Perioperatives Management - Suprazervikale Hysterektomie, Zervikosakropexie mit Gyn- Mesh, Adnexektomie beidseits und vordere Kolporrhaphie, laparoskopisch

  1. Anamnese

    • Spezifische Beckenbodensymptomatik: Schweregrad und Auswirkung auf die Lebensqualität
    • Eigen-, Familien-, geburtshilfliche und soziale Anamnese: Schwangerschafts- und Geburtsverlauf, genetische Disposition
    • Bisherige konservative und operative Therapie: Beckenbodentraining, Pessartherapie, frühere Operationen
    • Sexualfunktion und Lebensqualität: Dyspareunie, Einschränkungen in der Intimität
    • Soziale und berufliche Faktoren: Schwere körperliche Arbeit als Risikofaktor
    • Begleiterkrankungen: Adipositas, COPD, Obstipation, Bindegewebserkrankungen (z. B. Marfan-Syndrom), Nikotinabusus
    • Medikamentenanamnese: Einfluss von Medikamenten auf Kontinenz- und Entleerungsfunktionen (Antidepressiva, Diuretika)

     

  2. Klinische Untersuchung

    • Inspektion des äußeren Genitale: Deszensus, Fisteln, Fehlbildungen, Tumore
    • Spekulumeinstellung: Beurteilung der Vaginalhaut, Östrogenisierungsgrad, Deszensusdiagnostik
    • Palpation: Beckenbodentonus, Levatoravulsion, Sphinktertonus
    • Husten-Stresstest: Nachweis von Belastungsinkontinenz mit und ohne Reposition des Prolapses
    • Urinanalyse: Streifentest, Urinkultur bei Verdacht auf Infektion
    • Restharnbestimmung: Sonographisch oder mit Einmalkatheter zur Beurteilung der Blasenentleerung

    Ein Deszensus genitalis wird in verschiedene Grade eingeteilt, die das Ausmaß des Vorfalls beschreiben. Die gängigen Klassifikationen sind:

    ICS/IUGA-Standardisierung (International Continence Society/International Urogynecological Association):

    • Stadium 0: Kein Deszensus sichtbar oder tastbar.
    • Stadium 1: Tiefster Punkt des Deszensus liegt mehr als 1 cm proximal (innen) des Hymenalsaums.
    • Stadium 2: Tiefster Punkt des Deszensus liegt zwischen 1 cm proximal und 1 cm distal (außen) des Hymenalsaums.
    • Stadium 3: Tiefster Punkt des Deszensus liegt mehr als 1 cm distal des Hymenalsaums, jedoch nicht vollständiger Prolaps.
    • Stadium 4: Totalprolaps von Uterus und/oder Vagina.

    Häufig verwendete klinische Gradeinteilung:

    • Grad I: Deszensus innerhalb der Scheide.
    • Grad II: Deszensus erreicht den Introitus vaginae (Scheidenöffnung).
    • Grad III: Deszensus reicht über den Introitus vaginae hinaus.
    • Grad IV: Totalprolaps von Uterus und/oder Vagina.
  3. Weitere präoperative Diagnostik

    • Sonographie: Beckenboden-, Introitus-, Perineal- und Vaginalsonographie zur Diagnostik des Deszensus
    • Dynamisches MRT: Bei komplexen Befunden zur umfassenden Beurteilung
    • Urodynamik: Differenzierung zwischen Drang- und Belastungsinkontinenz
    • Zystourethroskopie: Bei unklarer Hämaturie oder Blasenbeschwerden zur Abklärung von Tumoren oder Blasensteinen
  4. Präoperative Aufklärung

    Erkrankungsbild: Erklärung der Ursachen und Symptome des Deszensus genitalis

    Behandlungsoptionen:

    • Konservative Therapien: Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden, Beckenbodentraining, Pessare
    • Operative Verfahren: Vaginale, abdominale, laparoskopische, roboterassistierte Methoden, Einsatz von Netzen oder Eigengewebe
    • Erfolgsraten: Prognose bezogen auf anatomische und funktionelle Ergebnisse
    • Notwendigkeit weiterer Eingriffe: Eventuell begleitende Inkontinenzoperation (lavierte Belastungsinkontinenz)

    Mögliche Komplikationen: 

    • Netzkomplikationen
    • Beeinflussung der Blasen- und Darmfunktion
    • Wundheilungsstörung
    • Infektion, selten intraabdomineller Abszess mit der Notwendigkeit einer Revision oder perkutanen Drainage
    • Postoperativer Ileus
    • Verwachsungen
    • Verletzungen von anderen Organen, Darm, Harnblase, Harnleiterm 
    • Hautemphysem
    • Postlaparoskopisches Schulterschmerzsyndrom
    • Allgemeine Operationsrisiken (Blutung, Nachblutung, Thrombose, Embolie, HIT)
    • Ggf. Konversion zur offenen Technik bei Komplikationen
    • Vorsorgeuntersuchungen weiterhin notwendig
    • Harnverhalt
    • Lagerungsschäden
    • Verbrennungen
    • Zellverstreuung von gutartigen sowie bösartigen Zellen, in seltenen Fällen der Bösartigkeit Prognoseverschlechterung
    • Sexuelle Funktion: Mögliche Veränderungen durch die Operation

    Möglichkeit einer Zweitmeinung: Beratung durch ein spezialisiertes Zentrum

  5. Präoperative Vorbereitung

    • keine präoperative Darmentleerung
    • keine Rasur
    • Antibiotikaprohylaxe während der Narkoseeinleitung (Cephalosporine der Gruppe 2 und Metronidazol)
  6. Postoperative Phase

    Frühphase (0-7 Tage)

    • Schmerzmanagement: NSAR und Opioide nach Bedarf
    • Thromboseprophylaxe: Frühe Mobilisation, ggf. Antikoagulation
    • Blasenkatheter: In den ersten Tagen, bis die spontane Blasenentleerung sichergestellt ist
    • Wundkontrolle: Regelmäßige Inspektion auf Infektionen oder Hämatome
    • Stuhlregulation: Ballaststoffreiche Ernährung, Laxanzien zur Vermeidung von Obstipation
    • Vermeidung schwerer körperlicher Belastung: Kein Heben von schweren Lasten, kein Pressen

    Mittlere Phase (Woche 2-6)

    • Sanfte Mobilisation: Spaziergänge und leichte Alltagsbewegung
    • Kein Beckenbodentraining: Erst nach vollständiger Wundheilung frühestens nach 6 Wochen
    • Ggf. Östrogentherapie: Bei postoperativer vaginaler Atrophie
    • Vermeidung von Geschlechtsverkehr: Bis zur vollständigen Heilung (mindestens 6 Wochen)

    Langfristige Nachsorge (ab Woche 6)

    • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Beurteilung des OP-Erfolgs, Vermeidung von Rezidiven
    • Beckenbodentraining: Erst nach vollständiger Heilung zur Unterstützung der Muskulatur
    • Bewertung postoperativer Beschwerden: Inkontinenz, erneuter Deszensus, Schmerzen
    • Weiterführende Therapien: Falls notwendig erneute konservative oder operative Maßnahmen