Perioperatives Management - Uniportale VATS Lobektomie Mittellappen

  1. Indikationen

    Onkologisch

    • Therapie der Wahl bei Patienten mit histologisch gesichertem, nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom im UICC-Stadium I, Stadium II und Stadium IIIA (T3N1).
      • Nach neuer Leitlinie (2022) kann bei Patienten mit Tumorgröße <2cm oder eingeschränkter kardiopulmonaler Belastbarkeit eine anatomische Segmentresektion mit vergleichbaren Ergebnissen durchgeführt werden. 
    • Entfernung von Metastasen und ungesicherten Rundherden mit zentraler Lage.

    Nicht Onkologisch

    Auf den entsprechenden Lappen beschränkte:

    • Infektiöse Veränderungen wie Abszesse, Myzetome, Aspergillom oder Kavernen
    • Postentzündliche Residuen (z.B. nach Tuberkulose)
    • Bronchiektasen
    • Volumenreduktion bei Lungenemphysem
  2. Kontraindikationen

    • Fehlende kardiopulmonale Reserve für einen lungenresezierenden Eingriff
    • Allgemeine Narkoseunfähigkeit
    • Blutgerinnungsstörung bzw. Einnahme von Gerinnungshemmern
      • Die dauerhafte Einnahme von ASS 100mg stellt keine Kontraindikation dar.
      • Bei höhergradiger Antikoagulation wie Thrombozytenaggregationshemmern (z.B. Clopidogrel), NOAKs (z.B. Xarelto) oder Vitamin K Antagonisten (z.B. Falithrom oder Marcumar) sollte im interdisziplinären Konsil bezüglich Indikation der Antikoagulation, Möglichkeit des Bridgings mit Heparin und operativem Blutungsrisiko ein Therapiekonzept erarbeitet werden.
  3. Präoperative Diagnostik

    Onkologische Diagnostik

    Bei Verdacht auf ein Bronchialkarzinom sollte vor jeglicher Operation die in der Leitlinie angeführten Staging-Untersuchungen durchgeführt werden.

    • Computertomographie Thorax mit Oberbauch, kontrastmittelverstärkt
    • PET-CT
    • MR-Schädel
    • Bronchoskopie
      • Hinweis: Gerade um anatomische Normvarianten des Bronchialsystems zu erkennen ist eine präoperative Bronchoskopie durch den Operateur empfehlenswert.

    Kardiopulmonale Belastbarkeit

    Die Beurteilung der kardiopulmonalen Belastbarkeit und Abschätzung des postoperativen Outcomes ist ein sehr wichtiger und mitunter schwieriger Aspekt der Thoraxchirurgie. Basierend auf den Algorithmen der ERS (= European Respiratory Society)und ESTS (= European Society of Thoracic Surgeons) hat sich folgender Ablauf bewährt:

    • Basisdiagnostik: Anamnese, EKG
      • Bei Hinweis für perioperativ erhöhtes kardiales Risiko (‚Revised-Cardiac-Risk-Index“) weitere kardiologische Abklärung 
      • Bei Diskrepanz zwischen der anamnestischen Belastbarkeit (Treppensteigen, Gartenarbeit, Spaziergänge) und den Parametern der Lungenfunktionstests sind die Ergebnisse kritisch zu hinterfragen und ggf. die Untersuchung zu wiederholen.
    • Lungenfunktion: Diffussionskapazität (DLCO), Bodyplethysmographie (FEV1)
      • FEV1 und DLCO >80% des Sollwertes ist aus lungenfunktioneller Sicht eine Operation bis zur Pneumektomie möglich
      • FEV1 und DLCO <80% weiterführende Diagnostik mittels Spiroergometrie und Ermittlung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max)
        • Bei VO2max > 20ml/kg/KG (>75%) ist aus lungenfunktioneller Sicht eine Operation bis zur Pneumektomie möglich
        • Bei VO2max < 10ml/kg/KG (< 35%) ist eine Operation kontraindiziert.

    Gerade in den Fällen VO2max 10-20ml/kg/KG oder einschränkender kardialer Vorerkrankungen ist neben weiterführender Diagnostik (z.B. einer Perfussionszintigrafie, „lung Segment counting“ ) eine interdisziplinäre Einzelfallentscheidung mit erfahrenen Kollegen essenziell.

