Perioperatives Management - Pankreatikoduodenektomie, pyloruserhaltend, partiell (OP nach Traverso)

  1. Indikationen

    • Behandlung von potentiell resektablen Malignomen des Pankreaskopfes, der Papille und des distalen Choledochus
      Seltene Indikationen: Duodenalkarzinome, benigne oder zystische Tumore, chronische Pankreatitis oder sogenannten „Dilemma“-Fälle (wenn Bildgebung und Klinik nicht sicher zwischen entzündlichem und malignem Pankreaskopftumor differenzieren können).
      Prinzipiell besteht bei Malignomen oder hinreichendem Malignomverdacht die Indikation zur Pankreaskopfresektion immer dann, wenn prä- und intraoperativ zumindest die Aussicht besteht, den Tumor in toto zu resezieren und wenn zugleich der Patient in einem für diesen Eingriff ausreichenden Allgemeinzustand ist.
    • Die Indikation zur Resektion sollte zeitnah vom Chirurgen gestellt werden, insbesondere wenn es sich um einen potentiell resektablen Befund bei ikterischen Patienten handelt. Nur bei Patienten mit manifesten Sekundärkomplikationen des Ikterus (entgleiste plasmatische Gerinnung, Lebersynthesestörung, reduzierte zelluläre Abwehr, eitrige Cholangitis), sollte eine präoperative endoskopische Gallengangsdrainage erwogen werden um Zeit zu gewinnen und eine bessere Ausgangssituation für die Operation zu schaffen. In allen anderen Fällen sollte eine präoperativ angelegte Gallenwegsdrainage, ob TPCD (transpapillär) oder PTCD (perkutan-transhepatisch) aufgrund der erhöhten postoperativen Morbidität vermieden werden.
      Im Falle einer Infiltration großer Venen (Vena mesenterica superior, Vena lienalis oder Vena portae) sollte die Resektion angestrebt werden, wenn nötig mit Gefäßrekonstruktion, da die präoperative Diagnostik meist nicht zwischen entzündlicher Adhäsion und Tumorinfiltration differenzieren kann
      Bei der Indikationsstellung ist die Komorbidität ein weiterer wesentlicher Faktor. Patienten mit schweren kardiovaskulären Begleiterkrankungen tragen ein deutlich erhöhtes Operationsrisiko, jedoch ist ein hohes Alter per se heute keine Kontraindikation mehr gegen die Pankreaskopfresektion
  2. Kontraindikationen

    • Pankreaskopfmalignome mit nach gewiesenen:
      Fernmetastasen, Gefäßinfiltration (Ummauerung in der Bildgebung >180°) der A. mesenterica sup., A. hepatica, Truncus coelicus
    • Patienten mit schweren kardiovaskulären Begleiterkrankungen, für die allein schon die Narkose ein Risiko darstellt (z.B. Konstellation NYHA III mit hochgradigen Carotisstenosen)
  3. Präoperative Diagnostik

    • Anamnese (Schmerzen, Fettstühle, Ikterus, neu aufgetretener Diabetes, Pankreatitisepisoden)
    • Klinische Untersuchung (Ikterus, Courvoisier Zeichen, palpabler Tumor, palpable Lymphome, Voroperationen)
    • Labor (klinische Chemie, Blutbild, Cholestasewerte, Lebersynthesewerte, Gerinnung, Tumormarker CA 19.9, CEA)
    • RöThorax (Lungen RH)
    • CT oder MRT mit Fragestellung: potentiell resektabler Lokalbefund, arterielle und venöse Gefäßinfiltration (A. hepatica, A. mesenterica, Truncus coeliacus, Pfortader), Ascites, Fernmetastasierung (Leber), Gefäßversorgung der Leber/Oberbauch (z.B. Anomalien wie atyp. rechte Leberarterie)
  4. Spezielle Vorbereitung

    • Ikterische Patienten: parenterale Vitamin K (Konakion) Gabe für 2-3 Tage präoperativ unabhängig vom Quickwert. Nur bei Patienten mit manifesten Sekundärkomplikationen des Ikterus (entgleiste plasmatische Gerinnung, Lebersynthesestörung, reduzierte zelluläre Abwehr) präoperative endoskopische Gallengangsdrainage
    • Magenausgangsstenose: präoperative Magensondeeinlage für 3 Tage zur “Magentonisierung”
  5. Aufklärung

