Anatomie - Myotomie und Fundoplicatio nach Dor, robotisch assistiert

  1. Chirurgische Anatomie des Ösophagus und Magens

    Chirurgische Anatomie des Ösophagus und Magens 1
    Chirurgische Anatomie des Ösophagus und Magens 2

    Ösophagus

    Allgemeine Merkmale

    • Muskulärer Hohlorgan, ca. 25–30 cm lang
    • Verbindet Pharynx (C6) mit dem Magen (Th11)
    • Drei Engstellen:
      1. Obere EngstelleRingknorpelenge (Übergang Pharynx/Ösophagus, auf Höhe C6)
      2. Mittlere EngstelleAortenenge (Kreuzung mit Aortenbogen + linker Hauptbronchus)
      3. Untere EngstelleZwerchfellenge (Hiatus oesophageus, Th10)

    Topographische Abschnitte

    Zervikaler Ösophagus (C6–Th1)

    • Hinter der Trachea
    • Begleitstruktur: N. laryngeus recurrens
    • Zugang: transzervikal, ventral-lateral

    Thorakaler Ösophagus (Th1–Th10)

    • Oberes Mediastinum: hinter Trachea, vor Wirbelsäule
    • Mittleres Mediastinum: hinter Herz und Perikard
    • Kreuzung durch Aortenbogen, V. azygos, linker Hauptbronchus
    • Zugang: rechts-thorakal (bessere Übersicht)

    Abdominaler Ösophagus (kurz, 1-3 cm)

    • Tritt durch Hiatus oesophageus (Th10) ins Abdomen
    • Mündet in den Cardia-Bereich des Magens
    • Begleitstrukturen: Truncus vagalis anterior (links), posterior (rechts)

     

    Magen

    Allgemeines & Lage

    • Muskuläres Hohlorgan zwischen Ösophagus und Duodenum
    • Liegt im linken/mittleren Oberbauch, direkt unter dem Zwerchfell
    • Lässt sich in Größe und Form je nach Alter, Füllungszustand und Körperlage stark variieren
    • Interindividuell große Unterschiede hinsichtlich Lage, Größe und Form

    Größe & Füllvermögen

    • Durchschnittliche Länge: 25–30 cm (bei mäßiger Füllung)
    • Speicherkapazität: ca. 1,5 Liter, im Extremfall bis zu 2,5 Liter

    Magenschichten und Befestigung

    • Liegt intraperitoneal; überwiegend mit Serosa überzogen (außer dorsale Cardia)
    • Embryonale Mesogastrien drehen sich in eine frontale Position:
      • Omentum minus: von der kleinen Kurvatur zur Leberpforte
      • Omentum majus: von der großen Kurvatur zum Querkolon, Milz und Zwerchfell
    • Befestigung und Stabilisierung durch Bänder, die unter anderem zur Leber und Milz ziehen

    Abschnitte des Magens

    • Cardia (Mageneingang, oberer Magenmund, Ostium cardiacum)
      • Bereich von 1–2 cm, in dem die Speiseröhre in den Magen mündet
      • Markanter Übergang von Speiseröhrenschleimhaut zu Magenschleimhaut (gut sichtbar bei Endoskopie)
    • Fundus gastricus (Magengrund)
      • Befindet sich oberhalb des Mageneingangs, wölbt sich nach oben
      • Auch als Magenkuppel oder Fornix gastricus bezeichnet
      • Typischerweise mit Luft gefüllt; im aufrechten Zustand höchster Punkt, erkennbar als „Magenblase“ im Röntgenbild
      • Abgegrenzt gegenüber dem Mageneingang durch die Incisura cardialis
    • Corpus gastricum (Magenkörper)
      • Hauptteil des Magens
      • Ausgeprägt durch tiefe Schleimhautlängsfalten (Plicae gastricae), die vom Mageneingang bis zum Pylorus verlaufen („Magenstraße“)
    • Pylorus (Pars pylorica, Magenpförtner)
      • Beginnend mit dem erweiterten Antrum pyloricum, gefolgt von Pförtnerkanal (Canalis pyloricus)
      • Endet mit dem eigentlichen Magenpförtner (Pylorus), wo der Magenschließmuskel (M. sphincter pylori) angesiedelt ist
      • Verschließt den Magenausgang (Ostium pyloricum) und reguliert die Passage des Chymus ins Duodenum

