Evidenz - Alloplastischer carotido-subclavialer Bypass bei A. subclavia-Stenose links

  1. Zusammenfassung der Literatur

     Verschlussprozesse der Arteria subclavia

    Die Subclaviastenose ist mit einer Prävalenz von 1,9 % in der Normalbevölkerung ein seltenes Krankheitsbild [1]. Bei Personen mit gleichzeitig bestehender peripherer arterieller Verschlusskrankheit steigt diese Prozentzahl auf 11,5 % [2]. Im Verteilungsmuster ist die linke Seite 3- bis 4-mal häufiger betroffen als die rechte, was vermutlich auf die Turbulenzen am steileren linken Gefäßabgang zurückzuführen ist, wodurch arteriosklerotische Veränderungen begünstigt werden, die eine tragende Rolle in der Entstehung der Stenosierungen spielen [3].

    Die überwiegende Anzahl an Patienten ist seitens der Subclaviapathologie asymptomatisch, bedarf jedoch einer Behandlung und Kontrolle arteriosklerotischer Risikofaktoren im Sinnen der Sekundärprophylaxe: Thrombozytenaggregationshemmer, Statine und ACE-Hemmer zur Blutdruckregulierung. Im Fall entzündlicher Grunderkrankungen (Takayasu-Arteriitis, Riesenzellarteriitis, Lues) werden Prednisolonäquivalente eingesetzt.

    Bei den invasiven Maßnahmen stehen endovaskuläre Maßnahmen und konventionelle operative Prozeduren zur Verfügung. Es besteht allgemeiner Konsens darüber, dass die Indikation zur Behandlung einer Subclaviastenose, sei sie nun interventionell oder operativ, nur dann gegeben ist, wenn der Patient entsprechende Symptome aufweist [4].

    Die Indikation zur intra-, extrathorakalen oder interventionellen Rekonstruktion hängt ab von:

    • dem Allgemeinzustand des Patienten
    • Charakter und Dauer der neurologischen oder Armsymptomatik
    • Lokalisation und Ausdehnung der Gefäßläsion
    • Anzahl der erkrankten Gefäße
    • Morphologie.

    Chirurgische Intervention

    Zu den operativen Prozeduren gehören die Transposition der A. subclavia auf die A. carotis communis, die Anlage eines carotido-subcavialen Bypasses mit einem synthetischen Graft (wie im Filmbeispiel) sowie die Anlage eines subclavio-axillären Bypasses sowie anderer extraanatomischer Verfahren bei inkomplettem Aortenbogen-Syndrom.

    Bezüglich des Zugangs werden trans- und extrathorakale Techniken unterschieden. Der transthorakale Zugang, für den eine Sternotomie oder Thorakotomie erforderlich ist, wurde erstmals 1958 von DeBakey beschrieben, der damals einen ascendo-carotidealen Bypass anlegte [5]. Von transthorakalen Operationstechniken ist man zugunsten der weniger invasiven extrathorakalen Zugänge weitgehend abgekommen. Voraussetzung für den extrathorakalen Zugang sind allerdings frei durchgängige Spenderarterien im Hals- und Schulterbereich. Invasive transthorakale Zugänge kommen in Betracht bei Mehrgefäßerkrankung mit Kompromittierung aller drei supraaortischen Äste, behandlungsbedürftigem Aortenbogenaneurysma oder indizierter koronarer Revaskularisation bzw. Klappenersatz.

    Stentgestützte Angioplastie

    Erste Berichte über eine endoluminale Angioplastie der A. subclavia stammen aus 1980 [6]. Seitdem hat sich die Behandlung zunehmend hin zur stentgestützten Angioplastie entwickelt und wird heute meist als Stent-PTA durchgeführt [6,7]. Der transfemorale Zugang zur Behandlung von Stenosen der A. subclavia oder des Truncus brachiocephalicus wird bevorzugt verwendet. Liegen komplexere Pathologien vor, hat man mit der Punktion der A. brachialis bessere Aussichten, die Stenose zu passieren, allerdings müssen höhere Komplikationsraten an der Punktionsstelle in Kauf genommen werden (Dissektion und Verschluss der A. brachialis). Bei isolierten Subclaviastenosen werden Ballon-expandierbare Stents eingesetzt, bei langstreckigen Stenosen > 40 mm selbstexpandierbare. Um einen Verschluss, aber auch zerebrale Embolisationen zu vermeiden, sollte der Vertebralisabgang nach Möglichkeit nicht überstentet werden. Stents im Bewegungssegment unter der Clavicula neigen zu Stentbrüchen und Verschlüssen.

