Perioperatives Management - Totale Thyreoidektomie bei benigner Knotenstruma bds.

  1. Indikation

    Bilaterale multinoduläre Knotenstruma

    • Nach subtotaler Schilddrüsenresektion wegen benigner Knotenstruma werden Rezidivraten von bis zu 40 % im Langzeitverlauf beschrieben.
    • Rezidiveingriffe nach vorangegangener subtotaler Resektion sind mit einer deutlich erhöhten Morbidität behaftet (Recurrensparese, Hypokalzämie).
    • Bei entsprechender Routine ist die Rate intra- und postoperativer Komplikationen nach totaler Thyreoidektomie mit denen einer subtotalen Resektion vergleichbar.

    Weitere Indikationen für eine totale Thyreoidektomie:

    • Follikuläres und medulläres Karzinom
    • Papilläres Karzinom mit Durchmesser > 1 cm oder Multifokalität
    • Undifferenzierte Malignome ohne organüberschreitendes Wachstum
    • Einengung der Trachea und/oder des Ösophagus mit Dyspnoe/Schluckbeschwerden
    • Medikamentös nicht beherrschbare Funktionsstörung (M. Basedow, schwere jodinduzierte Hyperthyreose)
    • Struma lymphomatosa Hashimoto mit Ca-Verdacht
    • Selten: subakute Thyreoiditis de Quervain
  2. Kontraindikation

    • Sonographisch/szintigraphisch indifferente Knoten
    • Kardiopulmonale Risikoabschätzung
  3. Präoperative Diagnostik

    3.1 Basisdiagnostik

    Anamnese

    • Lokale Symptome einer Schilddrüsenvergrößerung (zervikales Druck- oder Globusgefühl, Schluckbeschwerden und Dyspnoe, insb. unter Belastung)
    • Symptome einer Hyperthyreose
    • Medikamente (jodhaltige Präparate, Thyreostatika)
    • Familienanamnese hinsichtlich Schilddrüsenerkrankungen
    • Vorbestehende HWS-Probleme (Kopfreklination bei Lagerung!)

    Körperliche Untersuchung

    • Palpation (Größe, Konsistenz der Schilddrüsenlappen, Knoten, Schluckverschieblichkeit, tastbare Lymphknoten)
    • Messung Halsumfang
    • Endokrine Ophthalmopathie

    Stadien der Schilddrüsenvergrößerung:
    Ia tastbare Struma, auch bei Kopfreklination nicht sichtbar
    Ib Struma, die nur bei Kopfreklination sichtbar ist
    II Struma ist bei normaler Kopfhaltung sichtbar
    III Struma mit lokalen Stauungs- und Kompressionszeichen

    Sonographie
    Basisuntersuchungsmethode zur Beurteilung der Schilddrüsen-Morphologie:

    • Volumenbestimmung durch Schall im Quer- und Längsschnitt
    • Verteilung, Echostruktur und Randbegrenzung von Knoten
    • Durchblutung bzw. Gefäßversorgung
    • Beziehung zu Nachbarstrukturen
    • Überprüfung des Lymphknotenstatus
    • Eventuelle retrosternale Ausbreitung

    Szintigraphie
    Basisuntersuchungsmethode zur bildgebenden Beurteilung der Schilddrüsen-Funktion:

    • Hinweise auf Bezirke verminderter (kalte Knoten) oder gesteigerter Aktivität (warme Knoten)
    • Kalte Knoten speichern nicht oder kaum, warme Knoten speichern stärker als das umgebende Gewebe, heiße Knoten speichern intensiv bei gleichzeitiger Supprimierung des umgebenden Gewebes.
    • Autonome Areale, die nicht mehr der regulierenden Steuerung durch TSH unterliegen, können nur durch eine Suppressions-Szintigraphie demaskiert werden.
    • Szintigraphisch nachgewiesene kalte Knoten, die sonographisch echoleer sind, entsprechen Zysten.
    • Nicht echoleere kalte Knoten sind karzinomverdächtig und abklärungsbedürftig; s. fakultative präoperative Diagnostik

    Laboruntersuchungen

    • übliche präoperative Untersuchungen (kl. BB, Gerinnung inkl. Kalzium), ggf. zusätzliche Parameter, je nach Grunderkrankung
    • TSH, Schilddrüsenhormone
      Wichtigster in-vitro-Parameter ist das TSH, dessen pathologische Veränderung auf eine länger bestehende Funktionsstörung der Schilddrüse hinweist. Bei erniedrigter Konzentration besteht der Verdacht auf eine Hyperthyreose, bei erhöhter Konzentration auf eine Hypothyreose. In diesen Fällen ist eine zusätzliche Bestimmung der Schilddrüsenhormone (fT3 und fT4) zwingend erforderlich, bei normwertigem TSH und klinischer Euthyreose kann theoretisch darauf verzichtet werden.

    Stimmbandfunktionsprüfung
    Eine präoperative HNO-ärztliche Laryngoskopie zur Beurteilung der Stimmlippenbeweglichkeit

    • ist unerlässlich, um eine bereits präoperativ vorliegende Schädigung des N. recurrens, z. B. nach Voreingriff oder bei Malignität zu erfassen
    • ermöglicht eine situationsangepasste Operationstaktik
    • ist Grundlage der perioperativen Qualitätssicherung
      Hinweis: Prä- und postoperative Laryngoskopie und das intraoperative Neuromonitoring stellen eine unzertrennbare diagnostische Einheit dar. Das Neuromonitoring ist ohne Kenntnis der klinischen Larynxfunktion nicht verwertbar!