    Formale Begrenzungen und weitere anatomische Kennzeichen

    • Große Kurvatur (konvexe Seite)
    • Kleine Kurvatur  (konkave Seite)
    • Vorderwand: Paries anterior; Hinterwand: Paries posterior
    • Omentum majus geht von der großen Kurvatur aus; Omentum minus spannt sich zwischen dem linken Leberlappen und der kleinen Kurvatur aus
  2. Schichten und Struktur der Ösophagus und der Magenwand/Mikroskopie

    Schichtaufbau des Ösophagus (von innen nach außen)

    1. Tunica mucosa (Schleimhaut)

    • Lamina epithelialis mucosae: mehrschichtiges, unverhorntes Plattenepithel – schützt mechanisch gegen Nahrung und Magensäure, mit klarer Z‑Linie zum Magenepithel 
    • Lamina propria mucosae: lockeres Bindegewebe mit kleinen Gefäßen, Lymphgewebe und Nerven 
    • Lamina muscularis mucosae: dünne glatte Muskelschicht – kontrahiert unabhängig von Muscularis propria 

    2. Tela submucosa

    • Bindegewebsschicht mit Glandulae oesophageales (muköse Drüsen), die Schleim für den Gleitschlucker produzieren 
    • Meissner-Plexus: enterischer Nervenplexus zur Steuerung der Schleimhautaktivität
    • Längsfalten im Gewebe erlauben Dehnung beim Schlucken; bei Querschnitt wirkt das Lumen sternförmig 

    3. Tunica muscularis (Muskelwand)

    • Besteht aus zwei Schichten:
      • Stratum circulare (Ringmuskulatur)
      • Stratum longitudinale (Längsmuskulatur)
    • Muskulaturverteilung:
      • oberes Drittel: quergestreifte Muskulatur
      • mittleres Drittel: gemischte Muskulatur
      • unteres Drittel: ausschließlich glatte Muskulatur
    • Auerbach-Plexus (Plexus myentericus) zwischen den Muskelschichten: Koordination der Peristaltik 

    4. Tunica adventitia / Tunica serosa

    • Pars thoracica: Adventitia – locker verbindendes, kollagenes Bindegewebe, fixiert den Ösophagus in seinem Umfeld 
    • Pars abdominalis (nach Durchtritt durch das Zwerchfell): von Serosa überzogen – intraperitoneales Segment mit einschichtigem Plattenepithel 

     

    Schichten der Magenwand von innen nach außen
    Die Magenwand zeigt unter dem Mikroskop von innen nach außen einen charakteristischen Schichtaufbau:

