Anatomie - Cholezystektomie, robotisch assistiert

  1. Funktion Gallenblase und Gallenflüssigkeit

    • Die Gallenblase speichert die in der Leber gebildete Gallenflüssigkeit und setzt diese bei Bedarf frei. Zudem dickt sie die Galle durch Wasser und NaCl Entzug ein und reduziert sie auf bis zu 10% des ursprünglichen Volumens.
    • Die Gallenflüssigkeit wird von der Gallenblase gezielt abgegeben, wenn sich Fette in der Nahrung befinden, die in ihre verdaulichen Bestandteile aufgespalten werden müssen.
    • Ausschüttungsreize sind Cholecystokinin und eine erhöhte Parasympathikusaktivität. Beide Reize führen zu einer Kontraktion der Gallenblase mit Entleerung von Galle über den Ductus cysticus in den Ductus choledochus und schließlich in das Duodenum.
    • Auf diese Weise trägt die Gallenflüssigkeit zur Verdauung fettreicher Nahrung bei.
  2. Makroskopische Anatomie Gallenblase

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    • Die Gallenblase ist ein intraperitoneales Organ, dass sich unterhalb der Leber angrenzend an das Lebersegment 5 in der Fossa biliaris auf der Facies visceralis der Leber befindet.
    • Sie misst etwa 10 cm längs und ungefähr 4 cm im Querdurchmesser. Die Form der Gallenblase ist birnenförmig.
    • Durch die gelblich-grün gefärbte, zähflüssige Galle erscheint die Gallenblase ebenfalls in dieser Färbung.
    • Fassungsvolumen: ca. 70 ml
    • Anatomische Gliederung: Hals (Collum), Körper (Corpus) und Grund (Fundus)
    • Lagebeziehungen:
      • Collum: Liegt ventral der Pars superior duodeni
      • Corpus: Steht in Kontakt zur Flexura colica dextra
      • Fundus: Ragt rechts des Ligamentum falciforme hepatis unter dem Unterrand der Leber her vor (Höhe: 9. Rippe)
    • Verschlussmechanismus:
      • Im Gallenblasenhals und im Ductus cysticus liegt eine spiralige Schleimhautfalte, die Plica spiralis (Valvula heister, Heister Klappe) die den Abfluss der Galle reguliert.
      • Im Bereich des Collums findet sich die sog. Hartmann-Tasche. Diese ist eine Aussackung am Infundibulum und Collum der Gallenblase, am Abgang des Ductus cysticus.
  3. Gallenwege

    • Die Gallenwege beginnen intrahepatisch mit dem rechten und linken Lebergang (D. hepaticus dexter et sinister), die von der Leber absteigen. Bei ihrem Zusammentreffen bilden diese beiden Gänge den Ductus hepaticus communis.
    • Im weiteren Verlauf dieses Ganges zum Duodenum schließt sich der Ductus cysticus an, der von der Gallenblase (Vesica biliaris) kommt. Beide zusammen bilden nun den Ductus choledochus, der in das Duodenum mündet.
    • Die Papilla duodeni major (Vater’sche Papille) stellt einen Sphinkter dar, der den Gallefluss vom D. choledochus in das Duodenum reguliert.
    • Die Galle fließt durch den Ductus hepaticus und der Ductus cysticus in die Gallenblase.

    Der extrahepatische Anteil des Ductus hepaticus sinister ist in etwa 3-5 cm lang und entsteht in der Umbilikalfissur aus der Vereinigung der zwei Gänge aus den Segmenten II und III. Proximal dieser Vereinigungsstelle wird meist der Gallengang von Segment IV aufgenommen.

    Der Ductus hepaticus dexter ist mit knapp 1 cm sehr kurzstreckig und nimmt über einen anterioren und posterioren Ast Gallesekret aus den Segmenten V, VI, VII und VIII auf. Gelegentlich kann der rechte Ductus hepaticus auch fehlen.

    Varianten

    • Anomalien des D. cysticus sind seltener als Gefäßvariationen, hinsichtlich der Gefahr von Verletzungen des D. choledochus jedoch von größerer Bedeutung.
    • Der D. cysticus kann an jeder Stelle in das Gallengangssystem einschließlich der Papille münden. Entsprechend variiert die Länge des D. cysticus, der sehr kurz sein oder fehlen kann, spiralig vor oder hinter dem D. hepaticus comm. verlaufen oder mit ihm eine gemeinsame Wand besitzen kann (Duplikatur des D. choledochus). Darüber hinaus können akzessorische Gallengänge aus der Leber in den D. cysticus, die Gallenblase oder den rechten D. hepaticus münden.

