Perioperatives Management - Fistulektomie mit primärer Sphinkterrekonstruktion

  1. Indikationen

    Die Fistulektomie mit primärer Sphinkterrekonstruktion (FPSR) ist insbesondere für distale und intermediäre transsphinktäre Analfisteln eine sichere und erfolgversprechende Methode und kann auch bei komplexen Fisteln eine Option darstellen.

    Sie kann insbesondere bei Rezidivfisteln nach sphinkterschonenden Verfahren oder bei verbliebenen Abszessresthöhlen durchgeführt werden und weist gute Heilungsraten (bis zu 90%) auf.

    Diese Operation stellt das einzige Verfahren zur Fisteltherapie dar, das nicht (partiell) sphinkterschonend durchgeführt wird. Dabei erfolgt eine vollständige Durchtrennung der betroffenen Anteile des analen Sphinkterapparates mit radikaler Resektion des Fistelganges einschließlich des umgebenen Narbengewebes und der inneren Fistelöffnung. Anschließend wird der anale Sphinkterapparat schichtweise rekonstruiert. 

    Ätiologie der kryptoglandulären Analfisteln

    Die kryptoglanduläre Hypothese nach Parks gilt als allgemein akzeptierte Erklärung für die Entstehung perianaler Abszesse und Fisteln. Demnach resultiert zunächst ein perianaler Abszess aus der Obstruktion einer Proktodäaldrüse bzw. ihres Drüsengangs mit nachfolgender Infektion. Die Fistel stellt dabei den Abszessdrainagekanal dar, der infolge einer chronischen Entzündung und Epithelialisierung entsteht. Die innere Öffnung aller kryptoglandulären Analfisteln befindet sich –entsprechend der Proktodäaldrüsenmündung− in einer Analkrypte an der Linea dentata, wohingegen die äußere Fistelöffnung in der perianalen Haut liegt.

    Die Klassifikation kryptoglandulärer Analfisteln basiert auf ihrem Verlauf in Relation zum analen Sphinkterapparat. Man unterscheidet

    ·       Subanodermale/subkutane Analfistel

    ·       Intersphinktäre Analfistel

    ·       Transsphinktäre Analfistel

    Bemerkung: Bei der transsphinktären Analfistel durchdringt der Fistelgang den Sphincter ani externus und tritt in die Fossa ischioanalis ein. Je nachdem, ob der Sphincter ani externus im kranialen oder kaudalen Anteil vom Fistelgang durchbohrt wird, spricht man von einer „hohen“ bzw. „tiefen“ transsphinktären Analfistel. Die hoch-transsphinktäre Fistel ist nicht eindeutig definiert. Gewöhnlich spricht man von einer hohen transsphinktären Anafistel bei >30% betroffenem Sphincter ani externus, d. h. die Fistel durchzieht den Muskel in seinen oberen zwei Dritteln.

  2. Kontraindikationen

    • akute Entzündung
    • Abszess

    Hinweis: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen stellen bei dieser Operationsmethode keine Kontraindikation dar.

  3. Präoperative Diagnostik

    • Die notwendige Diagnostik erfolgt bereits im Vorfeld bei der Therapie der akuten Entzündung. In der Regel erfolgte primär die Einlage eines Drainage-Silikon-Fadens.
    • Bei unklarem Fistelverlauf oder persistierender Fistel- bzw. Abszesshöhlen kann eine Endosonographie oder eineMRT-Untersuchung notwendig sein.
  4. Spezielle Vorbereitung

    • Präoperatives Abführen am Abend vor der Operation mit Klysma oder Zäpfchen ggf. zusätzlich ballaststofffreie 48 Stunden vor der Operation, orale Lavage bei komplexen Fisteln überlegen.
    • Antibiotische Prophylaxe z.B. mit Amoxicillin/Clavulansäure intravenös, eine halbe Stunde vor Operationsbeginn.
    • Ggf. Stomaanlage planen, sehr selten erforderlich.
  5. Aufklärung

    Allgemein:

    • Blutung
    • Thrombose
    • Embolie etc.

    Speziell:

    • Konsekutive Inkontinenz
    • Sensorisches Defizit mit Inkontinenzbeschwerden oder Stenosen
    • Stenosen durch Narbenbildung
    • Sekundäre Wundheilung
    • Abszess
    • Nahtdehiszenz
    • Fistelpersistenz und Rezidiv im Bereich von etwa 10-25% (abhängig von der Fistelhöhe)
  6. Anästhesie

    Je nach Allgemeinzustand des Patienten:

  7. Lagerung

    Lagerung

    Steinschnittlagerung

  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Der Operateur sitzt vor dem in Steinschnittlage gelagerten Patienten, der 1. Assistent links daneben. Die instrumentierende OP-Pflegekraft steht oder sitzt seitlich rechts neben dem Operateur.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Verschiedene Sonden (zur Sondierung der Fistel)
    • ggf. Toluidinblau bei unklarem Fistelverlauf
  10. Postoperative Behandlung

    postoperative Analgesie: Nicht-steroidale Antirheumatika sind in der Regel ausreichend, ggf. kann eine Steigerung mit opioidhaltigen Analgetika erfolgen.
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    medizinische Nachbehandlung: Der Wundbereich sollte ab dem ersten postoperativen Tag mehrfach täglich für einige Minuten mit kühlem bis lauwarmem Leitungswasser in Trinkwasserqualität ausgespült werden. Im Anschluss kann eine Kompresse mit Panthenol-Salbe auf die Wunde aufgelegt werden. Ein Austamponieren der Wunde ist nicht indiziert.

    Thromboseprophylaxe: Bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des mittleren Thrombembolierisikos (operativer Eingriff > 30min Dauer) neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer ggf. in gewichts – oder dispositionsrisikoadaptierter Dosierung bis zum Erreichen der vollen Mobilisation verabreicht werden.
    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: Sofort, körperliche Schonung, kein Sport für mind. 4 Wochen
    Krankengymnastik: Nicht nötig
    Kostaufbau: Parenteral oder Astro-Kost bzw. Normalkost ( nicht evidenzbasiert)
    Stuhlregulierung: Eine konsequente Stuhlregulation mit Flohsamenschalen, Macrogol, Laktulose oder Loperamid ist essenziell zum Erreichen einer geformten, nicht zu festen Stuhlkonsistenz.
    Arbeitsunfähigkeit: Krankenhausaufenthalt: 5 Tage, Arbeitsunfähigkeit: 4-6 Wochen