    1. Die Tunica mucosa ist die Schleimheutschicht, die den Magen von Innen auskleidet.  Man unterteilt die Magenschleimhaut in drei Unterschichten: Die Lamina epithelialis mucosae bildet einen zähen neutralen Schleim, der die Magenschleimhaut vor mechanischen, thermischen und enzymatischen Schädigungen schützt. Darunter folgt als Verschiebeschicht die Lamina propria mucosae, in welche die Magendrüsen (Glandulae gastricae) eingelagert sind. Als letztes findet sich eine schmale Lamina muscularis mucosae, eine dünne erste Muskelschicht, die das Relief der Schleimhaut verändern kann.
    2. Die Tela submucosa folgt in der Betrachtung von Innen nach Außen der Magenschleimhaut. Sie stellt eine lockere Verschiebeschicht, die aus Bindegewebe besteht, dar. In der Tela submucosa verläuft ein dichtes Netz von Blut- und Lymphgefäßen, sowie ein Nervenfasergeflecht, der Plexus submucosus (Meißner-Plexus), der die Magensekretion steuert. Dieser Plexus arbeitet unabhängig vom zentralen Nervensystem (ZNS) und wird über das vegetative Nervensystem beeinflusst.
    3. Es folgt eine kräftige Tunica muscularis, die in drei Unterschichten mit jeweils in verschiedene Richtungen verlaufenden Fasern unterteilt wird: eine innere Schicht kleiner schräg verlaufender Muskelfasern (Fibrae obliquae), dann eine Ringmuskelschicht (Stratum circulare) und ganz außen eine äußere Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale). Diese Muskulatur sorgt für die Peristaltik des Magens, die für die ständige Durchmischung des Chymus mit dem Magensaft zuständig ist. Zwischen der Ring- und Längsmuskelschicht verläuft ein Nervenfasergeflecht, der Plexus myentericus (Auerbach-Plexus), der die Funktion der Muskulatur steuert. Genauso wie der Plexus submucosus arbeitet dieser Plexus zwar weitgehend autonom, wird aber vom vegetativen Nervensystem beeinflusst.
    4. Es folgt wieder eine erneute bindegewebige Verschiebeschicht (Tela subserosa).
    5. Den Abschluss bildet die Tunica serosa. Auch die Serosa gliedert sich in mehrere Schichten. Auf die Tela subserosa folgt die Lamina propria serosae. In dieser verlaufen die Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven. Zudem befinden sich in der Lamina propria Zellen der Immunabwehr, welche als Milchflecken (Macula lactea) bezeichnet werden. Die Lamina epithelialis serosae schließlich ist zur Körperhöhle gerichtet und besteht aus einem einschichtigen Plattenepithel, dem Serosaepithel.Diese Schicht ist glänzend, durchsichtig und sorgt über einen dünnen Flüssigkeitsfilm für eine gute Verschiebbarkeit des Magens gegenüber den angrenzenden Organen. 

    Magendrüsen
    Die Magendrüsen (Glandulae gastricae) liegen in der Lamina propria mucosae und lassen sich im Fundus und Corpus des Magens finden. Bis zu 100 Drüsen befinden sich auf 1mm2der Schleimhautoberfläche. In der Wand des Drüsenschlauches liegen verschiedenen Zellen:

    • Schleimzellen: Sie produzieren den gleichen neutralen Schleim wie die Epithelzellen.
    • Nebenzellen: Diese Zellen liegen ziemlich oberflächlich in der Drüse und sondern alkalischen Schleim ab, d.h. der pH-Wert ist durch die darin enthaltenen Hydrogencarbonat-Ionen (OH- Ionen) hoch. Diese Eigenschaft ist wichtig um den pH-Wert des Magens zu kontrollieren und gegebenenfalls zu regulieren. Der Schleim überzieht die Magenschleimhaut und schützt so vor Selbstverdauung durch die aggressive Salzsäure (HCl) und Enzyme als selbstverdauende Proteine. Diese Zellart findet sich gehäuft in der Cardia und im Fundus des Magens.
    • Hauptzellen: Diese Zellen produzieren das inaktive Vorläuferenzym Pepsinogen, welches nach der Abgabe durch die Salzsäure (HCl) in das aktive Enzym Pepsin umgewandelt wird und für die Andauung der Nahrungsproteine zuständig ist. Da das Enzym erst an der Oberfläche der Drüse mit der Salzsäure in Kontakt kommt, wird verhindert, dass es zu einer Selbstverdauung der Drüsen durch das Enzym kommt. Diese Zellform befindet sich hauptsächlich im Corpus des Magens.
    • Belegzellen: Diese Zellen, die vermehrt im Magencorpus zu finden sind, bilden reichlich Wasserstoffionen (H+ Ionen), die für die Bildung der Salzsäure (HCl) benötigt werden. Die Salzsäure hat einen sehr niedrigen pH-Wert von 0,9-1,5. Außerdem bilden die Belegzellen den so genannten Intrinsic-Factor. Dieser Stoff bildet im Darm mit Vitamin B12 aus der Nahrung einen Komplex, welcher dann die Dünndarmwand passieren kann. Dieses Vitamin ist von besonderer Bedeutung bei der Erythropoese ( Magenentfernung kann zur Anämie führen).
    • G-Zellen: Diese Zellen, die sich bevorzugt im Antrum des Magens befinden, produzieren Gastrin zur Steigerung der HCl-Bildung in den Belegzellen.
  3. Funktionen des Ösophagus und Magens