  4. Spezielle Vorbereitung

    • Rasur der rechten Thoraxwand, falls erforderlich
    • SingleShot Antibiose mit Cefuroxim 1,5g intravenös ca. 30 Minuten vor dem Hautschnitt.
  5. Aufklärung

    Neben den allgemeinen OP-Risiken wie Thrombose, Embolie, Allergie, Infektion, Blutung und Wundheilungsstörung gilt es spezielle Risiken aufzuklären:

    • Bronchusstumpfinsuffizienz, Bronchusfistel mit Notwendigkeit der Intervention, gegebenenfalls auch Re-Operation
    • Postoperative Luftfistel durch Läsionen des Lungenparenchyms
    • Postoperative Lymphfistel mit Chylothorax
    • Postoperative Nachblutung mit eventuell notwendiger Re-Operation
    • Umstieg zur Thorakotomie und gegebenenfalls Erweiterung der Resektion, Vorgehen je nach intraoperativem Befund
    • Verletzung benachbarter Strukturen insbesondere der Trachea und Hauptbronchien, großer Gefäße und des Ösophagus mit Notwendigkeit zur entsprechenden Erweiterung des Eingriffs
    • Schäden am Nervus phrenicus mit Zwerchfellhochstand der betroffenen Seite und Verletzung (vor allem bei linksseitiger Operation) des Nervus laryngeus recurrens mit Stimmlippenparese der betroffenen Seite
    • Lagerungsschäden
    • Kardiale Arrhytmien

    Behandlungsalternative: Bei onkologischer Diagnose definitive Radiochemotherapie

  6. Anästhesie

    Intubationsnarkose mit Einlungenventilation der Gegenseite.

  7. Lagerung

    Lagerung

    Als Standardlagerung für minimalinvasive thoraxchirurgische Eingriffe empfiehlt sich die überstreckte Seitenlagerung.

    • Knickung des OP-Tisches auf Höhe der Schulterblattspitze
    • Horizontale Ausrichtung der Thoraxwand mittels leichter Anti-Trendelenburglagerung
    • Stabilisierung der Lagerung mittels gepolsterten Seitenstützen im Bereich des Abdomens und der LWS, sowie einem U-Kissen zwischen den Beinen. Es kann gelegentlich hilfreich sein, zusätzlich eine Schulterstütze zu verwenden.

    Abschließend ist darauf zu achten, druckgefährdete Stellen zu polstern sowie den Kopf auf einem Gelring zu lagern, um eine zu starke Knickung der HWS zu vermeiden. Der Arm der OP-Seite wird mittels Armhalter zur Seite ausgelagert und sollte unterhalb des Schulterniveaus platziert werden, um eine eventuelle Behinderung bei der späteren Operation zu vermeiden.

  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Die Anordnung wie auf dem Bild gezeigt von Operateur und Assistenten ventralseitig und der OP-Pflege gegenüber wurde von der Kopenhagener Arbeitsgruppe um Hendrik Hansen beschrieben. Gerade bei der uniportalen VATS aber auch bei der 3-Port VATS kann hier über die anterolateral gelegene Minithorakotomie optimal gearbeitet werden.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Wundschutzringfolie (Wundretraktor)
    • Standard VATS Instrumentarium mit gebogenen Instrumenten
      • Eine Ultraschallschere kann für die bluttrockene und damit übersichtliche Präparation hilfreich sein.
    • Endoskopisches Klammernahtgerät
      • Klammernahtmagazine mit gebogener Spitze helfen bei der schonenden Umfahrung kleinerer Gefäße.
      • Bei emphysematösem Lungengewebe ist eine Klammernahtverstärkung vor Parenchymdurchtrennung sinnvoll.
    • Titanclip Applikator
  10. Postoperative Behandlung

    • Postoperative Analgesie

    Aufgrund der Schmerzen durch die einliegende Thoraxdrainage ist eine Kombinationsanalgesie aus Nichtopiod-Analgetikum (z.B. Novaminsulfon) in Kombination mit einem niedrig dosierten Opiod (z.B. Tilidin) sinnvoll. Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management) und zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    • Medizinische Nachbehandlung
      • Röntgenkontrolle auf dem OP-Tisch
      • Thoraxdrainage mit Sog 20mmHg für ca. 2 Tage postoperativ, bei Sekretionsmenge unter 250ml/24h und ohne Nachweis  einer Luftfistel Entfernung nach Röntgenkontrolle
      • Bronchoskopische Bronchusstumpfkontrolle am 1. und 6. postoperativen Tag.
    • Thromboseprophylaxe

    Standard Thromboseprophylaxe für 14 Tage mit niedermolekularem Heparin subkutan unter Berücksichtigung der Nebenerkrankungen, Nierenfunktion und Laborkontrolle zum Ausschluss einer HIT. Link zur aktuellen Leitlinie: Prophylaxe der venösen Thrombembolie (VTE)

    • Mobilisation

    Vollmobilisation ab 1. postoperativem Tag möglich

    • Krankengymnastik

    Mobilisation, atemvertiefende Maßnahmen und Sekretmobilisation

    • Kostaufbau

    Vollkost

    • Stuhlgangsregulation

    Begleitend bei Opioid-Analgesie

    • Arbeitsunfähigkeit

    Unter Berücksichtigung der Tätigkeit und der Patientensituation ca. 14 Tage