Anatomie - Spaltung des A1-Ringbandes

  1. Anatomie

    Die langen Beugemuskeln der Finger entspringen am Epicondylus humeri ulnaris. An jedem Finger setzen zwei Sehnen an. Die oberflächliche Beugesehne spaltet sich in zwei Zügel und endet an der Basis des Mittelglieds, die tiefe Beugesehne tritt durch die gespaltene oberflächliche hindurch und setzt an der palmaren Basis des Endglieds an.

    Die Beugesehnen sind in der Hohlhand und an den Fingern durch Sehnenscheiden umhüllt. Sie ermöglichen ein reibungsarmes Gleiten mit hoher Amplitude und sorgen für eine konstante knochennahe Lage der Beugesehnen, auch bei Bewegung der Finger. In die Sehnenscheiden integriert sind verstärkende Ringbänder.

    Radial und ulnar der Beugesehnenscheide verläuft das digitale Gefäß-/Nervenbündel. Auf Höhe der distalen Hohlhand liegen die Nerven in der Transversalebene palmar, die Arterien dorsal. Sie finden sich 2 bis 5 mm lateral der Beugesehnenscheide und sind damit bei operativen Eingriffen verletzungsgefährdet.

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    Das Ringbandsystem besteht aus einer mit Synovia ausgekleideten Hülle um die Beugesehnen, die etwa vom Mittelhandknochenhals bis zum Endgelenk reicht. Die Hülle wird versteift durch bindegewebige Verstärkungen (Stratum fibrosum), die in verschiedenen Abständen auf der gesamten Länge zu finden sind.

    Diese Strukturen sind entweder transversal oder schräg ausgerichtet. Üblicherweise werden die transversalen Verstärkungen als „Ringbänder“ (Lig. anulare) und die schräg verlaufenden als „Kreuzbänder“ (Lig. cruciforme) bezeichnet, unabhängig davon, ob die schrägen Verstärkungen wirklich kreuzförmig (x-förmig) sind oder nur aus schrägen Fasern in einer einzigen Ausrichtung bestehen.

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    Zahlreiche anatomische Studien haben bestätigt, dass an der palmaren Platte der einzelnen Fingergelenke immer ein Ringband vorhanden ist. Ringförmige Bandstrukturen sind auch regelhaft an den Schäften der proximalen und mittleren Phalangen zu finden. Diese werden von der proximalen zur distalen Position mit A-1, A-2, A-3, A-4 und A-5 bezeichnet. Die Kreuzbänder sind ebenfalls nummeriert, und zwar von proximal nach distal mit C-1, C-2 und C-3. C-1 und C-3 liegen distal des A-2- bzw. A-4-Bandes und sind proximal an der Phalanx und distal an der palmaren Platte befestigt.  Die proximal der A-2- und A-4-Ringbänder liegenden Kreuzbänder sind weniger regelmäßig zu finden. Eine deutliche Lücke zwischen dem A-1- und A-2-Ringband wird je nach zitierter Studie in 40 bis 90 % gefunden und manchmal in der Literatur als C-0 bezeichnet. Das C-3-Kreuzband kommt regelmäßiger vor als C-0, variiert aber in seiner Form.

    Das A-2-Ringband ist das längste Band und macht etwa 40 % der Länge der proximalen Phalanx aus.

    Das A-1-Ringband misst im Mittel etwa 6 mm (4-8 mm) und entspricht damit etwa 20 % der proximalen Phalanxlänge.

    Die Funktion der Ringbänder besteht in der engen Führung der Beugesehnen an das Knochenskelett, um damit einer optimalen Kraftübertragung und Beweglichkeit der Finger zu gewährleisten. Dabei spielt das A-2-Ringband als längstes biomechanisch die wichtigste Rolle. Die Kreuzbänder verhindern den Kollaps und erlauben die Ausdehnung der Sehnenscheide bei digitalen Bewegungen. Sie erleichtern die Annäherung der Ringbänder während der maximalen Beugung.

    Dieses fein abgestimmte Bewegungssystem wird bei einer Tenosynovitis stenosans, dem sog. Springenden Finger, massiv gestört.  Eine Knotenbildung der Beugesehnen direkt proximal des Sehnenscheideneingangs führt zur mechanischen Reizung des A1-Ringbandes mit konsekutiver Stenose. Die Gleitfähigkeit der Beugesehnen ist gestört, es kommt zu einem springenden Phänomen.

    Der primäre Therapieansatz ist konservativ und beinhaltet die lokale Infiltration von Kortison im Bereich des A-1-Ringbandes. Dies führt gerade zum Beginn der Erkrankung zu guten Erfolgen, der Sehnenknoten wird kleiner und die Sehnen verläuft wieder störungsfrei im Sehnenkanal. Hat sich allerdings schon eine mechanische Enge entwickelt, so ist die Kortisontherapie nur von kurzer Dauer. Eine operative Eröffnung der Enge, die A-1-Ringbandspaltung, ist erforderlich, um die Einklemmung zu beseitigen.