     Ergebnisse

    Die transthorakale Rekonstruktion der isolierten Subclaviastenose wird nicht mehr durchgeführt. Bei Mehrgefäßerkrankungen weist sie jedoch geringe Mortalitätsraten und exzellente Langzeitergebnisse auf [8]. Takach et al. werteten 157 Patienten mit Mehrgefäßerkrankung aus [9]. Eine transthorakale Prozedur erfolgte bei 113, eine extrathorakale bei 44 Patienten. Die Mortalitätsrate war in beiden Gruppen ähnlich gering (2,7 % transthorakal, 2,3 % extrathorakal). Nach 10 Jahren zeigte sich ein Bypassversagen in der transthorakalen Gruppe bei 6 % der Patienten, in der extrathorakalen Gruppe waren 40 % der Bypässe intakt. Das Bypassversagen wird signifikant durch den nichtaortalen Einstrom beeinflusst. Dieselbe Autorengruppe untersuchte an 391 Patienten die Ergebnisse nach operativer vs. endovaskulärer Therapie (229 bzw. 162 Patienten) [10]. Die Mortalitätsraten waren ähnlich (0,9 % operativ, 0,6 % endovaskulär), die Langzeitergebnisse nach 5 und 10 Jahren waren in der operativen Gruppe jedoch signifikant besser.

    Die Mortalitätsraten bei extrathorakalen Prozeduren der A. subclavia liegen zwischen 1 % und 5 %. Haupttodesursache waren kardiovaskuläre Begleiterkrankungen, welche bei Patienten mit einer Subclaviastenose infolge der Arteriosklerose signifikant häufiger vorkommen [11, 12]. Cina et al. werteten in ihrer Analyse 511 Patienten mit Subcla­via-Carotis-Transposition und 516 Patienten mit Carotis-Subclavia-Bypass aus. Mit einem durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 61 Monaten betrug die Offenheitsrate für die Subcla­via-Carotis-Transposition-Gruppe 99 %, in der Carotis-Subclavia-Bypass-Gruppe bei synthetischen Bypässen nach 58 Monaten 86 % und bei Venen-Bypässen nach 49 Monaten 74 % [11].

    Die Erfolgsraten der Dilatation in den 1980er Jahren variierten bei Stenosen zwischen 88 % und 100 % [13 -16], bei Verschlüssen zwischen 46 % und 100 % [16, 17]. Embolische Verschlüsse wurden bei 3 % [18] und Schlaganfälle bei 2 % [19] beobachtet. Verlaufskontrollen zeigten, dass Restenosen bei 10 % bis 28,5 % der Pateinten auftragen [18, 20, 21]. Um die Rate an Rezidivstenosen zu senken, wurden Stents implantiert [22], was zu typischen Komplikationen wie z. B. der Stentdislokation in 9 % der Fälle  führt [23]. In einer monozentrischen Studie lagen die primären und sekundären Offenheitsraten nach Stentangioplastie bei 91,7 % und 96,5 % nach 1 Jahr sowie bei 77 % und 91,7 % nach 2 Jahren [15]. Henry et al. berichteten ähnliche Ergebnisse mit 79 % primärer und 86 % sekundärer Offenheitsrate nach 2 Jahren [24]. Zaytsev et al. zeigten eine Restenoserate von 6 % nach Stentangioplastie der A. subclavia [25]. Schillinger et al. berichteten bei 76 Interventionen über eine technische Erfolgsrate von 93,3 % und folgende Komplikationen: bei jeweils einem Patienten Blutdruckabfall und Bradykardie, AV-Block 2. Grades, transienter Verschluss einer subtotal stenosierten A. innominata und ein nicht behandlungsbedürftiges Punktionshämatom bei 4 Patienten [26].

  2. Aktuell laufende Studien zu diesem Thema

  3. Literatur zu diesem Thema

    1. Shadman R, Criqui MH, Bundens WP et al. (2004) Subclavian artery steno­sis: prevalence, risk factors, and asso­ciation with cardiovascular diseases. J Am Coll Cardiol 44: 618–623

    2. English JA, Carell ES, Guidera SA, Tripp HF (2001) Angiographic preva­lence and clinical predictors of left subclavian stenosis in patients un­dergoing diagnostic cardiac cathete­rization. Catheter Cardiovasc Interv 54: 8–11

    3. Hepp W, Kogel H (2001) Chro­nische Verschlussprozesse des Trun­cus brachiocephalicus und der Arte­ria subclavia. Gefässchirurgie. Urban und Fischer, München Jena, S 376–386

    4. Tesdal IK (2001) Langzeitergebnisse nach PTA und Stentangioplastie bei Subclavialäsionen in En­dovaskuläre versus konventionelle Gefäßchirur­gie. In: Eckstein H-H, Sunder-Plassmann L (Hrsg) 14. Gefäßchirurgisches Symposium 2001 Titisee/Schwarzwald. Steinkopff, Darmstadt, S 107–112

