Komplikationen - Duct-to-Mucosa Pancreatico-Jejunostomie nach Cattell-Warren in der Heidelberg-/Bochum-Technik

  1. Intraoperative Komplikationen

  2. Postoperative Komplikationen

    Pankreasfistel und Anastomoseninsuffizienz

    Die Verwendung der Begriffe Pankreasfistel, Pankreasleckage und Anastomoseninsuffizienz ist in der Literatur sehr uneinheitlich. Die drei Bezeichnungen werden alle stellvertretend für eine Undichtigkeit im Bereich der Pankreasanastomose verwendet und sind daher im Grunde austauschbar. 

    Entscheidend ist die Abgrenzung einer biochemischen Pankreasfistel von einer klinischen Anastomoseninsuffizienz. 

    Die International Study Group for Panrea­tic Fistula (ISGPF) definiert die postoperative Pank­reasfistel (POPF) als  3fach erhöhte Amylase­konzentration in der Drainageflüssigkeit (mehr als 10 ml/die) im Vergleich zur Serum-Amylasekonzent­ration ab dem 3. postoperativen Tag. 

    Drei Grade A bis C spie­geln die klinischen Auswirkungen nach Auftreten einer POPF wieder. Nach dieser Definition kommt es zu einer POPF-Präva­lenz von ca. 30%, wobei nahezu die Hälfte Grad-A-Fisteln ohne besondere klinische Relevanz sind. Das Fortschreiten der Pankreasfistel zur deutlich selteneren klinischen Anastomoseninsuffizienz (B- und C-Fisteln) ist jedoch kritisch, und stellt die Hauptursache postoperativer Morbidität und Mortalität in der Pankreaschirurgie dar. 

    Die Ursache einer Pankreasleckage kann eine Undichtigkeit der Anastomose aber auch eine lokale Pankreatitis sein. Dabei kommt es zu einer lokalen Destruktion des Pankreasgewebes mit der Folge, dass kleinste Gangstrukturen Anschluss an die freie Bauchhöhle erlangen.

    Risikofaktoren für eine Anastomoseninsuffizienz sind ein geringer Fibrosierungsgrad der Bauchspeicheldrüse und ein geringer Durchmesser des Pankreasgangs (bei fehlender Stauung). Das erklärt die hohe Fistelrate beim Papillen- und Gallengangscarcinom im Vergleich zum Pankreascarcinom und vor allem der chronischen Pankreatitis mit der niedrigsten Fistelrate.

     

    Prophylaktische Maßnahmen: Durch diverse supportive Maßnahmen wird versucht, die Sicherheit der pankreatikoenterischen Anastomose zu erhöhen.

    • Separate Schlingenführung mit der Vorstellung, dass durch das Fehlen der Galle die Aktivierung der Pankreasenzyme an der Anastomose minimiert wird.
    • Der Einsatz von Somatostatin-Analoga: Somatostatin-Analoga sind synthetische Polypeptide, die dem hypothalamischen Peptidhormon Somatostatin ähnlich sind und eine starke inhibitorische Wirkung auf die Magensäure- und Pankreassekretion haben.
    • Routinemäßige Anlage von perianastomotischen Zieldrainagen
    • Restriktives perioperatives Volumenmanagement 

     

    Klinische Symptome: Zeichen des abdominellen Infekts (zunehmender Bauchschmerz oder Peritonismus, Fieber > 38,5 °C oder Leukozytose über 15 000). Oberbauchatonie mit Gastroparese (s.u.) und Dünndarmatonie .

    Die Anastomoseninsuffizienz ist primär eine klinische Diagnose mit Zunahme des pankreatischen Sekretes in den Drainagen, ein zunächst milchiger, später schmutzig-trüber Farbumschlag ist typisch. 

    Nachweis von Pleuraergüssen (Reizergüsse) als indirekter Hinweise auf das Vorliegen einer intraabdominellen Sepsis.

     

    Diagnostik: Die Computertomografie zeigt häufig nur unspezifische Veränderungen und indirekte Hinweise (peripankreatische Flüssigkeitsverhalte, ödematös veränderter Pankreasstumpf). Die Darstellung der Anastomoseninsuffizienz/Nekrosehöhlen gelingt manchmal über eine Kontrastmitteldarstellung  der einliegenden Drainagen.