    Ösophagusfunktion

    • Transport von Nahrung und Flüssigkeit
      Peristaltische Wellen der Längs- und Ringmuskulatur befördern den Bolus vom Hypopharynx zum Magen. Hiebei ist der Schluckakt initial willkürlich, dann reflektorisch.
    • Schutz gegen Reflux
      Funktioneller Verschluss durch den unteren Ösophagussphinkter (UES = oberer, LES = unterer Sphinkter) sowie Zwerchfellschenkel.
    • Kontrollierter Durchtritt durch das Zwerchfell
      Koordination von Schluckakt und Atembewegung.

    Magenfunktion

    • Der Magen dient als Reservoir für die aufgenommene Nahrung. Seine Aufgabe ist es, die Nahrung zu speichern und zu durchmischen. 
    • Im Magen werden der saure Magensaft (Schleim und HCl) und Enzyme gebildet, die einige Bestandteile der Nahrung vorverdauen. Anschließend wird der Speisebrei (Chymus) über den Magenpförtner (Pylorus) portionsweise in das Duodenum weitergeleitet
    • Er kann die Nahrung über Stunden speichern und sorgt so dafür, dass wir mit wenigen größeren Mahlzeiten den täglichen Nahrungsbedarf decken können. 
  4. Arterielle Versorgung

    Arterielle Versorgung 1
    517_AN_02_Oesophagus.jpg

    Arterielle Gefäßversorgung Ösophagus

    Die Blutversorgung des Ösophagus erfolgt segmental. Er erhält arterielles Blut aus drei Hauptabschnitten, entsprechend seiner topografischen Einteilung:

    Abschnitt

    Hauptarterien

    Ursprung

    Zervikal

    Rr. oesophagei aus der A. thyroidea inferior

    Truncus thyrocervicalis (A. subclavia)

    Thorakal

    Rr. oesophagei aus der Aorta thoracica

    + kleine Äste aus den Aa. bronchiales

    Direkte Aortenäste, Bronchialarterien

    Abdominal

    Rr. oesophagei aus der A. gastrica sinistra (Hauptzufuhr) 

    + evtl. aus der A. phrenica inferior sinistra

    Truncus coeliacus, A. phrenica inf.

     

    Die arterielle Versorgung des Magens erfolgt über mehrere Blutgefäße, die alle aus dem unpaaren Truncus coeliacus entspringen. Diese verlaufen zur Versorgung des Organs an den Magenkurvaturen als Gefäßarkaden entlang und bilden untereinander zahlreiche Anastomosen:

    • Arteria gastrica dextra aus der A. hepatica propria zum unteren Teil der kleinen Kurvatur,
    • Arteria gastrica sinistra zum oberen Teil der kleinen Kurvatur,
    • Arteriae gastricae breves aus der A. splenica zum Fundus,
    • Arteria gastroepiploica (-omentalis) dextra aus der A. gastroduodenalis zum unteren (rechten) Teil der großen Kurvatur,
    • Arteria gastroepiploica (-omentalis) sinistra aus der A. splenica zur linken Seite der großen Kurvatur,
    • Arteria gastrica posterior aus der A. splenica zur Hinterwand.

