Eine gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) liegt vor, wenn durch Reflux von Mageninhalt in den Ösophagus ösophageale bzw. extraösophageale Manifestationen hervorgerufen werden und/oder die Lebensqualität durch die Symptome beeinträchtigt wird. Auch wenn die Pathogenese der GERD multifaktoriell ist, ist sie primär durch eine Insuffizienz der Antirefluxbarriere bedingt.
Antirefluxbarriere
Da im Abdomen ein höherer Druck herrscht als im Thorax und der Gradient beim Husten und durch das Valsalvamanöver weiter zunimmt, besteht physiologischerweise die Tendenz, Mageninhalt in Richtung Ösophagus zu bewegen, sodass eine gut funktionierende Barriere zur Verhinderung des Refluxes erforderlich ist. Wesentliche Voraussetzungen für eine suffiziente Antirefluxbarriere sind:
- Funktion und Lage des unteren Ösophagussphinkters („UÖS“)
- externe Kompression durch die Zwerchfellschenkel
- spitzer His-Winkel zwischen distalem Ösophagus und proximalem Mangen
phrenoösophageales Ligament
Aus pathophysiologischer Sicht können 3 grundsätzliche Formen einer insuffizienten Antirefluxbarriere unterschieden werden, die jede für sich alleine oder aber in Kombination miteinander vorkommen können:
- transiente Sphinkterrelaxation
- permanent erniedrigter Sphinkterdruck
- veränderte Anatomie (z. B. Hiatushernie)
Während bei Patienten mit milder Refluxkrankheit die transienten Sphinkterrelaxationen dominieren, sind schwere Formen der GERD häufig mit einer Hiatushernie und/oder einem dauerhaft herabgesetzten Sphinkterdruck assoziiert.
Transiente Relaxation des UÖS
Bei Gesunden und Refluxpatienten mit normalem Ruhedruck des UÖS (> 10 mm Hg) können Refluxepisoden auftreten, die auf transiente, schluckunabhängige Relaxationen des UÖS zurückzuführen sind. Im Gegensatz zu schluckinduzierten Relaxationen sind die transienten Erschlaffungen nicht von einer peristaltischen Ösophagusaktivität begleitet und halten auch länger an. Was Refluxpatienten von Gesunden mit transienten Relaxationen unterscheidet, ist nicht die Häufigkeit der Relaxationen, sondern der Reflux von Magensäure. Bei Gesunden führen transiente Relaxationen eher selten zum Säurereflux, vielmehr steht bei ihnen der Gasreflux im Vordergrund („Aufstoßen“). Auslöser für transiente Relaxationen können u. a. vagovagale Reflexe sein, die durch eine Distension des proximalen Magens ausgelöst werden.
Sphinkterapparat und Hiatushernie
Der UÖS ist ein 3 – 4 cm langes, tonisch kontrahiertes Segment glatter Muskulatur, dessen Druck normalerweise 10 – 30 mm Hg beträgt. Seine muskuläre Kontraktion erfolgt kalziumabhängig, die nervale Regulation cholinerg. Übersteigt der intraabdominelle Druck den Sphinkterdruck – insbesondere bei abruptem Anstieg z. B. durch Husten – oder ist der Sphinkterdruck sehr niedrig (0 – 4 mm Hg), tritt ein Reflux von Mageninhalt in den unteren Ösophagus auf. Neben dem UÖS spielen bei einer intraabdominellen Druckerhöhung auch die ca. 2 cm langen Zwerchfellschenkel eine wichtige Rolle als „externe“ Sphinkter.
Disponierend für eine Refluxerkrankung ist die axiale Hiatushernie, bei der es durch verschiedene pathophysiologische Mechanismen zum Säurereflux in den unteren Ösophagus kommt. Durch die Verlagerung des UÖS entwickelt sich eine anatomische Trennung von internem und externem Sphinkterapparat, was einen Verlust der Sphinkterwirkung der Zwerchschenkel zur Folge hat. Darüber hinaus führt die Hernie zu Störungen der UÖS-Funktion mit Abnahme des basalen Drucks und Zunahme transienter Relaxationsepisoden. Der Säurereflux in den unteren Ösophagus wird zudem durch schluckinduzierte Sphinktererschlaffungen begünstigt, die bei Refluxpatienten ohne Hernie und bei Gesunden praktisch nie beobachtet werden.
Säure, Pepsin und Gallensäuren
Bei der Auslösung von Symptomen und Läsionen im Ösophagus spielen Säure und Pepsin eine zentrale Rolle. Bei Patienten mit GERD ist das Volumen der Säuresekretion meist normal, jedoch gelangen Säure und Pepsin über die insuffiziente Antirefluxbarriere in den säureempfindlichen Ösophagus. Die Relevanz der Säure wird durch die Wirksamkeit von Protonenpumpenhemmer in der GERD-Therapie und durch die Korrelation der Säureexposition des Ösophagus mit dem Ausmaß erosiver Schäden unterstrichen. Der schädigende Effekt von Säure und Pepsin kann durch Gallensäuren potenziert werden (duodenogastroösophagealer Reflux, DGÖR). So führen bei saurem pH-Wert konjugierte Gallensäuren zu Erosionen und bei alkalischem pH unkonjugierte Gallensäuren zu einer erhöhten Permeabilität der Ösophagusmukosa.