     

    Behandlung: Die klinisch inapparenten Grad-A-Fisteln werden konservativ behandelt. Dazu gehört das Be­lassen der Drainage, Nahrungskarenz, ggf. parenterale Ernährung und Applikation von Somatostatin. Kommt es zum Sistieren der Pankreasfistel, kann die eingebrachte Drainage schrittweise zurück­gezogen und dann entfernt werden. Bei Persistenz der Fistel mit Belassen der ein­gebrachten Drainage über 3 Wochen oder bei Zeichen für eine Superinfektion liegt per definitionem eine Grad-B-Fistel vorBei einer Grad-B-Fistel sollte eine bildgebende Diagnostik erfolgen (CT-Ab­domen) – mit der Möglichkeit der Inter­vention. Zeigt sich kein Hinweis für einen intraabdominellen Verhalt, kann die kon­servative Therapie in der Regel fortge­führt werden. Bei einer Infektkonstella­tion sollte schon früh eine brei­te antibiotische Therapie erfolgen. Wichtig ist, dass man auch an die bisher gewonnenen Keime, insbesondere aus dem intraoperativen Gallengangsabstrich denkt. Patienten, die zuvor ein Gallengangsstenting erfahren haben, können häufig (multi-)resistente Keime haben, die für die postoperativen Infektionen verant­wortlich sind. Zeigt sich in der Abdo­men-CT-Untersuchung ein umschriebe­ner intraabdomineller Verhalt, der durch die liegenden Drainagen nicht erreicht wird, sollte zeitnah eine interventionelle Ableitung erfolgen,  entweder CT-gesteuert als transabdo­minelle Drainage oder endosonographisch als trans­gastrische Drainage. Bei septischen Krankheitsbildern oder bei Verdacht auf eine intraabdominel­le oder gastrointestinale (intraluminale) Blutung liegt eine Grad-C-Fistel vor. Eine kleine Gruppe von Patienten entwickelt eine ausgeprägte abdominelle Sepsis und müssen chirurgisch revidiert werden. In dieser Situation ist eine Salvage-Restpankreatektomie zur chirurgischen Fokussanierun oft die einzig lebensrettende therapeutische Option. 

     

    Arrosionsblutung = Retroperitoneale septische Arrosionsblutungen größerer Gefäße durch infektiöse Komplikationen im OP-Gebiet.

    Die freigelegten und vorgeschädigten Gefäße sind bei zusätzlichen lokalen septischen Komplikationen im Rahmen einer Pankreasfistel bzw. einer Insuffizienz der Pankreasanastomose arrosionsgefährdet. Betroffen sind vor allem die Arteria hepatica und der Stumpf der abgesetzten Arteria gastroduodenalis.

    Die beste Therapie der gefürchteten späten Arrosionsblutung ist die Prophylaxe: Anastomoseninsuffizienzen müssen früh erkannt, drainiert, und Abszesse entsprechend entlastet werden.

    Nach initialer intensivmedizinischer Stabilisierung des Patienten erfolgt eine CT-An­giographie, um ein mögliches Pseudoaneurysma zu erkennen. Liegt ein Pseudoaneurysma vor, sollte eine Angiographie mit Einlage eines gecoverten Stents über das Pseudo­aneurysma hinweg erfolgen. Ist dies nicht möglich, kann alternativ ein interventio­nelles Coiling zum definitiven Gefäßver­schluss erfolgen. Bleibt keine Zeit für eine solche gefäßinterventionel­le Therapie oder führt diese Maßnah­me nicht zum Erfolg, bleibt als Ultima Ratio die Re-Operation. Da dieses Proble­me meist erst spät, d. h. nach 10 bis 14 Ta­gen postoperativ auftritt, sind diese Re-Eingriffe in der Pankreasregion äußerst schwierig und mit einer hohen Morbi­dität und entsprechenden Letalitätsra­ten behaftet. Eine Über­nähung oder Neuanlage der Anastomose ist in dieser Situation aufgrund der entzündlichen Ge­webereaktion und der Andauung des Ge­webes nicht mög­lich und auch nicht zielführend. In dieser Situation ist wie bei der dekompensierten Sepsis eine Restpankreatektomie die einzige operative Möglichkeit. 

     

    Gastroparese: Als Folge von lokale septischen Komplikationen

    (Pankreasfistel, Abszess, Anastomoseninsuffizienz). -> Fokussanierung, Magensonde.