    Hierdurch wird der Magen durch 2 Gefäßarkaden zwischen der A gastrica sinistra und dextra an der kleinen Kurvatur, sowie der A. gastroepiploica sinistra und dextra an der großen Kurvatur versorgt.

  5. Venöse und nervale Versorgung

    517_Anatomie_venen besch.jpg
    517_AN_02_Oesophagus.jpg

    Venöser Abfluss des Ösophagus

    Der venöse Abstrom des Ösophagus erfolgt segmental in drei Richtungen und bildet über seine Verbindungen zwischen dem portalen und dem kavalen Venensystem eine wichtige portokavale Anastomose.

    Bemerkung: Diese portocavale Anastomose ist klinisch besonders bei portaler Hypertension von Bedeutung.

    • Zervikal: V. thyroidea inferior → V. brachiocephalica
    • Thorakal: Vv. oesophageae → V. azygos / hemiazygos
    • Abdominal: V. gastrica sinistra → V. portae
      ➡ Anastomosen zwischen V. azygos und V. portae = portokavale Verbindung (Ösophagusvarizen bei portaler Hypertension).

     

    Nervale Versorgung des Ösophagus

    Die nervale Versorgung des Ösophagus ist zweigeteilt in somatomotorische/-sensorische Anteile für den oberen (quergestreiften) Muskelanteil und viszeromotorische/-sensorische Anteile für den glatten Muskelanteil.

    • Motorik
      • Oberes Drittel (quergestreifte Muskulatur)
        • Somatomotorik: N. vagus (Rr. pharyngei, R. recurrens) → willkürlicher Schluckbeginn
      • Mittleres und unteres Drittel (glatte Muskulatur)
        • Viszeromotorik: N. vagus über den Plexus oesophageus → gesteuert durch parasympathische Reflexe
    • Parasympathische Innervation
      • Quelle: Nn. vagi (rechter und linker Vagus)
      • Verlauf: Bilden im Thorax den Plexus oesophageus → ziehen als Trunci vagales (anterior/posterior) durch das Zwerchfell zum Magen
      • Funktion: Peristaltik, Sekretion, Sphinktertonus
    • Sympathische Innervation
      • Quelle: Truncus sympathicus (Segmente Th1–Th6) → Nn. splanchnici major/minor → Plexus oesophageus
      • Funktion: Hemmung der Peristaltik, Tonuserhöhung des Sphinkters
    • Sensible Innervation
      • Somatosensibel (Schmerz, Berührung im oberen Drittel): N. vagus, N. laryngeus recurrens
      • Viszerosensibel (Dehnung, chemische Reize im unteren Drittel): Vagus und sympathische Bahnen → Hinterhörner des Rückenmarks
    • Chirurgische Relevanz:
      • Verletzung des N. laryngeus recurrens (z. B. bei zervikaler Ösophagusmobilisation) → Heiserkeit, Aspirationsgefahr
      • Denervierung des unteren Ösophagus bei Fundoplikatio oder Ösophagektomie kann zu Motilitätsstörungen führen

     

    Venöse Versorgung des Magens

     Parallel zur arteriellen Versorgung verlaufen die 4 großen Venen des Magens an den beiden Kurvaturen entlang. Insgesamt bilden sich aus ihnen Sammelvenen (V. gastrica sinistra und dextra unmittelbar in die V. portae hepatis, V. gastroomentalis sinistra und Vv. gastricae breves zur V. splenica, und V. gastroomentalis dextra zur V. mesenterica sup.), die schließlich alle in die Pfortader münden.

