Perioperatives Management - Hämodialyse-Shuntchirurgie: Brachiocephale Fistel („Ellenbeugen-Direktshunt“)

  1. Indikationen

    • dekompensierte Niereninsuffzienz
  2. Kontraindikationen

    • Herzinsuffizienz NYHA III bis IV mit massiven Einschränkungen der kardialen Ejektionsfraktion
    • Infekte in unmittelbarer Nähe zum OP-Gebiet
    • mangelhaft entwickelte Armvenen/Unterbrechung der Armvenen z. B. nach multiplen Punktionen
    • höhergradige PAVK obere Extremität
  3. Präoperative Diagnostik

    Anamnese

    • Z. n. Anlage eines ZVK? -> zentrale Venen offen? -> ggf. Duplex/Phlebographie
    • Z. n. Herzschrittmacheranlage? -> welches Gefäß wurde verwendet? Verschluss V. cephalica oder V. subclavia?
    • Z. n. Gefäßoperationen oder Verletzungen am Arm?
    • Diabetes mellitus? -> ggf. primäre Anlage der AV-Fistel am Oberarm
    • Hinweise auf KHK und ggf. PAVK an der oberen Extremität? -> ggf. Kontraindikation für Shuntanlage
    • Antikoagulantien? Weiterführung perioperativ?
    • frühere Shunt-OP? -> spontan verschlossen? rezidivierende Shuntthrombosen?

    Inspektion

    • ödematöse Schwellung des Arms? -> zentrale Problematik?
    • venöse Kollateralen im Schulterbereich? -> Hinweis auf Verschluss der V. subclavia
    • entzündliche Veränderungen, Ekzem, Hautmykose? -> lokale Kontraindikation
    • Hautkolorit der Akren

    Klinische Untersuchung

    • Palpation von A. brachialis, A. radialis und A. ulnaris: Pulse tastbar?
    • Allen-Test (s.u.): Funktionstest zur Überprüfung der Durchblutung der Hand über die A. radialis und die A. ulnaris 
    • Beurteilung der Venenqualität durch leichte Stauung mittels RR-Manschette

    Technische Untersuchung

    • Duplexsonographie arteriell und venös („Fistel-Mapping“)
      • Aufsuchen tiefer liegender Venen bei adipösen Patienten
      • Beurteilung der venösen Durchmesser
      • Beurteilung der arteriellen Gefäßwände (Arteriosklerose?) 

    Allen-Test

    Durchführung

    Zunächst komprimiert der Untersucher sowohl die A. radialis als auch die A. ulnaris manuell. Im Anschluss schließt der Patient die Hand mehrfach zur Faust, um das venöse Blut abzupumpen, bis die Handinnenfläche weiß wird.

    Durch selektive Öffnung der manuellen Kompression der A. radialis oder der A. ulnaris wird geprüft, ob die Kollateralversorgung der Hand die Durchblutung gewährleistet. Normalerweise ist durch die Kollateralversorgung der Hand eine der beiden Arterien ausreichend, um die ganze Hand mit arteriellem Blut zu versorgen. 

    Bewertung

    Färbt sich die Hand nach Öffnen der Kompression rasch rosig (ca. 5-7 Sek.), ist der Allen-Test unauffällig. Bleibt die rasche Reperfusion aus oder ist diese Zeit deutlich verlängert, so ist der Test pathologisch und weist auf Gefäßanomalien, Verschluss oder arteriosklerotische Gefäßveränderungen der jeweiligen Arterie hin. 

  4. Spezielle Vorbereitung

    • Shuntanlage an dialysefreiem Tag planen!
    • ggf. Haarkürzung im OP-Gebiet               
  5. Aufklärung

    Allgemeine Risiken

    • Nachblutungen, Hämatome, ggf. operative Revision
    • Fremdblutübertragung, Infektionsrisiko (Hepatitis, HIV)
    • Wundinfektionen, medikamentöse oder operative Maßnahmen
    • Allergie/Unverträglichkeit (Latex, Medikamente, Kontrastmittel)
    • Thromboembolie
    • Haut-, Gewebe-, Nervenschäden
    • Keloide

    Spezifische Risiken

    • Infektion, Thrombophlebitis, ggf. operative Revision
    • Nervenläsion (bes. bei Korrektur-/Wiederholungseingriffen)
    • Minderperfusion der Extremität, ggf. Freilegung, Aufhebung oder Neuanlage des Shunts
    • Steal-Phänomen
    • chronisches Armödem infolge zentralvenöser Abflussstörung, ggf. Ballondilatation oder Stent
    • Herzinsuffizienz infolge shuntbedingter Erhöhung des Herzzeitvolumens
    • Röntgenkontrastmittel → Kompromittieren der Nierenfunktion
    • Aneurysma, Stenosen →  operative Revision
  6. Anästhesie

    • meist Lokalanästhesie
    • Plexusanästhesie möglich
    • ITN selten
  7. Lagerung

    PM 306-1

    Rückenlagerung, betroffener Arm ausgelagert auf Armtisch

  8. OP-Setup

    PM 306-2

    Operateur sitzt vor dem Armtisch, Assistenz und instrumentierende OP-Kraft gegenüber

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    Gefäßinstrumentarium mit weichen Gefäßklemmen (z. B. Kardio-Bulldog)

  10. Postoperative Behandlung

    Postoperative Analgesie

    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management) und zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    Medizinische Nachbehandlung

    • in den ersten Tagen Hochlagerung der Hand, z. B. auf Kissen
    • frühzeitiges Bewegen der Finger
    • Kontrolle des Shunts, der postoperativ und im Verlauf gut schwirren muss
    • Shunt-Auskultation → Maschinengeräusch
    • regelmäßige sterile Verbandswechsel
    • keine zirkulären Verbände!
    • kein Blutdruckmessen am Shuntarm!
    • Hautfäden – sofern nicht resorbierbar – min. 2 Wochen belassen
    • Shuntpunktion meist nach 2 Wochen möglich

    Thromboseprophylaxe

    • keine

    Mobilisation

    • 2 Std. postoperativ bei Lokalanästhesie
    • 3-4 St. postoperativ bei ITN

    Krankengymnastik

    • keine

    Kostaufbau

    • sofort bei Lokalanästhesie

    Stuhlregulierung

    • entbehrlich

    Arbeitsunfähigkeit

    • individuell bzw. je nach Krankheitsschwere