    Folgenschwerer Eingriff, deshalb auf Aufklärungsfrist besonders achten (>24h; besser schon bei Initialgespräch aufklären).
    Immer mit OP-Zeichnung zur Verdeutlichung der postoperativen Anatomie aufklären !
    Folgezustände des Eingriffs: Exokrine/endokrine Insuffizienz, ggf. damit verbundene Nahrungsumstellung, galliger Reflux (Whipple), peptische Ulcera jejuni, Cholangitisepisoden bei biliodigestiver Anastomose, Pankreatitis,
    Blutungen, Fremdblut-Transfusionen in ca. 50% notwendig
    Anastomoseninsuffizienzen, Revisionseingriffe, langsfristige intensivmed. Behandlung bei Komplikationen
    “übliche Komplikationen”: Thrombose, Lungenembolie, Pneumonie, Verletzung benachbarter Strukturen (Darm, Gefäße, Nerven, andere Organe), Erweiterung der OP nach Ermessen des Operateurs

  6. Anästhesie

    • Intubationsnarkose
    • Postoperative Analgesie mit PDK
    • Restriktive intraoperative Volumengabe (3 Anastomosen, lange OP Zeit mit 4-6 h)
    • Wenn EK-Gabe notwendig, möglichst erst nach der Resektionsphase
  7. Lagerung

    Lagerung
    • Rückenlagerung
    • linker Arm ausgelagert
    • rechter Arm angelagert
  8. OP-Setup

    OP-Setup

    Operateur steht auf der rechten Seite, 1. Assistent auf der linken Seite, während der Operation kann es zum Wechsel der Seiten kommen. Die instrumentierende OP-Pflegekraft steht fußwärts.

  9. Spezielle Instrumentarien und Haltesysteme

    • Haltesystem für den Rippenbogen (z.B. nach Stuhler)
    • Clipapplikator
    • bipolare Schere hilfreich
    • Klammerschneidegeräte
  10. Postoperative Behandlung

    postoperative Analgesie: Schmerztherapie in den ersten 48-72 h mittels Periduralkatheter (Opioid und Lokalanästhetikum) und peripher wirksamen Analgetika (z.B. Ibuprofen, Paracetamol, Metamizol p.o.). Danach Umstellung auf orale Analgesie nach etabliertem Krankenhausschema (z.B. Targin 10 1-0-1 + Ibuprofen 600 1-1-1).
    Folgen Sie hier dem Link zu PROSPECT (Procedures Specific Postoperative Pain Management).
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen.

    medizinische Nachbehandlung: Kontrovers diskutiert wird immer noch der prophylaktische, perioperative Einsatz von Somatostatin oder seiner Analoga zur Verhinderung von Leckagen der Pankreasanastomose. Wenn, dann bei “weichem” Pankreas: intraoperativ frühzeitig beginnen (Einmalgabe s.c. 100 µg) und für fünf Tage postoperativ (s.c. 3×100 µg).
    Protonenpumpeninhibitor (z.B. Pantoprazol 1 × 40 mg/die, bei Pankreato-Gastrostomie wegen der Arrosionsblutungsgefahr 2×40 mg). Patienten mit Pankreato-Gastrostomie sollten zeitlebens ein PPI (z.B. Pantoprazol 40mg 0-0-1) einnehmen
    Die Magensonde wird regulär am 1. postoperativen Tag entfernt, außer bei der Pankreato-Gastrostomie (Indikator einer Arrosionsblutung) frühestens am 2. Tag (bei unauffälligem Sekret).
    Zentrale Zugänge und Blasenkatheter sollten bei komplikationslosem Verlauf bis zum 3. postoperativem Tag entfernt sein.
    Thromboseprophylaxe: bei fehlenden Kontraindikationen sollte aufgrund des hohen Thrombembolierisikos (großer operativer abdomineller Eingriff bei Malignom) neben physikalischen Maßnahmen niedermolekulares Heparin in prophylaktischer ggf. in gewichts – oder dispositionsrisikoadaptierter Dosierung bis zum Erreichen der vollen Mobilisation verabreicht werden. Diskutiert wird die Fortsetzung der medikamentösen Thromboembolieprophylaxe für z.B. 6 Wochen.
    Zu beachten: Nierenfunktion, HIT II (Anamnese, Thrombozytenkontrolle)
    Folgen Sie hier dem Link zur aktuellen Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE).

    Mobilisation: frühe Mobilisation am OP Tag abends.
    Krankengymnastik: Pneumonieprophylaxe (Krankengymnastik, Atemübungen)
    Kostaufbau: Kostaufbau wird ab dem 1. postoperativen Tag mit Tee, später mit Joghurt, Breikost und, bei guter Verträglichkeit, ab dem 4. postoperativen Tag mit Vollkost durchgeführt.
    Stuhlregulierung: bei Darmträgheit unterstützende Maßnahmen.
    Arbeitsunfähigkeit: individuell verschieden