     

    Nervale Versorgung des Magens 

    Die nervale Versorgung des Magens unterliegt überwiegend dem autonomen Nervensystem. Es finden sich zudem auch sensible Fasern: Der Sympathikus versorgt die Muskulatur des Pylorus, der Parasympathikus (N. vagus X) versorgt die restliche Magenmuskulatur und die Drüsen des Magens. Der N. vagus verläuft rechts und links parallel zum Ösophagus, passiert das Diaphragma durch den Hiatus oesophageus und gelangt linksseitig auf die Vorderfläche des Magens (Tr. vagalis anterior), rechtsseitig zur Hinterfläche (Tr. vagalis posterior). Sensible Fasern vom Magen dagegen laufen afferent über den N. splanchnicus major zu den thorakalen Spinalganglien.

  6. Lymphabflusswege

    517_Anatomie_Lymphe besch2.jpg
    517_AN_02_Oesophagus.jpg

    Lymphabflusswege des Ösophagus

    • Zervikal → paratracheale, tief zervikale LK
    • Thorakal → tracheobronchiale, paratracheale, paraösophageale LK
    • Abdominal → links gastrische, zöliakale LK
    • Relevanz bei Ösophaguskarzinom: häufig mehrsegmentaler Lymphabfluss

    Lymphabflusswege des Magens

    Die drainierenden Lymphgefäße des Magens verlaufen parallel zur arterio-venösen Versorgung des Organs:

    • Die Lymphe der kleinen Kurvatur drainiert parallel zu den Aa. gastricae sinistra / dextra in die Nll. gastrici sinistri / dextri,
    • vom Magenfundus fließt die Lymphe parallel zur A. splenica in die Nll. splenici,
    • die Lymphe der großen Kurvatur drainiert parallel zur Aufhängung des großen Netzes zu den Nll. gastroomentales dextri / sinistri,
    • aus der Pylorusregion drainiert die Lymphe in die Nll. pylorici.

    Von den genannten regionären Lymphknoten fließt die Lymphe anschließend in die Nll. coeliaci, die oberen Mesenteriallymphknoten und den Ductus thoracicus.

    Einen weiteren Abflussweg der Lymphe stellen die Nll. pancreatici dar, so dass Tumoren des Magens durchaus in das Pankreas metastasieren können. Als Besonderheit des Magenkarzinoms findet sich in der linken seitlichen Halsregion immer wieder ein auffälliger Lymphknoten (Virchow-Lymphknoten), der auf eine fortgeschrittene Metastasierung hindeutet.

    Aus operationstechnischen Gründen werden die Lymphknotenstationen des Magens in 3 Kompartimente eingeteilt:

    • Kompartiment I (LK-Gruppe 1-6): alle LK direkt am Magen: parakardial (Gruppe 1+2), an der kleinen und großen Kurvatur (Gruppe 3+4), supra- und infrapylorisch (Gruppe 5+6).
    • Kompartiment II (LK-Gruppe 7-11): LK entlang der großen Gefäße: A. gastrica sin. (Gruppe 7), A. hepatica communis (Gruppe 8), Truncus coeliacus (Gruppe 9), Milzhilus (Gruppe 10), A. lienalis (Gruppe 11).
    • Kompartiment III (LK-Gruppe 12-16): LK am Lig. hepatoduodenale (Gruppe 12), hinter dem Pankreaskopf (Gruppe 13), an der Mesentrerialwurzel und dem Mesenterium (Gruppe 14+15) sowie entlang der Aorta abdominalis (Gruppe 16).
  7. Der untere Ösophagussphincter (UÖS)

    Der untere Ösophagussphinkter (UÖS), auch gastroösophagealer Sphinkter oder kardiale Sphinkter genannt, ist ein ringförmiger Muskel am Übergang zwischen Speiseröhre (Ösophagus) und Magen. Seine Hauptfunktion besteht darin, den Rückfluss von Magensäure und Nahrungsbrei in die Speiseröhre zu verhindern.