    Praxistip: Sollte der D. cysticus nicht klar ersichtlich sein, so gibt es die Möglichkeit, die Gallenblase zu eröffnen und von innen den Gang zu sondieren. Alternative: bei unklaren Verhältnissen  ICG-Darstellung der Gallenwege oder theoretisch intraoperative Cholangiographie (diese spielt in der Ära des ICG eine zunehmend untergeordnete Bedeutung).

    Praxistip: Verletzungen des D. choledochus ergeben sich nicht selten aufgrund anatomischer Anomalien oder erkrankungsbedingter Veränderungen. Übermäßiger Zug am D. cysticus kann zu einem zu tiefen Setzen der Absetzungsklemme führen, sodass der Choledochusrand miterfasst und mit ligiert wird! Dies führt dann zu Durchtrennung oder Stenose des Hauptgallenganges.

    Ductus hepaticus sinister

    • häufigste (ca. 25 %) und klinisch bedeutsamste Variante ist eine gemeinsame Mündung des Segment-IV-Gallenganges mit den Segment-II/III-Gallengängen (Abb. 3a)
    • bei links-lateralen Resektionen, entsprechenden Leberlebendspenden und beim Lebersplitting kann es leicht zu Beeinträchtigungen des Gallenabflusses aus Segment IV kommen
    40_LAV_03_a_Gallenwege

    Ductus hepaticus dexter

    • gelegentlich sehr kurz oder fehlend, sodass anteriorer und posteriorer Pedikel für das Doppelsegment V/VIII bzw. VI/VII unmittelbar aus dem Ductus hepaticus communis entstammen (Abb. 3b); eine typische Hepatikusgabel fehlt dann
    40_LAV_03_b_Gallenwege

    Abb. 3b bis 3g: rp = rechter posteriorer Gallengang, ra = rechter anteriorer Gallengang, dhs = Ductus hepaticus sinister

    Mündungsvarianten

    • Mündung des posterioren Gallenganges direkt in den Ductus cysticus, hepaticus communis oder choledochus (Abb. 3c-d)
    40_LAV_03_c_Gallenwege
    40_LAV_03_d_Gallenwege
    • Mündung von anteriorem und viel häufiger posteriorem rechten Gallengang in den linken Ductus hepaticus (Abb. 3e-g)
    • wichtig bei Hemihepatektomie links: akzidentelle Durchtrennung kann zu ausgeprägten Galleleckagen und segmentalen Cholestasen im rechten Leberlappen führen
    40_LAV_03_e_Gallenwege
    40_LAV_03_f_Gallenwege
    40_LAV_03_g_Gallenwege
  4. Mikroskopische Anatomie der Gallenblase

    • Die Wanddicke beträgt im Normalzustand < 4 mm präprandial also gefüllt und < 8 mm postprandial also entleert.
    • Die Wand bildet je nach Füllungszustand hohe Falten und Krypten (sog. Rokitansky-Aschoff-Krypten)

    Wandaufbau

    • Tunica mucosa: einschichtig zylindrisches Epithel, Lamina propria mucosae
    • Tunica muscularis: schräg und verschränkt zueinander verlaufende glatte Muskulatur
    • Tela subserosa: bindegewebige Verschiebeschicht zwischen Muscularis und Serosa
    • Tunica serosa: nach intraabdominell gerichtet
    • Tunica adventitia: der Leber zugewandt
  5. Gefäßversorgung und nervale Versorgung der Gallenblase

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    Blutversorgung der Gallenblase

    • 75 % über eine einzige A. cystica, die aus der A. hep. dextra entspringt (dorsal des D. hepaticus dexter verlaufend)
    • In 25% geht die A. cystica von anderen Ästen der Leberarterien oder auch der A. gastroduodenalis ab und verläuft ventral des D. hepaticus communis oder es ziehen mehrere arterielle Äste zur Gallenblase.
    • Abführende Gefäße sind die Venae cysticae, die in die Ligamentum hepatoduodenale in die Pfortader münden

    Praxistip: Sollte es daher bei der Operation zu einer unübersichtlichen Blutung kommen, so kommt diese meist zum Stehen durch Kompression des A. hepatica im Lig. hepatoduodenale oder durch ein Pringle Manöver. Eine fortbestehende Blutung kann auf eine akzessorische Leberarterie aus der A. mesenterica superior hinweisen!

