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedure specific postoperative pain management) oder zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.
Lagerung
OP-Setup
Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme
Neben dem abdominalchirurgischen Grundinstrumentarium wird folgendes Zusatz-Equipment benötigt:
- Bauchdeckenrahmen mit 4 Valven (Rahmengröße abhängig vom Habitus des Patienten)
- “Ulmer Retraktor” oder ähnliches Seilzughakensystem
- Verschiedenfarbige Silikonzügel zum Anschlingen anatomisch wichtiger Strukturen
- Bipolares Diathermiesystem, z. B. LigaSure®
- Fakultativ: T-Drainage Kaliber 2,5 – 3,5 mm
Postoperative Behandlung
Medizinische Nachbehandlung
- Mindestens 1 Nacht intensivmedizinische Überwachung
- In der Regel keine Nachbeatmung
- Perioperative Antibiose 48 – 72 Stunden postoperativ
Beginn der perioperativen Antibiose mit der Narkoseeinleitung, z.B. Kombination Claforan® 3 × 2 g und Clont® 3 × 0,5 g i.v.; bei Penicillin-Allergie statt Claforan® Ciprofloxacin 200 mg 1-0-1 - Engmaschige Laborkontrollen
- Bestimmung von Amylase, Lipase und Bilirubin aus dem Drainagesekret
- Entfernung der Drainagen je nach Sekretmengen und den vorgenannten Werten um den 6. – 9. Tag postoperativ
- In der Regel Entfernung der Magensonde am 1. Tag postoperativ
- PDK-Entfernung durch die Anästhesie am 3. – 6. Tag postoperativ
- BZ-Tagesprofile während des stationären Aufenthalts; bei pathologischen Werten Diabetes-Beratung
- Pankreas-Enzym-Substitution und Ernährungsberatung
- PPI-Prophylaxe: initial i.v., dann p.o. über die Entlassung hinaus
- Octreotid sc. für 7 Tage postoperativ, z. B. Sandostatin®
Die Dosierung richtet sich nach dem potentiellen Risiko einer Fistelung: bei palpatorisch eher härterem Pankreasgewebe 3x 100 Mikrogramm, bei palpatorisch weichem Pankreasgewebe 3x 200 Mikrogramm. - Postoperative Infusionstherapie und parenterale Ernährung spätestens ab dem 6. Tag postoperativ absetzen und ZVK entfernen
- Verweildauer auf der peripheren Station 10 – 14 Tage (individuell sehr unterschiedlich)
T-Drainage
Bei dünnkalibrigem DHC und/oder schwierigen Anastomosenverhältnissen empfiehlt sich das Einlegen einer T-Drainage, Kaliber 2,5 – 3,5 mm. Die Drainage bleibt für 7 Tage postoperativ auf Ablauf, dann erfolgt eine Kontrastmittel-Darstellung unter Durchleuchtung. Ist eine Anastomoseninsuffizienz ausgeschlossen, wird die Drainage abgeklemmt und die anastomosennahe EasyFlow-Drainage entfernt. Die T-Drainage wird 6 – 8 Wochen belassen (der Patient zwischenzeitlich entlassen) und dann erneut einer Kontrastmittel-Darstellung unterzogen. Bei regelrechten Anastomosenverhältnissen wird die Drainage unter Antibiotika-Prophylaxe gezogen (nach Antibiogramm aus dem intraoperativ entnommen Gallengangsabstrich oder Tavanic® 500 mg 1 – 0- 1 p.o.). Labor- und Sonographie-Kontrollen am Folgetag sind empfehlenswert, bei Infektzeichen im Labor, Fieber etc. ist gelegentlich eine stationäre Überwachung von einigen Tagen erforderlich.Thromboseprophylaxe
- Keine medikamentöse Thromboseprophylaxe am OP-Tag
- Ab dem 1. Tag postoperativ Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin 1x tgl. sc.
- Abweichung möglich bei Patienten mit erforderlicher Antikoagulation aufgrund von Vorerkrankungen
- Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)
Mobilisation
- Am 1. Tag postoperativ Bettkante
- Dann zügig weiter in Abhängigkeit vom Gesamtzustand und Alter des Patienten
Krankengymnastik
- Atemtherapie und Einzel-Physiotherapie möglichst ab dem 2. Tag postoperativ
Kostaufbau
- Beginnend am 1. und 2. Tag postoperativ mit Tee und Wasser
- Ab dem 3. Tag postoperativ Pankreas-Schonkost, dann schrittweise Steigerung zur Vollkost, am 6. – 9. Tag unter Substitution von Pankreas-Enzymen
Stuhlregulierung
- Falls erforderlich ab dem 3. Tag postoperativ 1x Klysma
- Ggf. Lactulose-Sirup oder Macrogol p.o (z. B. Bifiteral® oder Movicol®)
Arbeitsunfähigkeit
- sehr individuell
- auch abhängig von weiteren Therapie-Maßnahmen, z. B. Chemotherapie
- Generell sollte eine körperliche Schonung über 2 – 3 Monate eingehalten werden