    Funktion des unteren Ösophagussphinkters:

    Verschlussmechanismus:

    • Der Muskelring bleibt in Ruhe tonisch kontrahiert (d.h. er ist angespannt) und sorgt dafür, dass Mageninhalt nicht in die Speiseröhre zurückfließt.
    • Der Ruhetonus wird durch das vegetative Nervensystem (hauptsächlich den Nervus vagus) und hormonelle Faktoren reguliert.

    Öffnung beim Schlucken:

    • Beim Schlucken entspannt sich der UÖS reflexartig, um die Nahrung in den Magen passieren zu lassen.
    • Diese Entspannung wird durch eine komplexe neuronale Steuerung ausgelöst, bei der hemmende Neurotransmitter wie Stickstoffmonoxid (NO) und VIP (vasoaktives intestinales Peptid) eine Rolle spielen.

    Verhinderung von Reflux:

    • Nach dem Durchtritt der Nahrung zieht sich der Muskel wieder zusammen, um den Mageninhalt zurückzuhalten.
    • Unterstützt wird dies durch den Druckunterschied zwischen Brust- und Bauchraum sowie den Winkel zwischen Ösophagus und Magen (sog. His-Winkel).

    Beteiligung an der Peristaltik:

    • Der untere Ösophagussphinkter arbeitet zusammen mit der Ösophagusperistaltik, um die Nahrung effizient in den Magen zu transportieren.

    Klinische Relevanz:

    • Eine Insuffizienz (Schwäche) des unteren Ösophagussphinkters kann zu gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) führen, wodurch Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt und Sodbrennen verursacht.
    • Eine Überaktivität oder Fehlfunktion kann zu Achalasie führen, einer Erkrankung, bei der der Sphinkter nicht richtig entspannt, was das Schlucken erschwert.

    Zusammenfassend ist der untere Ösophagussphinkter ein essenzieller Muskel für die Verdauung und den Schutz der Speiseröhre vor aggressiver Magensäure.

  8. Pathomechanismus der Achalasie

    1. Pathophysiologie und neurogene Dysfunktion

    Degeneration des Plexus myentericus

    • In der Pathogenese der Achalasie liegt eine progressive Degeneration der inhibitorischen Neurone im Plexus myentericus (Auerbach-Plexus) vor.
    • Diese Neurone produzieren Stickstoffmonoxid (NO) und vasoaktives intestinales Peptid (VIP), die physiologisch eine Relaxation des unteren Ösophagussphinkters vermitteln.
    • Durch deren Verlust überwiegt die Aktivität der cholinergen exzitatorischen Neurone, was zu einer persistierenden Tonuserhöhung des UÖS führt.

    Fehlende Peristaltik im Ösophagus

    • Die koordinierte Peristaltik des Ösophagus ist durch die Degeneration inhibitorischer Neurone gestört.
    • Anstelle der normalen, sequentiellen Kontraktion treten nicht-peristaltische, simultane Kontraktionen auf.
    • Dies führt zu einer funktionellen Obstruktion am gastroösophagealen Übergang.

    2. Funktionelle Auswirkungen

    Hypertonie des unteren Ösophagussphinkters

    • Normalerweise senkt sich der Ruhetonus des UÖS beim Schlucken durch inhibitorische Signale aus dem Plexus myentericus.
    • Bei Achalasie bleibt der Sphinkter kontrahiert, da die nitrergen inhibitorischen Signale fehlen.
    • Der Ruhedruck des UÖS ist pathologisch erhöht (≥ 35 mmHg bei der HRM).

    Aperistaltik der Speiseröhre

    • Es fehlen propulsive Peristaltikwellen im distalen Ösophagus.
    • Dies führt zu einer unkoordinierten Muskelaktivität und fehlender Bolusweiterleitung.
    • Die Patienten leiden unter Dysphagie, Regurgitation und Gewichtsverlust.