    Calot-Dreieck:  Als Calot´sches Dreieck wird ein anatomischer Raum bezeichnet, der die A. cystica beherbergt. Die Seiten dieses Dreiecks werden gebildet durch den Ductus hepaticus communis, Ductus cysticus und der Leberrand.

    Innervation der Gallenblase

    • Plexus hepaticus: Sympathische und parasympathische sowie sensible Innervation
    • Zusätzlich: Schmerzfasern im N. phrenicus aus dem Plexus cervicalis

    Blutversorgung der Leber und ihre Varianten

    Die Arteria hepatica communis entstammt dem Truncus coeliacus, in seltenen Fällen hat sie ihren Ursprung unmittelbar aus der Aorta oder der Arteria mesenterica superior. Nach Abgabe der Arteria gastroduodenalis teilt sich die Arteria hepatica propria im Leberhilus in die Arteria hepatica dextra und sinistra. Nicht selten finden sich extrahepatisch noch weitere Verzweigungen, wie zum Beispiel die Arterie für das Segment IV, die meist kurz vor der Umbilikalfissur aus der linken Leberarterie entspringt.

    Varianten
    • Abweichungen vom Normalverteilungstyp finden sich in 30 % der Fälle
    • häufigste anatomische Varianten sind eine eigentliche oder akzessorische Leberarterie aus der A. mesenterica superior (Abb. 2a-b) oder aus der A. gastrica sinistra (Abb. 2c-d)
    • gelegentlich liegen beide Varianten gemeinsam vor (Abb. 2e)
    15_LAV_02_a_b_Leberarterie
    15_LAV_02_c_d_Leberarterie
    15_LAV_02_e_Leberarterie
  6. Lymphabfluss

    Der Lymphabfluss der Gallenblase und der extrahepatischen Gallenwege geschieht auf drei Wege:

    • ein Teil der Lymphe fließt in die Nodi lymphoidei cystici,
    • ein Teil in die Nodi lymphoidei hepatici
    • ein Teil in die Lymhknoten des Foramen omentale.

    Von diesen drei Stationen fließt die Lymphe jeweils weiter in die Nodi lymphoidei coeliaci.

    Die Leber verfügt über zwei Lymphabflusswege:

    1.    Größtenteils (90 %) fließt die Lymphe der Leber zu den Lymphknoten an der Leberpforte und von dort über die Nodi lymphatici coeliaci in den Truncus intestinalis ab.

    2.    Der zweite Abflussweg (10 %) betrifft den oberflächlichen Bereich der Facies diaphragmatica und der Area nuda. Die Lymphe gelangt durch das Zwerchfell in die Nodi lymphatici phrenici superiores und über mediastinale Lymphbahnen in den rechten Venenwinkel.

  7. Physiologie der Galle und Pathophysiologie Cholelithiasis

    • Die Bildung der Galle erfolgt in den Hepatozyten, diese geben sie in die Canaliculi biliferi ab.
    • Tägliche Menge: ca. 700 ml/Tag
    • Durch die Gallengangsepithelzellen findet dann eine Modifikation der Galle statt.
      • Sekretion von osmotisch wirksamen Substanzen (u.a. Bicarbonat)
      • Passiver Einstrom von H2O
    • Zusammensetzung Galle:
    • 80% Wasser
    • 10-15% Gallensäuren
    • 5% Lecithin und Phospholipide
    • 1% Cholesterin
    • 1% Abbauprodukte der Leber (v.a. Bilirubin)

    Gallensäuren: 

    • wichtigster Bestandteil der Galle: Fettverdauung und -resorption. 
    • Man unterscheidet:
      • Primäre Gallensäuren: (z.B. Cholsäure und Chenodesoxycholsäure): diese werden durch Hepatozyten aus Cholesterein direkt synthetisiert
      • Sekundäre Gallensäuren: diese entstehen im Darm durch Enzyme anaerober Bakterien aus den o.g. primären Gallensäuren

    Enterohepatischer Kreislauf:

    • Die Gallensäuren unterliegden dem sog. enterohepatischen Kreislauf.
    • Sie werden nur zum Teil mit dem Stuhl ausgeschieden, der größte Anteil aber wird im terminalen Ileum rückresorbiert und über die Vena portae wieder der Leber zugeführt.