Zahlreiche systematische Übersichtsarbeiten, randomisierte Studien und Leitlinien befassen sich mit der Bewertung roboterassistierter Eingriffe im Vergleich zur konventionellen Laparoskopie, Laparotomie und vaginalen Chirurgie. Die roboterassistierte Technik wird überwiegend in der Hysterektomie, Endometriosechirurgie sowie bei onkologischen Indikationen wie dem Endometrium- und Zervixkarzinom eingesetzt. Die Evidenzlage zeigt ein differenziertes Bild, abhängig von Indikation, Patientinnencharakteristika und OP-Komplexität.
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Einleitung
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Roboterassistierte Chirurgie vs. Laparoskopie vs. Laparotomie vs. Vaginaler Zugang
Benigne Indikationen:
Bei gutartigen Erkrankungen (z. B. Myome, Adenomyose, Prolaps, therapieresistente Blutungsstörungen) zeigt die roboterassistierte Chirurgie im Vergleich zur konventionellen Laparoskopie keinen signifikanten Vorteil hinsichtlich perioperativer Komplikationen, Blutverlust, analgetischem Bedarf oder Rekonvaleszenz. Sie ist jedoch mit signifikant höheren Kosten und längeren OP-Zeiten assoziiert [1,2]. Die Konversionsrate zur Laparotomie ist in Metaanalysen unter Robotik signifikant geringer [3].Maligne Indikationen (Endometriumkarzinom):
Für das frühe Endometriumkarzinom zeigt sich in randomisierten und retrospektiven Studien eine vergleichbare onkologische Sicherheit (OS, DFS) zwischen roboterassistierter, laparoskopischer und offener Hysterektomie mit pelviner ± paraaortaler LNE. Gleichzeitig sind Blutverlust, stationäre Verweildauer und Wundkomplikationen unter Robotik signifikant geringer als unter Laparotomie [4,5].Maligne Indikationen (Zervixkarzinom):
Die LACC-Studie (2018) zeigte erstmals ein signifikant schlechteres Gesamtüberleben bei minimalinvasiver (laparoskopischer oder roboterassistierter) radikaler Hysterektomie im Vergleich zur offenen Operation bei Zervixkarzinom im FIGO-Stadium IA2–IB1 [6]. Diese Ergebnisse führten zu einem Paradigmenwechsel in der operativen Zervixkarzinomtherapie. Der Einsatz roboterassistierter Verfahren in dieser Indikation ist aktuell nur in Studienprotokollen gerechtfertigt.Operative Effizienz und Lernkurve
Roboterassistierte Eingriffe sind mit einer verlängerten Operationszeit verbunden, insbesondere in der initialen Lernphase. Gleichzeitig zeigen Daten, dass die Lernkurve für komplexe Eingriffe (z. B. pelvine LNE, tiefe Endometriose) bei Robotik kürzer und reproduzierbarer verläuft als bei der klassischen Laparoskopie [7].
Ökonomische Bewertung
Die robotische Technik ist mit höheren Prozedur- und Systemkosten verbunden. Eine Kosten-Nutzen-Analyse ergibt in den meisten benignen Indikationen keinen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der konventionellen Laparoskopie [8]. Bei adipösen Patientinnen oder komplexen onkologischen Eingriffen können reduzierte Komplikationsraten jedoch zu einer relativen ökonomischen Entlastung führen [9].
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Vergleich operativer Zugangswege in der Gynäkologie
Parameter Roboterassistiert Laparoskopie Laparotomie Vaginaler Zugang Visualisierung 3D-HD, stabil 2D-HD, abhängig von Ass. Direkt Eingeschränkt Instrumentenfreiheit 7 Freiheitsgrade Eingeschränkt Frei Eingeschränkt OP-Dauer ↑ (v. a. Lernkurve) [2] ↔ bis ↓ [2] ↓ [2] ↓ [1] Blutverlust ↓ [3–5] ↓ [3] ↑ [5] ↓ [1] Wundkomplikationen ↓ [4] ↓ [3] ↑ [5] ↓ [1] Hospitalisationsdauer ↓ [3–5] ↓ [3] ↑ [5] ↓ [1] Onkologische Sicherheit ↔ (außer Zervix) [4,6] ↔ (außer Zervix) [4,6] Referenz [6] Nicht etabliert Kosten ↑↑ [8,9] ↑ [8] ↔ ↓ [1] Lernkurve Flach [7] Steil [7] Flach Kurz -
Fazit
Die roboterassistierte Chirurgie ist ein sicheres und technisch ausgereiftes Verfahren mit Vorteilen in Visualisierung, Ergonomie und Konversionsrate. Im Vergleich zur konventionellen Laparoskopie ergeben sich jedoch bei benignen Indikationen keine klinisch relevanten Outcome-Vorteile bei gleichzeitig deutlich höheren Kosten. Bei komplexen Eingriffen (Adipositas, Endometriose, onkologische LNE) kann die Robotik ihre Stärken ausspielen. Beim Zervixkarzinom ist die minimalinvasive radikale Hysterektomie aufgrund der LACC-Studie derzeit nicht empfohlen. Die Wahl des Zugangsweges sollte individuell anhand von Indikation, Patientin, Erfahrung und Versorgungsstruktur erfolgen.
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Referenzen
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- Aarts JW et al. Surgical approach to hysterectomy for benign gynaecological disease. Cochrane Database Syst Rev. 2015;2015(8):CD003677. DOI:10.1002/14651858.CD003677.pub5
- Scandola M et al. Robot-assisted laparoscopic hysterectomy vs traditional laparoscopic hysterectomy: five meta-analyses. J Minim Invasive Gynecol. 2011;18(6):705–715.
- Soliman PT et al. Systematic review of robotic surgery in gynecology. Am J Obstet Gynecol. 2014;211(6):583–593.
- Paley PJ et al. Comparison of robotic and open hysterectomy in endometrial cancer. J Minim Invasive Gynecol. 2016;23(4):544–551.
- Ramirez PT et al. Minimally Invasive versus Abdominal Radical Hysterectomy for Cervical Cancer. N Engl J Med. 2018;379(20):1895–1904. DOI:10.1056/NEJMoa1806395
- Lenihan JP Jr et al. The learning curve of robotic hysterectomy. Obstet Gynecol. 2008;112(6):1261–1267.
- Wright JD et al. Robotically assisted vs laparoscopic hysterectomy among women with benign gynecologic disease. JAMA. 2013;309(7):689–698.
- Seamon LG et al. Minimally invasive hysterectomy in obese women: decreased complications with robotic approach. Obstet Gynecol. 2009;114(1):16–21.
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