    3. Pathogenetische Hypothesen

    • Autoimmunreaktion: Assoziation mit HLA-DQ-Genotypen legt eine immunvermittelte Zerstörung der inhibitorischen Neurone nahe.
    • Infektionstheorie: Eine Infektion mit Herpesviren (HSV-1) oder Trypanosoma cruzi (Chagas-Krankheit) könnte eine neuronale Degeneration auslösen.
    • Genetische Faktoren: Familiäre Fälle sind selten, es gibt jedoch Hinweise auf genetische Prädisposition.

    5. Klinische Konsequenzen

    • Unbehandelt führt Achalasie zur progressiven Dilatation des Ösophagus (Megaösophagus).
    • Erhöhtes Risiko für Aspiration, Sekundärösophagitis und Plattenepithelkarzinom.

    Fazit

    Die Achalasie ist eine primäre, neurodegenerative Erkrankung des Ösophagus mit fehlender inhibitorischer Kontrolle des unteren Ösophagussphinkters und konsekutiver Aperistaltik. 

  9. Einteilung der Achalasie

    Die Achalasie wird hauptsächlich nach der Chicago-Klassifikation (High-Resolution-Manometrie) in drei Typen eingeteilt. Zudem gibt es eine ätiologische Einteilung in primäre und sekundäre Achalasie.

    1. Einteilung nach der Chicago-Klassifikation (Manometriebasiert)

    Diese Einteilung erfolgt anhand der Hochauflösenden Ösophagus-Manometrie (HRM) und beschreibt verschiedene funktionelle Formen der Achalasie:

    - Typ I (klassische Achalasie)

    • Keine relevante Peristaltik des Ösophagus
    • Erhöhter unterer Ösophagussphinkter (UES) Ruhedruck mit fehlender Relaxation
    • Fehlen von Kontraktionen im tubulären Ösophagus
    • Erweitertes Lumen möglich (fortgeschrittene Stadien → Megaösophagus)
    • Behandlung: Pneumatische Dilatation, laparoskopische Myotomie oder POEM

    - Typ II (panösophageale Druckerhöhung)

    • Unkoordinierte Kontraktionen mit erhöhter intraluminaler Druckerhöhung („Kompressionsmuster“)
    • Gleichmäßige Druckanstiege über den gesamten Ösophagus
    • Beste Prognose für Interventionen (z. B. Myotomie oder Dilatation)
    • Behandlung: Pneumatische Dilatation, laparoskopische Myotomie (sehr gute Erfolgsaussichten)

    - Typ III (spastische Achalasie)

    • Spastische, hochamplitudige Kontraktionen im distalen Ösophagus
    • Hoher intraluminaler Druck mit unregelmäßigen, teils schmerzhaften Kontraktionen
    • Niedrigste Erfolgsrate für Dilatation, daher oft chirurgische oder endoskopische Myotomie (POEM) notwendig
    • Behandlung: POEM oder erweiterte Myotomie (Heller-Myotomie mit weiter nach distal gezogener Spaltung)

    2. Ätiologische Einteilung

    Neben der funktionellen Einteilung kann Achalasie auch nach der Ursache klassifiziert werden:

    - Primäre Achalasie

    • Idiopathische Degeneration des plexus myentericus (Auerbach-Plexus)
    • Unbekannte Ursache, vermutlich autoimmun bedingt

    - Sekundäre Achalasie (Pseudoachalasie)

    • Ursache durch externe Faktoren, z. B.:
      • Malignome (Magenkarzinom, Ösophaguskarzinom, mediastinale Tumoren)
      • Chagas-Krankheit (Trypanosoma cruzi → Schädigung des enterischen Nervensystems)
      • Postoperative oder post-radiogene Schäden
      • Autoimmunerkrankungen (z. B. paraneoplastische Syndrome)

    Zusammenfassung

    1. Chicago-Klassifikation (Typ I–III, basierend auf Manometrie)
    2. Ätiologische Einteilung (Primäre vs. Sekundäre Achalasie)

    Diese Einteilungen helfen bei der Wahl der Therapie und der Prognoseeinschätzung.