    3.2 Fakultative Diagnostik

    Magnetresonanztomographie/Nativ-Computertomographie

    • bei Verdacht auf eine retrosternale Struma, um das Ausmaß des retrosternalen Anteils einschätzen zu können, wodurch die präoperative Planung eines eventuell notwendigen thoraxchirurgischen Zugangsweges (Sternotomie) erleichtert wird
    • bei ausgeprägten lokalen Kompressionserscheinungen
    • bei organüberschreitendem Wachstum

    Die Computertomographie hat den Nachteil, dass grundsätzlich auf die Kontrastierung mit Kontrastmittel verzichtet werden muss, einerseits wegen der Gefahr der jodinduzierten Hyperthyreose, andererseits, um eine Jodkontamination im Hinblick auf eine Radiojodtherapie zu vermeiden. Nach exogener Jodzufuhr sind die Jodrezeptoren über einen längeren Zeitraum blockiert, was eine Radiojodtherapie und eine Schilddrüsenszintigraphie unmöglich macht.

    Tracheazielaufnahme (erübrigt sich bei Vorliegen einer CT/MRT)

    • bei V.a. Tracheomalazie

    Laboruntersuchungen

    • Thyreoglobulin
      dient der Verlaufskontrolle bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen und sollte nach thyreoablativer Therapie nicht mehr im Serum messbar sein; späterer Wiederanstieg spricht für ein Rezidiv oder eine Metastase
    • Kalzitonin-Erhöhung hinweisend auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom

    Schilddrüsenantikörper zur Diagnostik von Immunthyreopathie und Thyreoiditis

    • Antikörper gegen TSH-Rezeptor (TSH-R-AK) sollten bestimmt werden, wenn aufgrund der klinischen Untersuchung und der bildgebenden Verfahren keine eindeutige Abgrenzung zwischen einem M. Basedow und einer nichtimmunogenen Hyperthyreose möglich ist.
    • Antikörper gegen Schilddrüsenperoxidase (TPO-AK) werden bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse bestimmt; sie sind bei 90 % der Patienten mit Hashimotothyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis) und bei 70 % der Patienten mit M. Basedow erhöht.
    • Antikörper gegen Thyreoglobulin (Tg-AK) werden bei Verdacht auf eine Autoimmunthyreoiditis bestimmt.

    Punktionszytologie/Feinnadelpunktion

    • Verdacht auf Malignität bei solitären, echoarmen, kalten oder schnell wachsenden Knoten ab 1 cm Größe (Knoten unter 1 cm sollten in einem Intervall von sechs Monaten sonographisch kontrolliert werden)
    • Unscharf begrenzte Knoten
    • Solitäre Knoten bei Zustand nach perkutaner Hochvoltbestrahlung der Halsregion
    • Verdacht auf eine subakute oder chronisch lymphozytäre Thyreoiditis
      Sensitivität und Spezifität der Zytologie liegen bei 80-90 %
    • Therapeutische Feinnadelpunktion: bei großen Schilddrüsenzysten mit lokalen Verdrängungserscheinungen, bei akuter eitriger Thyreoiditis

    Einen Algorithmus zur Diagnostik der Struma finden Sie hier: Struma-Diagnostik

  4. Spezielle Vorbereitung

    Euthyreose

    • Keine spezielle Vorbereitung

    Hypothyreose

    Hyperthyreose

    Jeder Patient mit einer Hyperthyreose, der sich einem elektiven Schilddrüseneingriff unterzieht, soll vor der Operation eine stabile euthyreote Stoffwechsellage aufweisen.

    • Am sichersten ist eine mehrwöchige Gabe eines Thyreostatikums
    • Bei Nebenwirkungen der thyreostatischen Behandlung, die einen Therapieabbruch erfordern, bietet sich die Möglichkeit des Plummerns mit Lugolscher Lösung an
    • Bei leichten Formen der Hyperthyreose kann eine mehrtägige Behandlung mit Betablockern ausreichend sein

    Informationen zur präoperativen Vorbehandlung einer Hyperthyreose finden Sie hier: Präoperative Hyperthyreose

    Erhöhtes kardiopulmonales Risiko

    • Abklärung des OP-Risikos durch weitere Diagnostik (Belastungs-EKG, Herz-Echo, Koronarangiographie, Lungenfunktionstest)

    Antikoagulantien

    • sollten 7 Tage vor der OP abgesetzt werden, ggf. Bridging.
  5. Aufklärung

    • Blutung/Nachblutung/Hämatome
    • Wundinfekt/Wundheilungsstörung
    • Recurrensparese (in Zentren < 1 %)
    • Dauerhafter Hypoparathyreoidismus (in Zentren < 0,5 %)
    • Thromboembolie
    • Lagerungbedingte HWS-Beschwerden
    • Erfordernis einer postoperativen medikamentösen Substitutionstherapie

    Bei sehr großen Strumen und vor Rezidiveingriffen sollte auch auf seltene Komplikationen hingewiesen werden:

    • Verletzungen des Sympathikus (Horner-Syndrom)
    • Verletzungen von Trachea oder Halsgefäßen
Anästhesie

Intubationsnarkose bei Strumaoperationen ... - Operationen aus der Allgemein-, Viszeral- und Transp

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