Perioperatives Management - Analfistel, Plastischer Fistelverschluss

  1. Indikationen

    Der plastische Fistelverschluss in Verschiebelappentechnik ist ein sphinkterschonendes Verfahren mit guten Ergebnissen, das seit mehr als 100 Jahre angewendet wird, weltweit verbreitet und somit immer noch aktuell ist.

    Ziel ist, die innere Fistelöffnung mittels einer lokalen Lappenplastik in unserem Beispiel bestehend aus Mukosa und Submukosa zu verschließen. Es gibt Modifikationen die zusätzlich Teile der inneren Sphinkter-/Rektummuskulatur verwenden oder aber einen Rektumvollwandlappen bilden.

    Der beschriebene Technik eignet sich insbesondere für hohe und suprasphinktäre Analfisteln ohne Seitenäste oder verbliebene Abszesshöhlen und weist gute Heilungsraten auf.

    Ätiologie der kryptoglandulären Analfisteln

    Die kryptoglanduläre Hypothese nach Parks gilt als allgemein akzeptierte Erklärung für die Entstehung perianaler Abszesse und Fisteln. Demnach resultiert zunächst ein perianaler Abszess aus der Obstruktion einer Proktodäaldrüse bzw. ihres Drüsengangs mit nachfolgender Infektion. Die Fistel stellt dabei den Abszessdrainagekanal dar, der infolge einer chronischen Entzündung und Epithelialisierung entsteht. Die innere Öffnung aller kryptoglandulären Analfisteln befindet sich –entsprechend der Proktodäaldrüsenmündung− in einer Analkrypte an der Linea dentata, wohingegen die äußere Fistelöffnung in der perianalen Haut liegt.

    Die Klassifikation kryptoglandulärer Analfisteln basiert auf ihrem Verlauf in Relation zum analen Sphinkterapparat. Man unterscheidet

    ·       Subanodermale/subkutane Analfistel

    ·       Intersphinktäre Analfistel

    ·       Transsphinktäre Analfistel

    Bemerkung: Bei der transsphinktären Analfistel durchdringt der Fistelgang den Sphincter ani externus und tritt in die Fossa ischioanalis ein. Je nachdem, ob der Sphincter ani externus im kranialen oder kaudalen Anteil vom Fistelgang durchbohrt wird, spricht man von einer „hohen“ bzw. „tiefen“ transsphinktären Analfistel. Die hoch-transsphinktäre Fistel ist nicht eindeutig definiert. Gewöhnlich spricht man von einer hohen transsphinktären Anafistel bei >30% betroffenem Sphincter ani externus, d. h. die Fistel durchzieht den Muskel in seinen oberen zwei Dritteln.

    Eine Fistelspaltung sollte nur bei einfachen Analfisteln durchgeführt werden, bei denen wenig anale Sphinktermasse betroffen und die präoperative Kontinenzleistung nicht eingeschränkt ist. Dies betrifft subanodermale/ subkutane und intersphinktäre bedingt auch tiefe transsphinktäre Analfisteln. Da der anale Sphinkterapparat bei Frauen ventralseitig weniger prominent ausgebildet ist, ist bei Spaltung von anterioren Fisteln Vorsicht geboten, insbesondere bei anamnestisch bekannten Geburtsverletzungen.

    Bei der endgültigen chirurgischen Analfistelversorgung gilt der Grundsatz: Die innere Fistelöffnung muss stets mitreseziert werden, da sie den Ausgangspunkt von kryptoglandulären Analfisteln darstellt – unabhängig von Höhe und Verlauf der Analfistel. Ein Belassen der inneren Fistelöffnung erhöht das Risiko eines Rezidivs, das sich durch narbige Veränderungen nach proximal ausdehnen kann und zur Entstehung komplexer suprasphinktärer Fisteln und supralevatorischer Abszesse führen kann 

  2. Kontraindikationen

    • akute Entzündung
    • Abszess
    • Inoperabilität des Patienten

    Hinweis: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen stellen bei dieser Operationsmethode keine Kontraindikation dar.

  3. Präoperative Diagnostik

    • Die notwendige Diagnostik erfolgt bereits im Vorfeld bei der Therapie der akuten Entzündung. In der Regel erfolgte primär die Einlage eines Drainage-Silikon-Fadens.
    • Bei unklarem Fistelverlauf oder persistierender Fistel- bzw. Abszesshöhlen kann eine Endosonographie oder eine MRT-Untersuchung notwendig sein.
  4. Spezielle Vorbereitung

    • Präoperatives Abführen am Abend vor der Operation mit Klysma oder Zäpfchen ggf. zusätzlich ballaststofffreie 48 Stunden vor der Operation, orale Lavage bei komplexen Fisteln überlegen.
    • Antibiotische Prophylaxe z.B. mit Amoxicillin/Clavulansäure intravenös, eine halbe Stunde vor Operationsbeginn.
    • Ggf. Stomaanlage planen, sehr selten erforderlich.
  5. Aufklärung

    Allgemein:

    • Blutung
    • Thrombose
    • Embolie etc.

    Speziell:

    • konsekutive Inkontinenz
    • Sensorisches Defizit mit Inkontinenzbeschwerden oder Stenosen
    • Stenosen durch Narbenbildung
    • Sekundäre Wundheilung
    • Abszess
    • Fistelpersistenz und Rezidiv in 30-40%
  6. Anästhesie

    Je nach Allgemeinzustand des Patienten:

  7. Lagerung

    Lagerung
    • Steinschnittlagerung
  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Der Operateur sitzt vor dem in Steinschnittlage gelagerten Patienten, der 1. Assistent links daneben. Die instrumentierende OP-Pflegekraft steht oder sitzt seitlich rechts neben dem Operateur.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Verschiedene Sonden (zur Sondierung der Fistel)
    • ggf. Toluidinblau bei unklarem Fistelverlauf
  10. Postoperative Behandlung

    postoperative Analgesie: Nicht-steroidale Antirheumatika sind in der Regel ausreichend, ggf. kann eine Steigerung mit opioidhaltigen Analgetika erfolgen.
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    medizinische Nachbehandlung: Der Wundbereich sollte ab dem ersten postoperativen Tag mehrfach täglich für einige Minuten mit kühlem bis lauwarmem Leitungswasser in Trinkwasserqualität ausgespült werden. Im Anschluss kann eine Kompresse mit Panthenol-Salbe auf die Wunde aufgelegt werden. Ein Austamponieren der Wunde ist nicht indiziert.

    Thromboseprophylaxe: Bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des mittleren Thrombembolierisikos (operativer Eingriff > 30min Dauer) neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer ggf. in gewichts – oder dispositionsrisikoadaptierter Dosierung bis zum Erreichen der vollen Mobilisation verabreicht werden.
    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: Sofort
    Krankengymnastik: Nicht nötig
    Kostaufbau: parenteral oder Astro-Kost bzw. Normalkost (nicht evidenzbasiert)
    Stuhlregulierung: Eine konsequente Stuhlregulation mit Flohsamenschalen, Macrogol, Laktulose oder Loperamid ist essenziell zum Erreichen einer geformten, nicht zu festen Stuhlkonsistenz.

    Arbeitsunfähigkeit: Krankenhausaufenthalt: 5 Tage, Arbeitsunfähigkeit: 4-6 Wochen