Anatomie - Anastomosentechnik, gastrointestinal, zirkuläre Klammernaht - Allgemein- und Viszeralchirurgie
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Anatomische Grundlagen
Der Wandaufbau von Dick- und Dünndarm ist sehr ähnlich. Der geringe Anteil von Bindegewebe und kollagenen Fasern in der Tunica mucosa ist für die reduzierte mechanische Belastbarkeit einer alleinigen Mukosanaht verantwortlich.
Die Tela submucosa, aus Bindegewebe mit einem dreidimensional scherengitterartig angeordneten Kollagenfasergerüst und elastischen Netzen bestehend, bildet in allen Teilen des Verdauungstraktes den tragenden Teil der Darmnaht. Ein verlässliches Nahtlager ist auch die Tunica muscularis, und der Serosaüberzug ermöglicht durch Fibrinexsudation einen gas- und flüssigkeitsdichten Verschluss bereits 4-6 Stunden nach Darmnaht.
Dabei spielt der Dickdarm eine Sonderrolle. Aufgrund verschiedener Besonderheiten ist hier die Komplikationsrate höher. Ursachen dafür sind eine geringe Kollateralzirkulation, der fehlende Serosaüberzug an Teilen des Colon ascendens und decendens sowie am gesamten extraperitonealen Rektum und ein geringerer Kollagengehalt der Dickdarmwand bei höherer Kollagenaseaktivität. Hinzu kommt das größere Infektionsrisiko durch die Zunahme der Bakterienkonzentration um das 10 Millionenfache. Daneben finden sich Anaerobier im Dickdarm 1000mal häufiger als aerobe Bakterien.Pathophysiologische Grundlagen
Die dichte Anastomose durch sichere Naht stellt einen wichtigen Teil der abdominellen Chirurgie dar. Ziel jeder Naht am Verdauungstrakt ist zum einen die Wiederherstellung einer flüssigkeits- und gasdichten Innenschicht bei möglichst geringer ischämischer Auswirkung auf die Schnittränder. Zum anderen muss sie die Widerstandsfähigkeit gegen alle physikalischen Belastungen wie wechselnden Innendruck, Peristaltik, Längsspannnung und äußeren Druck durch Nachbarorgane sicherstellen. All dies sollte mittels einfacher und schneller Technik mit dem Ziel einer möglichst geringen Kontamination des
Operationsfeldes sowie der Implantation von wenig und optimal tolerierten Fremdkörpern geschehen.
Nahtmaterial wirkt im Gewebe als Fremdkörper; es unterstützt und stört die Heilung zugleich. Tierexperimentelle Untersuchungen belegen, dass die Festigkeit einer Anastomose bei Prüfung auf deren Berstungsdruck bis zum vierten Tag abfällt und danach wieder ansteigt, bis Normalwerte um den 10. Tag herum erreicht werden.
Dennoch wirkt das Fadenmaterial als Fremdkörper, der die Heilung verzögert und die Gefahr der Infektiosität pathogener Keime erhöht. Um diesen Fremdkörperreiz zu verringern, gibt es verschiedene Möglichkeiten:Geringhalten der Masse des zu implantierenden Nahtmaterials, Anwendung von adsorbierbaren Substanzen, die nur für die Dauer der eigentlichen Haltefunktion verbleiben und Gebrauch von Materialien mit nur geringem Reizpotential.
Die Heilung von Darmanastomosen verläuft wie bei anderen Wunden in drei Phasen. Die erste, bis zum 4. Tag andauernde Phase ist durch Exsudation von Fibrin und Blutbestandteilen gekennzeichnet. In dieser Zeit ist die mechanische Festigkeit der Naht vom verwendeten Nahtmaterial abhängig. In der zweiten Phase, vom 4. – 14- Tag, dominiert die Gefäß- und Fibroplastenproliferation. In der dritten, mehrere Monate andauernden Phase, reorganisieren sich die Darmwandschichten.Technische Grundlagen
In der Chirurgie von Ösophagus, Magen und Rektum hat sich die Anwendung maschineller Nahtgeräte bewährt. Dabei wird bewusst auf das Prinzip der schichtgerechten Adaptation verzichtet. Der Erfolg liegt in der primär sicheren gas- und wasserdichten Naht.
Seit der methodischen und instrumentellen Verbesserung durch Ravitch und Steichen (1979) mit der Einführung desEEA-Staplers fanden maschinelle Nahtmethoden am Gastrointestinaltrakt zunehmende Verbreitung.
Das Prinzip der Staplernaht ist die zweireihige Allschichtennaht mit dem Vorzug eines atraumatischen zu erstellenden, gleichmäßig adaptierten Nahtsaumes. Das aus Edelstahl hergestellte Klammermaterial verursacht nur geringe Nahtreaktionen. Die Klammern werden eingekapselt und ihre Lagewanderung bei NMR-Untersuchungen ist nahezu ausgeschlossen und zumindest unbedeutend.
Die Dimensionen der Klammern sind bei allen zirkulären Magazineinheiten gleich. Nur die Anzahl variiert in Abhängigkeit vom gewählten Durchmesser des Magazins. Die Klammern liegen in doppelter Reihe versetzt angeordnet in der Ladeeinheit. Nach der Verformung entsteht immer eine zweireihige Allschichtennaht. Nach ihrem Verschluss kann die Verformung zur B-Figur vollständig, oder in einem jeweiligen Toleranzbereich für ungleiche Gewebedicken, in Höhe und Form unterschiedlich sein.
Durch die B-Form werden intramural die Gefäße nicht komprimiert und die kapilläre Durchblutung des Nahtsaumes der Anastomose erhalten.
Die mit den zirkulären Staplern hergestellten Anastomosen sind invertierend. Ein Skalpell im Instrument reseziert nach der Klammerverformung das überstehende Gewebe am Nahtsaum. Der Durchmesser der zu erstellenden Anastomose kann variiert werden, die Staplergeräte stehen in unterschiedlichen Durchmessergrößen zur Verfügung.Die Vorteile der maschinellen gegenüber der manuellen Anastomose liegen vor allem in folgenden Kriterien: höhere Schnelligkeit des Anastomosierungsvorganges, bessere Gleichmäßigkeit der Naht mit Spannungsvermeidung, Erhaltung der Gewebedurchblutung durch die „B“-Form der geschlossenen Klammer, geringere Schwellungsneigung, kleines, nicht septisches Arbeitssvolumen, höhere Standardisierbarkeit, hohe reproduzierbare Nahtsicherheit und eine Erweiterung der operativen Indikation.
Dagegen stehen:
- Stapler-Apparate sind unter Notfallbedingungen nur eingeschränkt einsetzbar, da hier meist die Darmwand ödematös verdickt ist und die Toleranzgrenze der Gewebeadaptation überschreitet. Auch bei chronisch entzündlichen Erkrankungen der Darmwand (M.Krohn, Colitis ulcerosa) ist eine maschinelle Naht nicht zu empfehlen.
- Der Einsatz der Staplerapparate erfordert eine spezielle Kenntnis der Technik und eines individuellen Trainingsprogrammes vor dem klinischen Einsatz.
- Die Stapler-Apparate können nicht jeder Operationssituation individuell angepasst werden. In schwieriger technischer Situation muss der Handnaht den Vorzug gegeben werden.
Deshalb: So verführerisch einfach die Stapplergeräte erscheinen, man muss beides, die manuelle und die maschinelle Naht beherrschen. Die manuelle Naht wird in schwierigen Situationen immer ultima ratio sein, sie ist deshalb Basistechnik chirurgischer Weiterbildung!
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