    5. DeBakey ME, Morris GC, Jordan GL et al. (1958) Segmental thrombo-obliterative disease of bran­ches of aortic arch. JAMA 166: 998–1003

    6. Bachman DM, Kim RM (1980) Trans­luminal dilatation for subclavian ste­al syndrome. AJR Am J Roentgenol 135: 995–996

    7. Queral LA, Criado FJ (1996) The treat­ment of focal aortic arch branch le­sions with Palmaz stents. J Vasc Surg 23: 368–375

    8. Reul GJ, Jacobs MJ, Gregoric ID et al. (1991) Inno­minate artery occlusive disease: surgical approach and long-term results. J Vasc Surg 14: 405–412

    9. Takach TJ, Reul GJ, Cooley DA et al. (2005) Brachio­cephalic reconstruction I: operative and long-term results for complex disease. J Vasc Surg 42: 47–54

    10. Takach TJ, Duncan JM, Livesay JJ et al. (2005) Bra­chiocaphalic reconstruction II: operative and en­dovascular management of single-vessel disease. J Vasc Surg 42: 55–61

    11. Cina CS, Safar HA, Lagana A et al. (2002) Subclavi­an carotid transposition and bypass grafting: con­secutive cohort Study and systemic review. J Vasc Surg 35: 422–429

    12. Deriu GP, Milite D, Verlato F et al. (1998) Surgical treatment of atherosclerotic lesions of subclavi­an artery: carotid-subclavian bypass versus subcla­vian-carotid transposition. J Cardiovasc Surg 39: 729–734

    13. Erbstein RA, Wholey MH, Smoot S (1988) Subclavi­an artery steal syndrome: treatment by percutane­ous transluminal angioplasty. AJR Am J Roentge­nol 151: 291–294

    14. Soulen MC, Sullivan KL (1991) Subclavian artery angioplasty proximal to a left internal mammary-coronary artery bypass graft. Cardiovasc Intervent Radiol 14: 355–357

    15. Brountzos EN, Petersen B, Binkert C et al. (2004) Primary stenting of subclavian and innominate ar­tery occlusive disease: a single center‘s experience. Cardiovasc Intervent Radiol 27: 616–623

    16. Kumar K, Dorros G, Bates MC et al. (1995) Prima­ry stent deployment in occlusive subclavian artery disease. Cathet Cardiovasc Diagn 34: 281–285

    17. Motarjeme A (1996) Percutaneous transluminal angioplasty of supra-aortic vessels. J Endovasc Surg 3: 171–181

    18. Tesdal IK (2001) Langzeitergebnisse nach PTA und Stentangioplastie bei Subclavialäsionen in En­dovaskuläre versus konventionelle Gefäßchirur­gie. In: Eckstein H-H, Sunder-Plassmann L (Hrsg)

    19. De Vries JP, Jager LC, Van den Berg JC et al. (2005) Durability of percutaneous transluminal angio­plasty for obstructive lesions of proximal subclavi­an artery: long-term results. J Vasc Surg 41: 19–23

    20. Millaire A, Trinca M, Marache P et al. (1993) Subcla­vian angioplasty: immediate and late results in 50 patients. Cathet Cardiovasc Diagn 29: 8–17

    21. Ferrara F, Meli F, Raimondi F et al. (2006) Percuta­neous angioplasty and stenting of left subclavian artery lesion for treatment of patients with conco­mitant vertebral an coronary subclavian steal syn­drome. Cardiovasc Intervent Radiol 29: 348–353

    22. Fregni F, Castelo-Branco LE, Conforto AB et al. (2003) Treatment of subclavian steal syndrome with percutaneous transluminal angioplasty and stenting: Case report. Arq Neuropsiquiatr 61: 95–99

    23. Martinez R, Rodriguez-Lopez J, Torruella L et al. (1997) Stenting for occlusion of the subclavian ar­teries. Tex Heart Inst J 24: 23–27

    24. Henry M, Amor M, Henry I et al. (1999) Percutane­ous transluminal angioplasty of the subclavian ar­teries. J Endovasc Surg 6: 33–41

    25. Zaytsev AY, Stoyda AY, Smirnov VE et al. (2006) En­dovascular treatment of supra-aortic extracrani­al stenoses in patients with vertebrobasilar insuffi­ciency symptoms. Cardiovasc Intervent Radiol 29: 731–738

    26. Schillinger M, Haumer M, Schillinger S et al. (2001) Risk stratification for subclavian artery angioplas­ty: Is there an increased rate of restenosis after stent implantation? J Endovasc Ther 8: 550–557

Reviews

Sahsamanis G, Vourliotakis G, Pirgakis K, Lekkas A, Kantounakis I, Terzoglou A, Tzilalis V. Primary

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